Charlotte Und Die Geister Von Darkling
Abschied und blickte uns von den Stufen des großen Hauses nach, bis wir zwischen den Bäumen ihrem Blick entschwanden.
NEUNTES KAPITEL
Basar Bizarr
In Blackfield besuchte ich zum ersten Mal einen Dorfbasar. Die ganze Woche zuvor hatte Mrs. Mulbus mit Vorbereitungen zugebracht. Sie backte Fleischpasteten, Gewürzkuchen und Schokoladenplätzchen und war sogar zu beschäftigt, Jenny lautstark herumzukommandieren. Diese litt schmollend unter der Missachtung. Sie ließ mit dramatischem Klirren mehrere Teller zu Bruch gehen und musterte ihren Quälgeist immer wieder über die Schulter, eine Spur Verzweiflung im Blick. Nur wenn ihre Vorbereitungen ihr ein wenig Spielraum ließen, mokierte sich Mrs. Mulbus, wenn auch nur leise kopfschüttelnd darüber, wofür Jenny sie glücklich mit einem finsteren, liebevoll-giftigen Blick bedachte.
Als ich mit den Buben und Mr. Darrow an Mrs. Mulbus’ Tisch vorüberkam, steckte sie den Kindern heimlich ein paar Kekse zu und dachte, ich hätte es nicht bemerkt. Ich fand es so beruhigend normal, dass ich gar nichts sagte. Seit der Entdeckung des Darkling-Hauses schien es eine Ewigkeit her zu sein, dass ich mit solch einfachen Dingen wie den Naschereien der Kinder vor dem Essen konfrontiert worden war, und ich genoss diese Normalität. Die Buben rannten voraus, stopften die Kekse in sich hinein, wischten sich die Schokolade mit ihren Handschuhen von den Lippen und genossen ihre Schlauheit nicht weniger als das verbotene Naschwerk.
Der Herbst ging zu Ende. In ganz Blackfield war kaum noch etwas grün. Die Wälder ringsum wogten im Wind wie verglühende Feuer, als die Blätter als goldener und roter Funkenregen in den aschgrauen Himmel stoben. James kickte durch die Haufen pergamentfarbiger Blätter, die das Gelände der St. Michaels Kirche bedeckten. Mr. Scott konnte man Arm in Arm mit Cornelia Reese sehen, die nicht nur die reichste Frau des Dorfes war, sondern auch die eigentliche treibende Kraft hinter dem Basar.
Sie kam aus der Stadt und machte kein Hehl daraus, dass ihr die ländliche Idylle unserer kleinen Kirche missfiel. Sie erklärte jedem, der es hören wollte – vor allem Mr. Scott –, sie werde alles daransetzen, dass St. Michaels ein würdiges Gotteshaus würde, dem sie ihre ganze schirmherrschaftliche Aufmerksamkeit widmen könnte.
Und so hatte der arme Mr. Scott in den letzten Monaten alle, die ihn trotz des Vogelgezwitschers vernehmen konnten, daran erinnert, ihren Teil dazu beizutragen. Die Beteiligung am Basar zeigte, wie sehr ihn die Dorfbewohner schätzten, denn obgleich viele Leute nichts sehnlicher wünschten, als dass Cornelia Reese scheiterte, war der Mehrzahl letztlich der Wunsch des Pfarrers wichtiger.
Außer dem der Köchin gab es auch noch andere Tische aus Everton. Ellen und einige der anderen Hausmädchen boten selbstgemachte Puppen mit einfachen Knopfaugen, aber wundervoll gearbeiteten Kleidern an. Mrs. Norman saß in einem kleinen Zelt und wirkte stolz und geheimnisvoll in einem Stoffturban, der völlig unpassend war, wenn sie eine indische Swami darstellen wollte. Einige der Dorfbewohner, vor allem Cornelia Reese, konnten eine Wahrsagerin auf dem Kirchengelände nur schwer verkraften. Sie bedachten Mrs. Norman mit wütenden Blicken, wenn sie an ihrem Zelt vorbeikamen. Manche tauchten mehrfach auf, um ihren Standpunkt klarzumachen, und alle bekreuzigten sich in übertriebener Frömmelei. Wenn Mrs. Norman sie überhaupt bemerkte, würdigte sie sie keines Blickes,denn sie war die meistbeschäftigte aller Aussteller, und am Ende des Tages hatte niemand mehr zur Erneuerung der St. Michaels Kirche beigetragen als die Haushälterin von Everton.
Abgesehen von einigen wenigen offiziellen Veranstaltungen, war der Basar ein geschäftiges, lärmendes Dorffest. Mr. Watersalt, der Zimmermann, hatte ein kleines Puppentheater neben Ellens Tisch aufgebaut und demonstrierte die Nützlichkeit ihrer selbstgefertigten Puppen mit ein wenig Theaterflair und den verschiedensten kindlich hohen Puppenstimmen. Mildred Wallace, die sich normalerweise zu sehr mit dem Leben anderer Leute beschäftigte, um ihr eigenes genießen zu können, versuchte allen, die zuhören wollten, die kunstvolle Uhr vorzuführen, die ihr Mann gebaut hatte. Diese zeigte stündlich lebensecht geschnitzte Figuren, die ihr allesamt recht ähnlich sahen. Selbst Mr. Darrow schien seine Traurigkeit zu vergessen. Er grüßte jeden mit einem fröhlichen Lächeln und trug den größten Teil des Tages James
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