Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
er sich etwa vorbereitet?
    »Also, wir gehen hier entlang...« Zuversichtlich führe ich Ed zu einem vielversprechenden Wehrgang, doch er hält mich zurück.
    »Ehrlich gesagt, glaube ich, der Eingang ist da hinten auf der Seite zum Fluss hin.«
    Du meine Güte. Offenbar ist er einer von diesen Männern, die immer alles bestimmen müssen. Wahrscheinlich fragt er auch nie nach dem Weg.
    »Hören Sie, Ed«, sage ich artig. »Sie sind Amerikaner. Sie waren noch nie hier. Wer wird also vermutlich besser wissen, wo es reingeht, Sie oder ich?«
    In diesem Moment bleibt ein vorübergehender Beefeater stehen und lächelt uns freundlich an. Ich erwidere sein Lächeln und will ihn gerade fragen, wo es am besten reingeht, da begrüßt er freudestrahlend Ed.
    »Guten Morgen, Mr. Harrison. Wie geht es Ihnen? Schon wieder da?«
    Was?
    Was war das eben? Ed kennt die Beefeater ? Woher kennt Ed die Beefeater?
    Mir fehlen die Worte, als Ed dem Mann die Hand schüttelt und sagt: »Schön, Sie zu sehen, Jacob. Darf ich Ihnen Lara vorstellen?«
    »Ah... hallo«, bringe ich lau hervor.
    Was kommt als Nächstes? Lädt uns die Queen zum Tee ein?
    »Okay«, sprudelt es aus mir hervor, als der Beefeater wieder unterwegs ist. »Was ist hier los?«
    Ed sieht mein Gesicht und prustet los.
    »Raus damit!«, fahre ich ihn an, und er hebt entschuldigend die Hände.
    »Ich gestehe. Ich war vorgestern schon mal hier. Von der Firma aus. Team-Building Day. Inklusive Gespräch mit ein paar Beefeatern. Es war sehr interessant.« Er macht eine Pause, dann fügt er - mit zuckenden Mundwinkeln - hinzu: »Deshalb weiß ich, dass der Bau des Towers im Jahre 1078 begonnen wurde. Von William, dem Eroberer. Und der Eingang ist da hinten.«
    »Das hätten Sie mir auch sagen können!« Ich funkle ihn an.
    »Tut mir leid. Sie schienen so versessen auf die kleine Führung zu sein, und ich dachte, es wäre nett, noch mal mit Ihnen herzukommen. Aber wir können auch woanders hingehen. Wahrscheinlich waren Sie schon tausend Mal hier. « Er nimmt den Reiseführer und sieht sich den Index an.
    Ich spiele mit den Tickets herum, beobachte ein paar Schulkinder, die sich gegenseitig fotografieren, und bin hin und her gerissen. Natürlich hat er recht. Er hat den Tower Freitag schon gesehen. Wieso sollten wir noch mal reingehen?
    Andererseits haben wir die Tickets schon gekauft. Und der Tower sieht gewaltig aus. Ich möchte ihn gern mal von innen sehen.
    »Wir könnten direkt zur St. Paul‘s Cathedral fahren.« Ed sieht sich den U-Bahn-Plan an. »Es kann nicht so weit sein...«
    »Ich möchte die Kronjuwelen sehen.« Ich sage es ganz leise.
    »Bitte?« Er blickt auf.
    »Ich möchte die Kronjuwelen sehen. Wenn wir schon mal hier sind.«
    »Sie meinen... die haben Sie noch nie gesehen?« Ungläubig starrt Ed mich an. » Sie haben die Kronjuwelen noch nie gesehen?«
    »Ich lebe in London!«, sage ich, weil mich seine Miene wurmt. »Das ist was anderes! Ich kann sie mir jederzeit ansehen. Wann immer ich will... und es mir gerade so in den Kram passt. Es ist nur... die Gelegenheit hat sich noch nie ergeben.«
    »Ist das nicht etwas engstirnig von Ihnen, Lara?« Ich sehe Ed an, dass es ihm Spaß macht. »Haben Sie denn kein Interesse am Erbe Ihrer großartigen Stadt? Finden Sie es nicht eine Schande, diese einzigartigen, historischen Zeugnisse zu ignorieren...?«
    »Schon gut!« Ich spüre, wie meine Wangen rot anlaufen.
    Ed gibt nach. »Kommen Sie. Ich zeige Ihnen die Kronjuwelen Ihres prachtvollen Landes. Die sind super. Ich habe sie mir angesehen. Wussten Sie, dass die ältesten Stücke aus der Zeit der Restauration stammen?«
    »Wirklich?«
    »Oh ja.« Er führt mich durch die Menge. »In die Königskrone ist ein riesiger Diamant eingearbeitet, geschliffen aus dem berühmten Cullinan-Diamanten, dem größten, der je gefunden wurde.«
    »Wow«, sage ich höflich. Offenbar hat Ed gestern den ganzen Kronjuwelen-Vortrag auswendig gelernt.
    »Mhhm.« Er nickt. »Das zumindest hat die Welt bis 1997 geglaubt. Da fand man heraus, dass es sich um eine Fälschung handelt.«
    »Wirklich ?« Abrupt bleibe ich stehen. »Der Diamant ist eine Fälschung?«
    Eds Mundwinkel zuckt. »Wollte nur mal sehen, ob Sie auch zuhören.«
    Wir sehen die Juwelen, und wir sehen die Raben, und wir sehen den White Tower und den Bloody Tower. Im Grunde alle Tower. Ed besteht darauf, den Reiseführer zu behalten und mir daraus vorzulesen, und zwar alles. Manche Fakten stimmen, manche sind Unsinn, und andere

Weitere Kostenlose Bücher