Charlotte Und Die Geister Von Darkling
Fäuste öffnete und mir ein Stück Spiegelglas zeigte.
»Ich habe es nicht geträumt, Charlotte. Es ist wirklich geschehen. Was soll ich nur tun?«
Ich hatte einen Geschmack wie von Asche im Mund. Meine Mutter, mein Vater, Jonathan, Nanny Prum und jetzt Susannah … sie alle wurden verfolgt von dem geheimnisvollen Mann in Schwarz.
Ein Mann wartet auf dich. Er beobachtet dich.
»Seien Sie vorsichtig. Seien Sie wachsam.« Es war Mrs. Normans Warnung, die ich nun weitergab. »Es ist an der Zeit, dass Sie zu Ihrem Mann gehen und ihm erzählen, was geschehen ist.«
Aber warum? Was wollte er von mir? Das Gespenst des Todes hatte mich mein ganzes Leben begleitet, seit ich ein kleines Mädchen war, und hatte mir jeden genommen, den ich liebte. Aber dann erinnerte ich mich mit einem triumphierenden Gefühl, dass der Tod nicht endgültig war. Ich kannte jemanden, der gegen ihn gekämpft und ihn bezwungen hatte. Ich erkannte, dass ich mit ihrer Hilfe in der Lage sein würde, dieses Grauen ein für alle Mal zu besiegen.
ZEHNTES KAPITEL
Ein gefährliches Spiel
Am nächsten Nachmittag brachte ich die Kinder wieder zum Darkling-Haus. Ein junger Mann von sechzehn oder siebzehn Jahren erwartete uns bereits jenseits des wogenden Nebels. Er verbeugte sich grüßend vor uns, und ich war drauf und dran, mich bei ihm vorzustellen, als mich Paul am Arm berührte.
»Ist das Duncan?«
Ich betrachtete das Gesicht des jungen Mannes, als er sich wieder aufrichtete, und entdeckte Spuren des schelmischen kleinen Buben in dem Fremden, vor allem das erstarrte, wissende Lächeln, das beiden zu eigen war. Doch wir waren nur ein paar Tage fort gewesen, und die Farbe seiner Haut sah mehr nach der eines Menschen aus, im Gegensatz zu der Duncans, die einen ausgeprägten Orangeton besessen hatte. Ich konnte nicht glauben, dass die beiden dieselbe Person waren, bis der junge Mann einen Finger an seine Lippen drückte.
»Sind wir wirklich so lange fort gewesen?«, fragte ich leise und dachte dabei an Lily Darrow, die in dem Fall einen Zeitraum von Jahren allein in Darkling verbracht hatte. Andererseits war sie nicht wirklich allein. Sie hatte genug mit den Whatleys und Olivias Erziehung zu tun und ging vielleicht auch noch anderen Beschäftigungen nach. Ich fragte mich, wie sie ihre Zeit verbrachte, und erinnerte mich an den Raum mit den Seidenschleiern und an Mr. Samson, festgeschnallt in einem Stuhl … Ich zitterte in der kühlen Luft und wärmte mich, indem ich mit Duncan Schritt hielt.
»Woher weißt du, wann wir kommen?«, fragte ich.
Er deutete mit langen, spindeldünnen Fingern zu den Bäumen, deren Zweige sofort zuckten und schwankten. Die hängenden Früchte drehten sich zu uns, angezogen von Duncans Gegenwart. Er begleitete uns den Rest des Weges aus dem Obstgarten hinaus und in das Haus, an einem Raum vorbei, in dem die angenehmste, wunderschönste Musik erklang, die ich je gehört hatte, eine Art Schlummerlied, um Geist und Seele wachzurufen statt sie in einen Traum zu wiegen. Doch nirgendwo im Raum waren Musikinstrumente zu sehen. Wir fanden einen anderen Raum, dessen Fenster den Blick auf einen sonnenbeschienenen Berggipfel boten, der sich, soweit ich mich erinnerte, nicht in der Nähe von Mr. Whatleys Anwesen befand. Ein weiterer Raum sah aus wie das Innere eines Pavillons und war ganz aus Glas. Als wir ihn durchquerten, glaubte ich, Blackfield zu erkennen, das sich in einer Wand spiegelte. Ich konnte mich nicht vergewissern, denn Duncan führte uns sehr rasch durch das Haus. Gewichen war der schlendernde Schritt des Jungen dem zielbewussten Gang des Erwachsenen.
Wir fanden Lily und Olivia schließlich in einem kleinen Salon. Beide saßen vor Staffeleien mit Scheiben von bemaltem Glas, wie wir sie schon in Mr. Whatleys Sammlung gesehen hatten. Mrs. Darrow half dem Mädchen, eine besondere Schattierung von Grün für eine Hügellandschaft zu mischen, als wir eintraten. Als sie uns sah, ließ sie ihre Palette fallen. Einen Moment lang brachte sie kein Wort heraus, während sie hinter ihrer Staffelei hervorkam und niederkniete, um beide Kinder mit einem hörbaren Seufzen der Erleichterung zu umarmen. Dann begrüßte sie mich mit einem höflichen Kuss auf die Wange.
»Ihr seid zurückgekommen«, sagte sie und gewann langsam ihre Fassung wieder.
»Natürlich, Mutter. Du hast uns gefehlt!« James drückte seinen Kopf an ihre Röcke. Sie lächelte schwach und streichelte ihn, bevor sie sich an ihre Schülerin
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