Charlie Chan macht weiter
Gentleman aus, ein Gast, also habe ich ihn vorbeigelassen. Vermutlich hätte ich ihn ausfragen sollen, aber hier im ›Broome’s‹ gab es noch nie irgendwelche verdächtigen Vorfälle – bis jetzt, darum habe ich nicht daran gedacht.«
»Haben Sie sein Gesicht gesehen?«
»Ganz deutlich, Sir. Das Licht brannte auf dem Korridor. Ich könnte ihn identifizieren, wenn er noch im Haus ist.«
»Gut.« Duff erhob sich. »Wir werden Ihnen sofort die Teilnehmer von Dr. Loftons Reisegesellschaft vorführen.«
»Einen Moment, Sir! Ich hatte noch ein kleines Abenteuer.«
»Oh? Und was für eines?«
»Als ich auf meiner Vier-Uhr-Runde in dieses Stockwerk kam, brannte das Licht nicht mehr im Flur. Birne ausgebrannt, dachte ich und griff nach meiner elektrischen Taschenlampe. Plötzlich – ich hatte schon eine Hand in der Tasche – spürte ich, daß jemand an meiner Seite steht, Sir. Spürte es einfach. Er atmete schwer. Ich zog die Taschenlampe heraus und ließ sie aufblitzen. Die Person trug graue Kleidung – das war alles, was ich sehen konnte, denn gleich darauf wurde mir die Lampe aus der Hand geschlagen. Wir kämpften miteinander, aber ich bin nicht mehr so jung wie einst. Ich kriegte die Tasche seines Jacketts zu fassen – die rechte – und versuchte ihn festzuhalten. Deutlich hörte ich, wie der Stoff zerriß, dann schlug er mich nieder, und ich stürzte zu Boden. Eine Sekunde lang war ich bewußtlos, und als ich wieder zu mir kam, war er verschwunden.«
»Aber Sie sind sicher, daß er einen grauen Anzug trug? Und daß Sie die rechte Tasche seines Jacketts zerrissen haben?«
»Diese beiden Dinge könnte ich beschwören, Sir.«
»Ist Ihnen in diesem Augenblick der Gedanke gekommen, daß es sich um denselben Mann handeln könnte, dem Sie auf Ihrer Zwei-Uhr-Runde begegnet sind?«
»Das hätte ich nicht mit Sicherheit sagen können, Sir. Der zweite schien mir ein bißchen schwerer, aber das könnte ich mir nur eingebildet haben.«
»Was haben Sie als erstes getan?«
»Ich bin nach unten gegangen und habe es dem Nachtportier mitgeteilt. Gemeinsam haben wir dann das gesamte Haus durchsucht – so gründlich, wie es nur ging, ohne die Gäste zu stören. Aber wir haben niemanden gefunden. Wir haben auch an die Polizei gedacht – doch Sie müssen wissen, Sir, dies ist ein sehr geachtetes und berühmtes Hotel, und es schien am besten…«
»Das ist nur zu wahr«, warf der Hoteldirektor ein.
»… am besten, die Tagespresse, wenn möglich, aus der Sache herauszuhalten. Aber natürlich habe ich beide Vorfälle Mr. Kent erzählt, als er heute morgen kam.«
»Sie arbeiten schon lange Zeit im ›Broome’s‹, Eben?« fragte Duff.
»Achtundvierzig Jahre, Sir. Ich bin als Junge von vierzehn Jahren hergekommen.«
»Wahrhaft ein Rekord!« kommentierte der Inspektor.
»Wollen Sie, bitte, in Mr. Kents Büro auf mich warten? Ich werde Sie später noch brauchen.«
»Mit Vergnügen, Sir«, erwiderte der Wächter und ging.
Duff wandte sich an Hayley. »Ich gehe runter, um mir die Weltreisenden anzusehen. Wenn ich einen Vorschlag machen darf, mein Bester – Sie könnten, während ich die Leute unten festhalte, ihre Zimmer von einigen Ihrer Männer durchsuchen lassen. Mr. Kent wird sich zweifellos glücklich schätzen, als ihr Führer zu fungieren.«
»Das kann ich kaum bestätigen«, bemerkte Kent düster. »Doch muß es wohl sein.«
»Ich fürchte, ja. Das abgerissene Ende einer Uhrkette, eine graue Jacke, an der eine Tasche eingerissen wurde… Es ist kaum wahrscheinlich, daß Sie Erfolg haben werden, Hayley, aber natürlich dürfen wir nichts übersehen.« Er wandte sich dem Fingerabdruck-Spezialisten und dem Fotografen zu. »Seid ihr fertig, Jungens?«
»Fast, Sir«, antwortete der Fingerabdruck-Experte.
»Wartet hier auf mich!« trug Duff ihnen auf und trat dann mit Hayley und Kent auf den Gang hinaus. Dort blieb er stehen und blickte sich um. »Nur vier Zimmer auf diesem Korridor«, bemerkte er. »Können Sie mir sagen, wer im Zimmer 30 wohnt, dem Zimmer, das neben Honywoods liegt?«
»Das belegt Mr. Patrick Tait«, erklärte Kent. »Ein weiteres Mitglied der Reisegesellschaft. Er ist etwa um die Sechzig und sieht – für einen Amerikaner – sehr distinguiert aus. Ich glaube, er ist in den Staaten ein ziemlich bekannter Strafanwalt gewesen. Unglücklicherweise ist er herzleidend, so daß er einen Reisebegleiter bei sich hat, einen jungen Mann Anfang der Zwanzig. Doch zweifellos werden Sie Mr. Tait unten
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