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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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Schlüssel. »Der blonde junge Mann kam immer vor unserem Nachbarn, ich glaube, er kochte für ihn. Und natürlich der alte Meneer Goverts, aber das ist etwas anderes, der kommt die Blumen gießen, wenn Meneer Molenaar nicht zu Hause ist.«
    »Und sonst niemand, in den letzten Wochen?«
    »Ich stehe ja nicht ständig hier und gucke raus.« Es hörte sich an, als würden sich plötzlich störende Schuldgefühle melden, vielleicht weil ihr Verhalten da doch nicht ganz im Einklang mit der Bibel schien. »Aber als ich neulich mal vom Einkaufen nach Hause kam, sah ich, wie ein Mann den Schlüssel benutzte. Er hatte einen großen Blumenstrauß dabei.«
    Die Gladiolen. »Wann war das?«
    »Ein paar Tage, bevor Meneer Molenaar nach Belgien fuhr.«
    »Können Sie sich daran erinnern, wie er aussah?«
    »Er warf mir einen wütenden Blick zu, als dürfe ich nicht wissen, dass der Schlüssel dort lag. Er war recht kräftig gebaut, mit einem kleinen Bauch und so einem militärischen Kurzhaarschnitt. Er hatte böse Augen, dunkel, ein bisschen komisch.«
    »Böse Augen?«
    »So dicht beieinander stehend. Er schien ein unangenehmer Mensch zu sein, ich bin lieber schnell reingegangen.«
    »Aber er war doch noch da, als Meneer Molenaar nach Hause kam?«
    »Ich glaube schon, ich habe ihn zumindest nicht wieder weggehen sehen.«
    Ich gab ihr meine Karte, falls ihr noch andere Besucher oder Vorkommnisse einfallen sollten. Ihre Beschreibung des letzten Gastes erinnerte mich an jemanden, aber ich konnte mir kaum vorstellen, dass Runings miesepetriger Chauffeur bei Stef zu Besuch gewesen war. Mit Gladiolen? Ich wusste nicht einmal, ob Harry verheiratet war. Allmählich schien mir dies einer jener Fälle zu sein, bei denen man am besten mit dieser Frage anfing, wenn man jemandem auf den Zahn fühlte.

 

11
    Es war dunkel geworden, als ich den Deich hinunterfuhr und im Carport parkte. Im Licht, das durch die Schiebetür fiel, sah ich CyberNel herauskommen. Rasch kam sie mir von der Terrasse aus entgegen und fing mich ab.
    Ich nahm sie in die Arme und küsste sie. »Ich bin spät dran, aber ich werde es wieder gutmachen. Wem gehört der Mercedes auf dem Deich?«
    »Einer eisigen Mevrouw Runing.«
    »Was will sie denn hier?«
    »Sie ist zu vornehm, um das einer kleinen Angestellten zu verraten.«
    »Meinst du unsere Corrie?«
    Nel erwiderte mein Grinsen. »Corrie ist schon längst zu Hause und Hanna schläft. Die Dame hat heute Nachmittag angerufen, und ich habe ihr gesagt, du wärst heute Abend zu Hause und würdest sie dann zurückrufen. Aber sie hielt es wohl für angebrachter, dich zu überfallen.«
    »Mist.«
    »Hast du schon was gegessen?«
    »Nein.«
    »Ich mach dir einen strammen Max, unsere Besucherin kann mir mal im Mondschein begegnen.« Sie nahm mich an der Hand und zog mich ins Haus.
    Heleen Runing saß auf dem Sofa. Der Fernseher lief nicht und sie las auch keine Zeitschrift. Ansonsten sah sie ganz so aus wie eine Patientin im Wartezimmer eines Zahnarztes. »Guten Abend, Mevrouw Runing«, grüßte ich höflich. »Das ist aber eine Überraschung.«
    Sie war aufgestanden. »Ich habe versucht, Sie unter der Nummer zu erreichen, die Sie mir gegeben hatten.«
    Sie klang abweisend und reichte mir nicht die Hand. In ihren Kreisen wartete man, bis die Dame dies tat, also machte ich von mir aus auch keine Anstalten. »Ich war auf Hausbesuch.« Ich schaute Nel an, die mit einem falschen Lächeln in der niedriger gelegenen Küche verschwand und mit einer Pfanne zu klappern begann. »Meine Freundin macht mir etwas zu essen«, sagte ich. »Ich sterbe vor Hunger. Wenn Sie nichts dagegen haben, können wir uns in der Küche unterhalten.«
    »Ich würde lieber unter vier Augen mit Ihnen reden.«
    »CyberNel ist das Co. in Winter & Co.«, erwiderte ich. »Sie wirken etwas abgespannt, vielleicht würde Ihnen eine Tasse Kaffee gut tun.«
    Heleen ignorierte meine höfliche Geste, sie vorzulassen, und blieb stehen. »Meine Tochter hat mich angerufen.«
    »Jennifer?«
    »Sie war ganz außer sich über das, was Sie ihr erzählt haben, und rief mich von Montpellier aus an, damit ich es nicht vorher von jemand anderem zu hören bekäme. Ich hatte erwartet, dass Sie zuerst mit mir reden, bevor Sie Dritte mit einbeziehen.«
    Noch mehr Dritte. »Ich verstehe nicht ganz …«
    »Sie hat sogar mit George darüber geredet.«
    »Ist es das, was Sie stört?«
    »Sie arbeiten doch für mich, oder?«
    Ich runzelte die Stirn. »Ihre Tochter fällt doch wohl nicht

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