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Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
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hinter ihm. Selbst in der Düsternis blieb mir nicht verborgen, dass es ein großer Mann war, der einen Hut fest an seine Brust gedrückt hielt.
    Ich folgte ihnen. Die Kerzenmänner versuchten, mich an meinem Mantel festzuhalten, aber ich schüttelte sie ab. Wenn ich die Kinder wirklich beschützen wollte, dann musste ich alles über die Geheimnisse dieses Ortes in Erfahrung bringen.
    Duncan schritt langsam durch das Haus und hielt vor einem Marmorflachrelief in der Wand an, das eine Heerschar von Gesichtern zeigte, menschliche und anders geartete, deren Münder in Pein zum Schrei aufgerissen waren.
    »Oh ja, bitte. Bitte   …«, sagte der Mann mit einer Spur Verzweiflung in der Stimme. Seine Augen waren klein und wässrig und saßen zu tief in einem fetten, kinnlosen Gesicht auf einem schwabbeligen Hals. Sein ganzer Körper zitterte vor Erwartung.
    Mit unbeteiligter Miene drückte Duncan einen Finger in die Augenhöhle eines der kleineren Gesichter, bis ein Klicken erklang. Die Wand öffnete sich langsam und knirschend unter dem Gewicht des Marmors, und der Junge trat zur Seite. Er blickte zu mir zurück und drückte einen Finger an die Lippen,bevor er dem Fremden in den geheimen Raum folgte. Er ließ die Tür für mich offen. Ich folgte dieser ziemlich offensichtlichen Einladung und trat hinter den beiden ein.
    Ich befand mich in einem runden Gemach, umgeben von konzentrischen Ringen wogender Seidentücher. Die drehten sich langsam, so dass keine Wände zu erkennen waren, nur diese rotierenden, durchscheinenden Abtrennungen mit unregelmäßig angeordneten Stofflücken. Um von einem Ring zum nächsten zu gelangen, musste ich rasch durch die Öffnungen treten. Dann sah ich das Zentrum des Raumes vor mir, in dem Duncan gerade dabei war, den großen Mann auf einem eisernen Stuhl festzuschnallen. Ein Tisch auf Rädern stand neben ihnen. Darauf lagen ein rauchfarbenes Fläschchen mit einer weißen Aufschrift, die ich nicht lesen konnte, eine Spritze, eine Zange, und etwas, das aussah wie ein Stück Zucker.
    »Ja, ja   … ich warte schon so lange darauf   …« Der Mann schloss seine Augen. Tränen rannen ihm über die feisten Wangen, als er sich im Stuhl entspannte. Der Junge öffnete das Fläschchen und zog die Spritze mit dem Inhalt auf. Er injizierte die schwarze Flüssigkeit in die Mitte des Zuckerwürfels und legte die Spritze zur Seite. Mit der Zange schob er die solcherart modifizierte Süßigkeit in den erwartungsvoll geöffneten Mund des Fremden.
    Der Mann biss geräuschvoll darauf und zerrte im nächsten Moment an den Riemen des Stuhls, als sein ganzer Körper zu zucken begann. Duncan blieb davon unbeeindruckt und begann damit, den Tisch aufzuräumen. Er verschloss das Fläschchen und die Nadel, bevor er wieder mit einem listigen, wissenden Blick in meine Richtung schaute. Der Mann im Stuhl bewegte sich nicht mehr. Der Junge fing an ihn loszuschnallen, als ich den Raum verließ. Die Kerzenmänner hatten auf mich gewartet. Sie begannen wieder zu brennen und führten mich aus der Dunkelheit.
    Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, welcher geheimen Scheußlichkeit ich gerade beigewohnt hatte. Und die Frage, warum Duncan mir zuzusehen erlaubt hatte, war noch irritierender als der Umstand, dass es solch einen Raum in den Mauern Darklings gab. Man spielte mit mir, und das gefiel mir gar nicht.
    Nach kurzer Zeit erreichten wir den Flügel, wo die Kinder und ich für die Nacht untergebracht waren. Am Ende des Ganges schien Mondlicht durch das Fenster. Ich öffnete meine Zimmertür, als ein Schatten über die Wand glitt. Die Flammen der Wachsmänner verloschen, und sie liefen zurück zu ihren Alkoven.
    Ich wirbelte herum, doch hinter mir war der Gang leer. Dann passierte es erneut, und dieses Mal sah ich eine Bewegung außerhalb des Fensters, die kurz den Schein des Mondes verdunkelte. Neugier überwog meine Furcht. Ich bewegte mich leise zum Ende des Ganges.
    Unter dem Fenster befand sich ein großer Teich. Ein älterer Mann, wohl der Gärtner, schaufelte tropfende, weiche Stücke von etwas, das wie Fleisch aussah, aus einem Schubkarren ins Wasser. Einen Augenblick lang passierte nichts. Das Fleisch platschte hinein und ging sofort unter. Aber dann brodelte und quoll etwas empor wie zuvor bei der Führung durch das Anwesen. Ein Tentakel tauchte wie eine kopflose Schlange aus den Fluten, dann ein zweiter und noch einer, bis ein halbes Dutzend von ihnen das Wasser aufschäumen ließen und sich windend die

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