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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mannes?
    »Ja!« Leuchtend taucht Sadie an meiner Seite auf. »Da drinnen ist er! Er hat einen unheimlich stechenden Blick. Absolut gänsehautmäßig.« Sie deutet auf eine schwere Holztür, auf der Zimmer 2012 steht. Es gibt kein Fenster, nicht die kleinste Scheibe. Ich kann nicht hineinsehen.
    »Bist du sicher?«
    »Ich war gerade drinnen! Er ist da! Geh rein! Frag ihn!« Ihre Hände wollen mich schieben.
    »Warte!« Ich trete ein paar Schritte zurück, um alles noch mal zu durchdenken. Ich kann da nicht so einfach reinplatzen. Ich brauche einen Plan.
    Anklopfen und das Büro des fremden Mannes betreten.
    Freundlich und wie selbstverständlich Hallo sagen.
    Fragen, ob er mit dir ausgehen möchte.
    Vor Verlegenheit fast sterben, wenn er den Wachdienst ruft. Zügig, sehr zügig hinausgehen.
    Unter keinen Umständen deinen Namen nennen. So kann ich weglaufen und die ganze Sache aus meiner Erinnerung löschen. Niemand wird je davon erfahren. Vielleicht wird er sogar glauben, er hätte es nur geträumt.
    Die ganze Angelegenheit wird maximal dreißig Sekunden dauern. Dann hört Sadie endlich auf, mich zu nerven. Okay, bringen wir es hinter uns. Ich trete an die Tür und versuche, zu ignorieren, dass mein Herz urplötzlich vor Angst losgaloppiert. Ich hole tief Luft, hebe meine Hand und klopfe leise an.
    »Das hat man gar nicht gehört!«, ruft Sadie hinter mir. »Klopf lauter! Dann geh einfach rein! Er ist da drinnen! Mach schon!«
    Ich kneife die Augen zusammen, klopfe scharf an, drehe den Türknauf und trete ein.
    Zwanzig graue Anzüge, die allesamt um einen Konferenztisch sitzen, wenden sich mir zu und starren mich an. Am anderen Ende des Raumes unterbricht ein Mann seine PowerPoint-Präsentation.
    Ich starre zurück - versteinert.
    Das ist kein Büro. Es ist ein Konferenzraum. Ich bin in einer Firma, mit der ich nichts zu tun habe, in einem wichtigen Meeting, in dem ich nichts zu suchen habe, und alles wartet darauf, dass ich etwas sage.
    »Tschuldigung«, stammle ich schließlich. »Ich wollte Sie nicht unterbrechen. Fahren Sie fort.«
    Aus den Augenwinkeln sehe ich einen leeren Platz. Ohne zu wissen, was ich tue, ziehe ich den Stuhl hervor und setze mich. Die Frau neben mir beäugt mich kurz, dann schiebt sie mir Notizblock und Kugelschreiber zu. »Danke«, flüstere ich.
    Ich fasse es nicht. Keiner sagt mir, dass ich verschwinden soll. Merken die denn nicht, dass ich gar nicht dazugehöre? Der Mann ganz vorn setzt seinen Vortrag fort, und einige machen sich Notizen. Verstohlen sehe ich mich am Tisch um. Es sind etwa fünfzehn Männer anwesend. Jeder von denen könnte Sadies Typ sein. Gegenüber sitzt ein blonder Bursche, der ganz süß aussieht. Der Mann, der den Vortrag hält, sieht auch ganz nett aus. Er hat dunkles, gewelltes Haar und hellblaue Augen und trägt die gleiche Krawatte, die ich Josh zum Geburtstag gekauft habe. Er deutet auf eine Grafik und spricht mit aufgeregter Stimme.
    »...und die Kundenzufriedenheit ist gestiegen, von Jahr zu Jahr...«
    »Moment mal eben.« Am Fenster steht ein Mann, den ich noch gar nicht bemerkt habe. Er spricht mit amerikanischem Akzent, trägt einen dunklen Anzug und das kastanienbraune Haar zurückgekämmt. Zwischen seinen Augenbrauen ist eine tiefe, V-förmige Sorgenfalte, und er sieht den Mann mit den gewellten Haaren an, als hätte dieser ihn persönlich enttäuscht. »Uns geht es hier nicht um Kundenzufriedenheit. Ich will keine Arbeit leisten, die der Kunde erstklassig findet. Ich will Arbeit leisten, die ich erstklassig finde.«
    Der Mann mit den gewellten Haaren sieht aus, als hätte man ihn auf dem falschen Fuß erwischt, und ich habe direkt Mitleid mit ihm.
    »Selbstverständlich«, murmelt er.
    »Hier ist der Schwerpunkt völlig falsch gesetzt.« Stirnrunzelnd sieht sich der Amerikaner am Tisch um. »Wir sind nicht hier, um auf die Schnelle taktische Lösungen zu finden. Wir sollten Einfluss auf die Strategie nehmen. Innovativ sein. Seit ich hier bin...«
    Ich blende mich aus, als ich merke, dass Sadie auf dem Stuhl neben mir Platz nimmt. Ich schiebe meinen Notizblock zu ihr hinüber und schreibe: WELCHER MANN?
    »Der eine, der wie Rudolph Valentino aussieht«, sagt sie und klingt überrascht, dass sie überhaupt fragen muss.
    WOHER SOLL ICH WISSEN, WIE DIESER BLÖDE RUDOLPH VALENTINO AUSSAH?, schreibe ich. WELCHER?
    Ich wette auf den Mann mit den gewellten Haaren. Es sei denn, es wäre der Blonde ganz vorn. Der sieht auch ganz süß aus. Oder vielleicht der

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