Charlston Girl
vor.
Kaum bin ich im Büro, lasse ich mich zu Jean durchstellen, lehne mich auf meinem Drehstuhl zurück und mache mich bereit, den Augenblick zu genießen.
»Jean Savill.«
»Oh, hi, Jean«, sage ich freundlich. »Hier ist Lara Lington. Ich rufe noch mal kurz wegen Ihres Hundeverbotes an, für das ich vollstes Verständnis habe. Ich kann absolut verstehen, dass Ihre Büroräume eine haustierfreie Zone bleiben sollen. Ich habe mich nur gefragt: Gilt diese Bestimmung eigentlich auch für Jane Frenshew in Raum 1416?«
Ha!
Noch nie habe ich erlebt, dass Jean sich derart windet. Anfangs streitet sie es rundweg ab. Dann will sie mir erzählen, es gäbe da besondere Umstände und könne keineswegs als Präzedenzfall gelten. Allerdings bedarf es nur der leisen Erwähnung von Anwälten und Menschenrechten, um sie einknicken zu lassen. Shireen darf ihren Flash mit zur Arbeit bringen! Gleich morgen wird man es ihr vertraglich zusichern, und sie packen noch ein Hundekörbchen oben drauf! Ich verabschiede mich und wähle Shireens Nummer. Sie wird überglücklich sein! Endlich macht mir dieser Job Spaß!
Und er macht noch mehr Spaß, als Shireen ungläubig in den Hörer schnaubt.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich bei Sturgis Curtis irgendwer solche Mühe geben würde«, sagt sie immer wieder. »Das ist der Unterschied, wenn man mit einer kleineren Agentur zusammenarbeitet.«
»Klein, aber fein«, korrigiere ich sie. »Bei uns geht es noch persönlich zu. Erzählen Sie es allen Ihren Freunden!«
»Das werde ich tun! Ich bin beeindruckt! Wie haben Sie das mit dem anderen Hund eigentlich rausgefunden?«
Ich zögere kurz.
»Ich habe meine Mittel und Wege«, sage ich schließlich.
»Nun, Sie sind einfach grandios!«
Schließlich lege ich den Hörer auf, strahlend, und ich sehe, dass Kate mich mit lebhafter Neugier betrachtet.
»Und wie hast du das mit dem anderen Hund jetzt rausgefunden?«, fragt sie.
»Instinkt.« Ich zucke mit den Schultern.
»Instinkt?«, wiederholt Sadie verächtlich. Die ganze Zeit läuft sie im Büro auf und ab. »Du hattest überhaupt keinen Instinkt! Ich war das! Du hättest sagen sollen: ›Meine wunderbare Großtante Sadie hat mir geholfen, und dafür bin ich ihr ewig zu Dank verpflichtet‹«
»Weißt du, Natalie hätte sich nie die Arbeit gemacht, einen Hund aufzuspüren«, sagt Kate plötzlich. »Niemals.«
»Oh.« Mein Strahlen verglimmt. Wenn ich die ganze Sache mit Natalies geschäftsmäßigen Augen betrachte, komme ich mir ein wenig unprofessionell vor. Vielleicht war es eher albern, so viel Zeit und Mühe in einen Hund zu investieren. »Nun, ich wollte die Situation retten, und das schien mir die beste Möglichkeit ...«
»Nein, du hast mich missverstanden.« Kate fällt mir ins Wort. Sie ist ganz rosig im Gesicht. »Ich meinte es positiv.«
Ich bin so verblüfft, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll. Niemand hat mich je mit Natalie verglichen und daraus eine für mich positive Bilanz gezogen.
»Ich geh und hol uns einen Kaffee, zur Feier des Tages!«, sagt Kate gut gelaunt. »Möchtest du was dazu?«
»Ist schon okay.« Ich lächle sie an. »Das musst du nicht.«
»Ehrlich gesagt...« Kate zieht ein seltsames Gesicht. »Ich hab richtig Kohldampf. Ich hatte noch keine Mittagspause.«
»Oh Gott!«, sage ich entsetzt. »Los! Geh was essen! Du wirst mir noch verhungern!«
Kate springt auf, stößt sich den Kopf an einer offenen Schublade und nimmt ihre Tasche vom Regal. In dem Moment, als sie die Tür hinter sich schließt, kommt Sadie an meinen Tisch.
»Also.« Sie kauert auf dem Rand und mustert mich erwartungsvoll.
»Was ist?«
»Rufst du ihn an?«
»Wen?«
»Ihn!« Sie beugt sich über meinen Computer.» Ihn!
»Du meinst Ed Soundso? Du willst, dass ich ihn anrufe ?« Ich werfe ihr einen mitleidigen Blick zu. »Hast du denn gar keine Ahnung, wie so was läuft? Wenn er mich anrufen möchte, kann er es tun.« Was nicht der Fall sein wird, nie im Leben , wie ich leise hinzufüge.
Ich lösche ein paar E-Mails und beantworte eine, dann blicke ich wieder auf. Sadie hockt auf einem Aktenschrank und starrt das Telefon an. Als sie sieht, dass ich sie beobachte, zuckt sie zusammen und wendet sich eilig ab.
»Und wer ist jetzt von einem Mann besessen?« Ich kann mir die Spitze nicht verkneifen.
»Ich bin nicht besessen!« Sie lacht überheblich.
»Wenn du das Telefon anstarrst, klingelt es bestimmt nicht. Hast du denn überhaupt keinen Schimmer?«
Böse funkelt
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