Charlie Chan macht weiter
Reisegruppe augenblicklich verlassen. Ich bin es nicht gewohnt, mit einem Mord in Zusammenhang gebracht zu werden. In Pittsfield, Massachusetts, wo ich herkomme…«
»Ah – ja, danke«, sagte Duff kalt. »Ich wußte nicht, wo ich beginnen sollte. Fangen wir also mit Ihnen an.« Er holte einen Füllhalter heraus. »Ihr Name, bitte?«
»Mein Name ist Norman Fenwick.« Er buchstabierte ihn. »Es ist ein englischer Name.«
»Sind Sie Engländer?«
»Englischer Abstammung, Ja. Meine Ahnen kamen im Jahre 1650 nach Massachusetts. Während der Revolution waren sie alle dem Mutterland treu ergeben.«
»Nun, das liegt einige Zeit zurück.« Duff lächelte grimmig. »Es hilft uns kaum bei dem gegenwärtigen Fall.« Er musterte leicht angewidert den kleinen Mann, der so augenscheinlich bedacht darauf war, sich bei den Briten einzuschmeicheln. »Reisen Sie allein?«
»Nein, meine Schwester reist mit mir.« Er deutete auf eine farblose, grauhaarige Frau. »Miß Laura Fenwick.«
Duff machte sich eine Notiz. »Und nun erzählen Sie mir, ob einer von Ihnen beiden etwas zu den Ereignissen der letzten Nacht weiß!«
Mr. Fenwick wurde zornig. »Was wollen Sie damit sagen, Sir?«
»Hören Sie, ich habe einen kleinen Job und keine Zeit zu vergeuden. Haben Sie irgend etwas gehört oder gesehen oder vielleicht irgendwas gespürt, das mit diesem Fall im Zusammenhang stehen könnte?«
»Nichts, Sir. Und ich kann das auch für meine Schwester bestätigen.«
»Waren Sie heute morgen außerhalb des Hotels? Ja?
Und wo waren Sie?«
»Wir sind durch das West End gebummelt. Ein letzter Blick auf London. Wir lieben die Stadt beide sehr. Das ist nur natürlich, da wir ja britischen Ursprungs…«
»Ja, ja. Ich muß weitermachen.«
»Einen Moment noch, Inspector! Wir wollen aus dieser Reisegruppe sofort aussteigen. Sofort, Sir! Ich möchte nicht mit…«
»Ich habe Ihnen bereits gesagt, was Sie zu tun haben.«
»Na schön, Sir. Dann werde ich mit dem Botschafter sprechen. Er ist ein alter Freund meines Onkels…«
»Ja, sprechen Sie unbedingt mit ihm!« schnauzte ihn Duff grob an. »Wer ist der nächste? Miß Pamela, wir haben uns bereits unterhalten. Und Mrs. Spicer – auch wir haben uns schon gesehen. Dieser Gentleman neben Ihnen…«
Der Mann antwortete selbst. »Ich bin Stuart Vivian aus Del Monte, Kalifornien.« Er war sonnengebräunt, mager und sah gut aus, wenn man von der tiefen Narbe auf der rechten Seite seiner Stirn absah. »Ich muß zugeben, daß ich so ziemlich Mr. Fenwicks Ansicht teile. Weshalb beschneidet man uns wegen dieser Geschichte unsere Freiheit? Der Ermordete ist mir, zum Beispiel, völlig fremd gewesen. Ich hatte nicht einmal mit ihm gesprochen. Und ich kenne auch sonst niemanden von den anderen.«
»Mit einer Ausnahme«, erinnerte ihn Duff.
»Ah – ja. Mit einer Ausnahme.«
»Sie haben Mrs. Spicer gestern abend ins Theater begleitet?«
»Ja. Ich kannte sie schon, bevor wir diese Reise antraten.«
»Haben Sie die Reise gemeinsam geplant?«
»Eine lächerliche Frage«, brauste Mrs. Spicer auf.
»Überschreiten Sie nicht etwas Ihre Kompetenzen?« schrie Vivian ärgerlich. »Es war reiner Zufall. Ich hatte Mrs. Spicer seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Sie können sich meine Überraschung vorstellen, als ich nach New York kam und sie in der Reisegruppe entdeckte. Natürlich gab es keinen Grund, weshalb wir nicht beide fahren sollten.«
»Natürlich nicht«, bemerkte Duff liebenswürdig. »Und Sie wissen nichts über den Mord an Mr. Drake?«
»Wie sollte ich?«
»Sind Sie heute morgen außerhalb des Hotels gewesen?«
»Aber gewiß. Ich bin herumgebummelt. Wollte mir ein paar Hemden in der Burlington Arcade kaufen.«
»Haben Sie sonst noch irgendwelche Einkäufe getätigt?«
»Nein.«
»Was für einen Beruf haben Sie, Mr. Vivian?«
»Ich habe keinen. Hin und wieder spiele ich ein bißchen Polo.«
»Dann stammt die Narbe zweifellos vom Polospiel?«
»So ist es. Bin vor ein paar Jahren übel gestürzt.« Duff blickte sich in der Runde um. »Mr. Honywood, nur noch eine Frage.«
Honywoods Hand zitterte, als er sich die Zigarette aus dem Mund nahm. »Ja, Inspector?«
»Haben Sie heute morgen das Hotel verlassen?«
»Nein – ich war nicht weg. Ich bin nach dem Frühstück hierher gekommen und habe ein paar alte Ausgaben der ›New York Tribune‹ durchgesehen.«
»Danke. Und wie steht es mit dem Gentleman neben Ihnen?« Duffs Blick ruhte auf einem Mann in mittleren Jahren, mit langer
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