Charles Dickens
ist zu Ende. Lasst den Vorhang fallen!» Am Ende aber ist er bekehrt und glaubt an eine «Welt voller Herzen», von denen jedes seine «heiligen Mysterien» hat, und in der unzählige unblutige Schlachten geschlagen werden. Dies entspricht Dickens’ Credo, nur trägt er es hier so dick und undifferenziert auf, dass selbst die skurrilen Nebenfiguren mit ihrer Sprachkomik die Moralinsäure nicht neutralisieren.
Allerdings eignete sich die wie ein Drama in drei Akten erzählte Geschichte vorzüglich für die von Anfang an geplante Bühnenfassung, deren Mischung aus grotesker Komik und rührseliger Moral ganz dem viktorianischen Geschmack entsprach.
Wettstreit
mit Thackeray
April 1847 bis April 1848
In Paris wollte Dickens in Ruhe an
Dombey und Sohn
weiterarbeiten. Doch der Arbeitsurlaub kam zu einem jähen Ende, als Charley in London an Scharlach erkrankte. Da hielt es die Familie nicht länger in Frankreich und sie kehrte nach Hause zurück. Da das Haus noch vermietet war, mussten sie sich erst einmal in einem Hotel einquartieren, bis eine Wohnung gefunden war, die Dickens für drei Monate mietete. Hier, in Chester Place am Regent’s Park, wurde am 18. April das siebente Kind, ein Sohn, geboren, der den Namen Sydney Smith Haldimand erhielt. Der erste Namenspatron war der von Dickens geschätzte Sydney Smith, mit dem er seit 1839 eng befreundet war und dessen geistreiche Aussprüche er gern zitierte. Smith war zwei Jahre zuvor im Alter von 74 gestorben, so dass die Namensgebung als posthume Ehrung des alten Freundes zu verstehen ist. Der zweite Namensgeber war der Philanthrop William Haldimand, mit dem Dickens in Lausanne Freundschaft geschlossen hatte.
Im April begann die
Cheap Edition
von Dickens’ Werken zu erscheinen, die er bei seinem Kurztrip vor Weihnachten mit seinen Verlegern vertraglich geregelt hatte. Dabei handelte es sich um den Nachdruck aller seiner bis dahin erschienenen Werke, wobei diese zuerst als wöchentliche, dann als monatliche Lieferungen und danach in Buchform erscheinen sollten. Das Unternehmen zeugt von Dickens’ Geschäftstüchtigkeit; denn obgleich die unmittelbaren Einnahmen anfangs enttäuschend waren, warf diese Billigausgabe langfristig beträchtlichen Gewinn ab, da sie durch die preisliche Abstufung der drei Erscheinungsformate so gut wie alle Bevölkerungsschichten erreichte. Gleichzeitig kommt darin auch das Selbstbewusstsein des Autors zum Ausdruck, dersich nicht scheute, bereits als 34-Jähriger eine Gesamtausgabe seiner Werke zu starten und damit die Konkurrenz mit Sir Walter Scott aufzunehmen, dessen gesammelte Werke erst posthum erschienen.
Catherine Dickens (1847). Ölgemälde von Daniel Maclise.
Um nicht gleich wieder ins Londoner Gesellschaftsleben hineingezogen zu werden, machte Dickens mit seiner Familie im Mai erst einmal einen kurzen Urlaub in Brighton und ging danach für den Rest des Sommers in das vertraute Broadstairs. Doch schon vorher hatte ihn wieder die alte Unrast und vor allem die Lust auf Theaterspiel gepackt. Als die Staatspension, die er zusammen mit Freunden für den ständig von Geldnot geplagten Leigh Hunt gefordert hatte, auf sich warten ließ, beschloss er, als Benefizveranstaltung für den Freund das Stück
Every Man in His Humour
erneut aufzuführen und eine Neuinszenierung von Shakespeares
Merry Wives of Windsor
hinzuzufügen. Nach zwei Aufführungen in Covent Garden schlossen sich weitere in Manchester und Liverpool an, obwohl die Pension von 200 Pfund jährlich für Hunt inzwischen bewilligt war und der Anlass für die Wohltätigkeitsveranstaltung nicht mehr bestand. Doch es war, wie Dickens dem befreundeten Thomas Mitton anvertraute, sein Ehrgeiz,mit seinen Benefizveranstaltungen mehr Geld für verarmte Künstler und Wissenschaftler einzutreiben, als die Regierung zu diesem Zweck für die gesamte Zivilliste ausgab.
Im September kehrte die Familie schließlich zurück in ihr Haus in Devonshire Terrace. Hier warteten auf Dickens neue Aufgaben. Für das Projekt eines Heims für ehemalige Prostituierte und weibliche Strafgefangene, das Miss Burdett-Coutts finanzieren wollte, hatte er im Westen Londons in Shepherd’s Bush ein geeignetes Haus gefunden, in dem nun unter dem Namen
Urania Cottage
das Heim eröffnet wurde. Von diesem Zeitpunkt an kümmerte er sich zehn Jahre lang gewissenhaft um das Projekt und setzte sich später sogar persönlich für eine ledige Mutter ein, die ihre kleine Tochter nur durch Prostitution ernähren konnte.
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