Charlotte Und Die Geister Von Darkling
Überflutungen mit sich! Jemand muss über die Meere segeln, um uns vor schlechtem Wetter zu warnen! Geh, mein Sohn, und kümmere dich um deine Schöpfung.«
Der mittlere Sohn war sehr bestürzt, aber er tat, wie ihm geheißen, und fuhr über den Ozean.
Der zweitjüngste Bruder war der verschlagenste von allen. Während seine Brüder versagten, dachte er sich etwas aus, das nicht nur seinem Vater gefallen, sondern auch seine Stellung im Leben verbessern würde. Sobald der König eingeschlafen war, begann er seinen Plan umzusetzen.
»Ich werde ihm Untertanen geben, so dass sie ihn verehren können«, sagte der Prinz mit einem listigen Lächeln und erschuf die ersten Untertanen aus seinem eigenen Fleisch, bis außer Sehnen und Knochen nichts mehr von ihm übrig war. Dann bat er seinen Bruder, ihn zum Turm des Vaters zu bringen, denn er war nur noch ein Skelett, und rief den König.
»Vater, sieh, was ich für dich geschaffen habe!«
Der alte König begann nun wirklich, wütend zu werden. Er stürmte auf den Balkon und war außer sich, als er sah, dass er wirkliche Untertanen zu regieren hatte.
»Bah! Das macht alles Arbeit!« Aber bevor er weiterreden konnte, unterbrach der zweitjüngste Sohn seinen Vater.
»Ja, aber diese Arbeit tue ich gern, Vater! Ich werde deine Untertanen regieren, während du schläfst!«
Der König sagte einen Moment gar nichts, dann verzog sich sein Gesicht zu einem Ausdruck wohlüberlegter Bosheit. »Ah, aber da ich der König bin, besteht keine Notwendigkeit, dass du dich mit Regierungsgeschäften befasst! Aber jemand muss sich meiner Untertanen annehmen. Sie sind vergängliche Wesen und werden früher oder später sterben. Geh, mein Sohn, und kümmere dich um deine Schöpfung.«
Der zweitjüngste Sohn verlor einen Moment die Fassung, dann lächelte er.
»Ein Herr über die Toten ist ein König aller Dinge, und im Reich ist nur Platz für einen Herrscher. Ich werde zurückkehren, wenn das Sterben vorüber ist, und an diesem Tag wird mein Vater nie wieder schlafen können.« Mit diesen Worten ging er, um als Tod unter den Untertanen des Königreiches zu wandeln.
Zurück blieb der jüngste Prinz außerhalb des Schlosses, doch er befand sich in keiner schwarzen Leere mehr. Um ihn her befanden sich Land und Meer, Sterne und das Gespenst des Todes. Das alles kündete vom Versagen seiner Brüder. Da er der klügste der Söhne des Königs war, hatte er aus ihren Fehlern gelernt. Er hatte zugesehen, wie seine Brüder die Anerkennung ihres Vaters zu gewinnen versucht und es nicht geschafft hatten, obgleich keiner von ihnen an den alten König selbst dachte. Der jüngste wartete nicht, bis der Vater in sein Gemach zurückkehrte. Sofort, als der König den zweitjüngsten Prinzen fortgeschickt hatte, rief er zum Balkon empor:
»Vater, ich werde dir keine unwichtigen Dinge wie meine Brü der anbieten, sondern das, was du dir am meisten wünschst.« Das weckte das Interesse des Königs, und sein Zorn schwand.
»Und was wäre das, mein Sohn?«
»Schlaf.«
Der jüngste Prinz riss sich das Herz aus der Brust und öffnete es. Der Funke darin wurde zum Mond am Himmel. Mondlicht und Schatten senkten sich auf das Land. Anstatt des staubigen Landes und des weiten Meeres, welche zuvor das Schloss umgeben hatten, stand es nun auf einem dunklen grünen Hügel und bot den Blick auf ein leeres Moor. Die Untertanen des Königreiches waren nirgendwo zu sehen. Der junge Prinz kehrte zurück zu seinem Platz unter dem Balkon. Der König war tief beeindruckt, aber er verstand noch nicht so recht, was geschehen war.
»Was hast du gemacht?«
»Ich habe dir einen Ort für das Ende gegeben, mein Vater. Schlaf hier, und obgleich wir unsterblich sind, wirst du hier Frieden finden bis zum Ende aller Dinge.«
Der König erwiderte nichts, und der jüngste Prinz war nicht sicher, ob er etwas sehr Weises oder sehr Dummes getan hatte. Doch dann begann sein Vater zu weinen. Er verließ den Balkon und öffnete die Tore des Schlosses. Der König umarmte seinen Sohn lange und dann setzte er ihn auf seinen Thron. Es wurden wieder Feste gefeiert. Die neu geschaffenen Untertanen des Königreiches wurden eingeladen, und selbst die anderen Prinzen kehrten eine kurze Weile zurück, um neidisch an den Festen teilzunehmen. Aber als es vorbei war, zog sich der alte König in sein Gemach zurück, um für alle Ewigkeit zu schlafen. Der junge Prinz regierte an seiner Statt und wird bis zum Ende aller Dinge in seinem Schloss bleiben,
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