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Charlie und der Diamantenraeuber

Charlie und der Diamantenraeuber

Titel: Charlie und der Diamantenraeuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Petrick
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der Babysitterin im Haus, erst den Pool, dann das Kindertheater
Little One
unsicher machen. Sie freuen sich und reden aufgeregt durcheinander.
    Ich bin auch aufgeregt, genau wie Hanna und Nelli. Immer wieder treffen sich unsere Blicke verschwörerisch.
    »Watch out, Yenli«
, knurrt Nelli leise.
»The game’s over!«
Hanna und ich grinsen. Genau. Bald ist das Spiel aus für Yenli.
    Im Fahrstuhl sagt Ulli zu Steffi, dass er Yenli bei der Gelegenheit ein wenig »auf den Zahn fühlen« möchte. Da kann er ganz beruhigt sein, das wollen wir auch.
    Es ist von der Schokoladenfabrik nicht besonders weit nach
Chinatown
, höchstens eine Viertelstunde. Wir wollen wie am ersten Abend überdie
Canal Street
dorthin gehen. Andächtig betrachten wir ein Schaufenster mit dicken glatzköpfigen Buddhas. In den Straßen riecht es nach Räucherstäbchen und scharfen Gewürzen. Ich habe das Gefühl, der dickste der Buddhas guckt mich mit so einem besonderen Blick an. Vielleicht bringt er uns ja Glück? Im Laden daneben gibt es rosa und giftgrüne Süßigkeiten zu kaufen.
    Zahnlose Alte wackeln uns entgegen, verschwinden in dunklen Hauseingängen, die neben minikleinen Lokalen liegen. In den meisten dieser engen Restaurant
s
stehen nur zwei oder drei Tische. Es duftet nach gebratenem Fleisch und Jasmin-Räucherstäbchen. In den Schaufenstern hängen dicht gedrängt glasierte Enten.
    In diesem Teil der
Canal Street
gibt es ein unbeschreibliches Gewusel und Gewimmel von Menschen und Tieren. Wir sehen lebende Hühner zusammengepfercht in zierlichen Holzspalieren neben toten, gerupften, die kopfüber an einer Stange hängen. Wohin man sieht, leuchten und blinken fast nur chinesische Schriftzeichen. Manchmal entdecke ich auch ein englisches Wort. Seafood
53 Store
zum Beispiel. Im Vorbeigehenschaue ich in die schlauchartigen Läden, sehe knallrote Hummer, schwarze Muscheln und weißbäuchige Fische.
    »Es ist hier doch wie eine Welt für sich«, sagt Steffi ergriffen. Und Nelli zeigt mir wie eine richtige Reiseführerin die kleinen Gassen zwischen den großen Straßen, in denen Wäscheleinen von Hauswand zu Hauswand gespannt sind und magere Hunde herumtollen.
    Ulli und Steffi sind stehen geblieben. Sie schauen auf einen Zettel.
    »
Spruce Street
, hier ist es«, sagt Ulli.
    Ein wenig ehrfürchtig schauen wir uns das Haus an. Wie harmlos es von außen aussieht, ein etwa achtstöckiger Backsteinbau mit schmalen Feuertreppen. Im Erdgeschoss befindet sich eine kleine Garküche, im Schaufenster hängen drei gerupfte Hühner und ein paar Schweinefüße. Es wirkt irgendwie trostlos.
    »Wir sind mit der Anwältin Mrs Cohen direkt bei Yenli in der Wohnung verabredet«, sagt Steffi.
    »Weiß Yenli eigentlich, dass wir kommen?«, frage ich Hanna. »Nicht, dass er schon längst abgehauen ist!«
    Steffi öffnet die nur angelehnte, schmale Haustür. Hintereinander treten wir in den dunklenHausflur, in dem es nach Kohl riecht. Die funzelige Glühbirne ist gerade hell genug, dass wir noch unsere Füße sehen können. »Dritter Stock«, sagt Ulli. Er klingt heiser. Vielleicht ist ihm das Ganze auch nicht geheuer.
    Ich brauche da nicht weiter nachzudenken: Ich habe Angst! Mein Herz klopft so heftig wie diese Presslufthämmer hier auf den Straßen.
    »Meinst du, es könnte gefährlich werden?«, fragt Steffi Ulli leise. Aber nicht leise genug für mich. Vielleicht sollten wir alle umkehren und die Sache der Polizei übergeben, denke ich, aber ich kann es nicht laut sagen. Was ist, wenn Yenli wirklich ein eiskalter Krimineller ist, der nicht davor zurückschreckt, seine eigene Schwester ans Messer zu liefern und unschuldige Frauen brutal anzufahren? Wenn es so ist, dann sind wir doch in Gefahr!
    »Quatsch! Glaubst du wirklich, dann hätte ich die Kinder mitgenommen?!«, zischt Ulli.
    Das beruhigt mich wieder etwas, weil ich auch nicht glaube, dass Ulli uns mitgenommen hätte, wenn er der Ansicht gewesen wäre, es könnte für uns zu gefährlich sein. Aber auch wenn Ulli glaubt, es könne nicht gefährlich sein, kann er sich irren!
    Und dann stehen wir vor der schokoladenbraungestrichenen, zerkratzten Tür, neben der auf einem ordentlichen Keramikschild »Yenli & Lin Kim« steht. Sieht ja harmlos aus. Aber wer weiß, der erste Eindruck kann täuschen. Meine Hände sind feucht.
    Ulli klingelt und räuspert sich.
    Ich glaube, dass wir jetzt doch alle Herzrasen haben.
    Stille. Ulli klingelt noch einmal. Das Licht im Treppenflur geht aus, Steffi knipst es wieder an.

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