Charlotte Und Die Geister Von Darkling
er sie in ein ganz anderes Schlafzimmer mit einem noch größeren Bett und so weichen Kissen, dass es ihr vorkam, als würde ihr Kopf auf Luft ruhen.
Als Spada erwachte, war sie sicher, dass sie wenigstens den halben Tag verschlafen hatte, doch als sie aus dem Fenster blickte, erkannte sie zu ihrer Bestürzung, dass die Sonne immer noch nicht aufgegangen war. Sie rannte durch das große Haus und fand den kleinen Mann in einem Arbeitszimmer voller Bücher und Gemälde. Sie erzählte ihm den Grund ihrer Bestürzung.
»Du hast Recht, die Nacht scheint sehr lang zu sein«, erwiderte er, »aber das ist nur deshalb so, weil wir in der kurzen Zeit so viel getan haben.«
Spada erkannte den Sinn in seinen Worten und wollte eben in ihr Zimmer zurückgehen, da lud der Mann sie ein, mit ihm zu musizieren. Das Mädchen, das aus einer Familie von Musikern kam, fand dies eine sehr praktische Weise, sich die Zeit zu vertreiben. Sie spielten zusammen so lange, bis ihre Finger wund und ihre Kehlen heiser vom Singen waren. Der kleine Mann rief seine Diener, um wieder im Esszimmer auftragen zu lassen, und zum dritten Mal an diesem Abend speiste Spada viele wohlschmeckende Gerichte. Als sie fertig waren, entschuldigte sich der kleine Mann für einen Augenblick und ließ das Mädchen allein in der Gesellschaft seines Dieners zurück.
Der Diener, der seinen Herrn immer ein wenig mit Verachtung musterte, begann sofort flüsternd auf das Mädchen einzureden, sobald der kleine Mann verschwunden war.
Er warnte sie, dass sie hereingelegt worden sei und dass der kleine Mann die Sonne vom Himmel gestohlen und irgendwo im Haus versteckt habe, um seine Besucherin für eine lange, ewig währende Nacht bei sich zu behalten. Spada dankte dem Diener für seine Warnung, fand jedoch, dass sie diese Information weder erschreckte noch verärgerte. Im Grunde bestanden ihre Gefühle für den Hausherrn aus Sympathie und ein wenig Mitleid.
»Er muss sehr einsam sein, wenn er gewillt ist, zu solchen Mitteln zu greifen, um mich hier zu behalten«, stellte sie fest. »Wenn die Sonne wirklich im Haus ist, werde ich sie finden und ihm beweisen, dass er keine solchen Tricks braucht, um meine Freundschaft zu gewinnen.«
Der kleine Mann kehrte in das Esszimmer zurück und führte Spada in ein weiteres phantastisches Schlafzimmer, dessen Kissen mit Wiegenliedern gefüllt waren. Sie schlief tief und fest, doch als sie erwachte, begab sie sich nicht auf die Suche nach dem kleinen Mann, sondern ging durch das Haus und überprüfte jede spiegelnde Oberfläche auf ihrer Suche nach der Sonne. Sie blickte in Spiegel und silberne Kelche, auf goldene Türknaufe und durch vergoldete Käfige. Sie hielt gründlich Ausschau nach allem, was einen Funken Tageslicht enthalten konnte. Als sie sicher war, dass jede Spiegelung im Haus natürlichen Ursprungs war, fand sie den kleinen Mann, der mit einer lächerlichen Kochmütze auf dem Kopf in der Küche auf sie wartete. Keiner von ihnen sprach über die endlose Nacht. Stattdessen backten sie Spadas Lieblingstorten und Kuchen und aßen alles auf, bis ihre Bäuche zu platzen drohten.
Schließlich führte er sie zu einem neuen Schlafzimmer mit einem wunderschönen Bett voller Träume. Dieses Mal hielt er an der Tür inne, als er ging, und wünschte ihr eine gute Nacht. Sie sank sofort in Schlummer.
Als sie erwachte, wanderte sie durch das Haus auf der Suche nach jeder Kerzenflamme und jedem Kaminfeuer, in dem die gestohlene Sonne verborgen sein mochte. Sie blickte in jedes Gaslicht auf den Gängen und ging in jedes Zimmer mit einem brennenden Herd, und als sie sicher war, dass sie jede Feuerquelle untersucht hatte, fand sie den kleinen Mann in einem leeren Ballsaal. Er trug seine besten Tanzschuhe und schien erpicht darauf zu sein, ihr seine liebsten Tanzschritte beizubringen, doch ihre niedergeschlagene Miene ließ ihn innehalten. Er fragte sie, was denn los sei.
»Ich weiß, dass du die Sonne gestohlen hast«, sagte sie zur Überraschung des kleinen Mannes weder zornig noch anklagend. »Ich habe in jedem Versteck nachgesehen, das ich mir denken konnte. Ich war sicher, wenn ich sie finden und zurückgeben könnte, dann würdest du erkennen, dass du keine solchen Tricks brauchst, um meine Freundschaft zu gewinnen. Du hättest sie auch so bekommen.«
Der kleine Mann war sehr schlau und sah gewöhnlich genau voraus, wie Dinge sich entwickelten, doch mit Spadas Erklärung hatte er nicht gerechnet. Tränen glänzten in seinen Augen,
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