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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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Briefen spricht wieder eine sonderbare Gefühlskälte,dazu eine Gleichgültigkeit gegenüber den Werken dichtender Zeitgenossen, wie sie schon aus Anlass seiner Briefe aus Paris erwähnt wurde.
    «Der Britische Löwe in Amerika». Karikatur aus der Zeitschrift
The Daily Joker
(1867).
    Auch den anderen großen Repräsentanten der amerikanischen Literatur, den Dichterphilosophen Ralph Waldo Emerson, traf Dickens wieder, den er 1848 in London bei einem Dinner mit Carlyle und Forster zum letzten Mal gesehen hatte. Emerson, der Dickens’ Kunst schon vorher sehr reserviert gegenüberstand und wenig Verständnis für sie aufbrachte, kommentierte die Wiederbegegnung gegenüber Mrs. Fields mit folgenden Worten: «Er ist zu sehr Künstler, um noch eine Faser von Natur in sich zu haben. Er erschreckt mich!» Verständlich wird dieses Urteil, wenn man bedenkt, dass Emerson in seinem ersten Buch mit dem Titel
Nature
(1836) eine mystisch-metaphysische Vorstellung von Natur entwickelt hatte, die ganz und gar nicht zu Dickens’ geschäftsmäßig agilem Naturell passte. In Boston und Umgebung unternahm Dickens lange Wanderungen, um Erinnerungen an seinen ersten Besuch aufzufrischen. Von den Veränderungen der inzwischen stark gewachsenen Stadt war er, trotz einiger Einschränkungen, im Ganzen sehr angetan. Besonders gefiel ihm der klare Himmel, durch den sich Boston wohltuend von englischen Industriestädten wie Leeds und Preston unterschied. Am 2. Dezember gab er schließlich seine erste Lesung, die den erwarteten Erfolg hatte und finanziell seinen Erwartungen mehr als entsprach.
    Die ersten sechs Wochen verbrachte er mit Lesungen in Boston und New York. Danach ging es weiter über Baltimore und Philadelphia nach Washington, wo er von Präsident Andrew Johnson, dem zu der Zeit gerade ein Impeachment drohte, ins Weiße Haus eingeladen wurde. Es folgten weitere Lesungen in den Neuenglandstaaten und zum Schluss noch einmal sechs Abschiedslesungen in Boston. Überall fand er ausverkaufte Säle mit bis zu 5000 Zuhörern. Das bedeutete in einer Zeit, als es noch keine Mikrophone gab, eine derartige Beanspruchung seiner Stimme, dass er sich schon bald eine schwere Erkältung zuzog, die ihn zunehmend schwächte und ihm das Lesen zur Qual machte. Trotz seiner Beschwerden fand er aber noch Zeit für einen witzigen Text aus Anlass eines Wanderwettstreits, den Dolby, Fields und dessen Partner Osgood speziell zu seiner Aufmunterung über eine Distanz von 13 Meilen austragen wollten. Da Dickens alles, was er anfing, immerzur äußersten Perfektion trieb, sorgte er auch jetzt dafür, dass der als Scherz geplante Wettkampf zu einem öffentlichen Ereignis wurde, das in der lokalen Presse für den 29. Februar angekündigt wurde. Das Wettwandern fand in Boston bei schneidender Kälte in Schnee und Eis statt und endete mit dem Sieg Osgoods, der mit einer halben Meile Vorsprung ins Ziel kam.
    Nicht nur die Halsentzündung machte Dickens in der zweiten Hälfte der Tournee zu schaffen, auch die Lähmung seines linken Fußes hatte sich so verschlimmert, dass ihm das Gehen immer beschwerlicher wurde. Dennoch zog er die Lesungen mit eisernem Willen durch. Mitte März leistete er sich sogar einen zweitägigen Abstecher zu den Niagarafällen, die ihn wieder genauso beeindruckten wie beim ersten Mal. Zwei Wochen vor seiner Abreise beschrieb er am 7. April in einem Brief an seine Tochter Mamie die Diät, mit der er sich funktionsfähig hielt: «Um sieben Uhr morgens im Bett ein Becher frische Sahne mit einem Esslöffel Rum, um zwölf ein Sherry-Cocktail mit einem Keks. Um drei Uhr zur Dinnerzeit ein halber Liter Champagner. Fünf vor acht ein geschlagenes Ei und ein Glas Sherry, dazwischen die stärkste Rinderbrühe, sie sich kochen lässt, heiß getrunken. Viertel nach zehn Suppe und irgendein Drink, nach dem mir der Sinn steht. Ich nehme nicht mehr als ein halbes Pfund fester Nahrung zu mir.»
    In den Briefen an Forster finden sich exakte Angaben zu den Profiten der einzelnen Lesungen, so dass man den Eindruck gewinnt, als habe sich Dickens wie ein Spieler am Roulettetisch in einen Rausch des Geldscheffelns hineingesteigert. Vor manchen Lesungen wirkte er so erschöpft, dass Dolby und die anderen Freunde seinen unmittelbaren Zusammenbruch befürchteten und ihn wie einen angeschlagenen Boxer aus dem Ring nehmen wollten. Doch Minuten später, nachdem er eben noch kaum sprechen konnte, war er auf dem Podium wieder in Topform. Obwohl er zuletzt nur noch von

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