Charlies Planet
Mattie war anscheinend dennoch nicht geneigt, am Frühstück teilzunehmen. Cary füllte einen Teller und brachte ihn ihr.
»Danke«, sagte sie leise. Sie blickte nicht auf, als sie den Teller und das Besteck annahm. Sie setzte sich mit überkreuzten Beinen und begann zu essen. Er verharrte an ihrer Seite.
»Ich möchte dich nicht drängen, Mattie«, sagte er, »aber wir haben keine Zeit zu verlieren. Nach dem Frühstück müssen wir unverzüglich das Floß beladen und aufbrechen.«
Sie hob den Kopf. Ihre Miene war düster.
»Heute werde ich den Transport nicht fortsetzen«, erklärte sie. »Es ist Gebetstag.«
Er starrte sie fassungslos an.
»Gebetstag?«
»Hast du die Tage nicht gezählt?« fragte sie. »Dies ist der siebente Tag seit unserem Aufbruch. An einem Gebetstag hat man dich zu mir geschafft, und wir konnten nicht abreisen. Heute ist wieder Gebetstag, und ich werde keinen Handschlag tun.«
Er schüttelte den Kopf.
»Mattie …«
»Darüber diskutiere ich nicht«, sagte sie.
Sie stellte den Teller beiseite, erhob sich und ging zu ihrem Gepäck. Sie suchte ihre persönlichen Utensilien heraus und fand das Buch mit dem feuerrot auf den Umschlag gedruckten Titel. Sie schlug es auf, nahm Platz neben dem Gepäck und begann zu lesen. Cary musterte sie sehr lange. Dann wandte er sich ab.
Er verzehrte sein Frühstück und brach das Lager ab.
Bis auf Matties Hängematte und ihren Schlafsack lud er ihr gesamtes Zeug aufs Floß. Dann wasserte er das Floß und verankerte es.
Mattie hatte sich nicht gerührt, während er arbeitete. Sie saß am selben Platz wie zuvor und las.
Charlies Blicke wanderten verwundert von ihm zu Mattie und zurück, als Cary die Statue aufs Floß schaffte. Nach einer Weile gab er einen fragenden Pfiff von sich.
Cary pfiff knapp zurück und schüttelte den Kopf. Charlie pfiff nochmals, aber diesmal wiederholte Cary lediglich sein Kopfschütteln. Schließlich kletterte Charlie auf die Balken und legte sich neben die Statue. Die Sonne erklomm allmählich den Himmel.
Cary ging zu Mattie hinüber.
»Mattie«, sagte er, »Charlie und mir ist daran gelegen, die Statue rechtzeitig in die Stadt zu bringen.«
Sie legte einen Finger ins Buch, merkte sich den Absatz, klappte es zu und sah hoch.
»Charlie und du?« meinte sie. »Ich weiß, warum du es so eilig hast. Du möchtest dabei sein, wenn nach der Annahme der Finanzierung in der Stadt gefeiert und gesoffen wird, weil du hoffst, bis dahin die Taschen randvoll mit Geld zu haben und es hemmungslos verschleudern zu können. Aber versuche mir nicht einzureden, Charlie wüßte, wohin die Statue soll, wieviel sie wert ist und wann sie in der Stadt eintreffen muß.«
Lange sah er sie an.
»Vielleicht weiß Charlie nicht den Bestimmungsort«, sagte er, »aber ihm ist bekannt, daß sie an einen Platz gelangen soll, wo sie bewundert wird. Und er weiß auch, daß eine gewisse Eile geboten ist. Und was den Wert betrifft – mir ist sie immerhin so wertvoll, daß ich dafür sorgen möchte, daß Charlies Leistung gewürdigt wird, bevor er stirbt. Was den Geldwert angeht, so kannst du meinen Anteil gern haben, wenn du dich entschließt, unverzüglich das Floß zu besteigen. Ja, ich habe Geld ziemlich gern, wenn ich mich in der Stadt aufhalte, wie jeder andere auch. Aber im Gegensatz zu den Stadtbewohnern muß ich ohne Geld nicht verrecken. Hier in der Wildnis bedeutet Geld wenig. Solange ich mein Zeug, meine Waffen und einen Vorrat Munition besitze, bin ich gut versorgt.«
Sie senkte ihren Blick auf ihr Buch.
»Heute ist ein Tag der Ruhe«, sagte sie. »Kein Tag für Geschäfte und Profit. Und es wäre profitträchtige Tätigkeit, die Statue heute weiterzutransportieren.«
Er schüttelte verwirrt den Kopf.
»Wir müssen weiter«, sagte er. »Und wir werden, Mattie.«
»Ich nicht«, erwiderte sie gelassen.
»Ich kann dich unmöglich allein hier zurücklassen«, antwortete er. »Ich nehme dich mit, ob du willst oder nicht, Mattie.«
»Du hast einen Vertrag mit mir unterzeichnet«, sagte sie ruhig. »Wenn ich dagegen bin, kannst du die Statue dem Kunsthändler nicht verkaufen. Solltest du mich zwingen, das Floß zu betreten, werde ich die Veräußerung der Statue ablehnen.«
Sie verstummte. Er stand über ihr und musterte sie wortlos.
»Du kannst den Transport fortsetzen, wenn du willst«, fügte sie hinzu. »Ich werde dich nicht aufhalten. Aber ich bleibe hier.«
Sie öffnete ihr Buch und las weiter. Eine Sekunde lang sah er noch auf sie
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