Charlston Girl
ist unmissverständlich.
»Absolut.« Ich huste. »Na ja, er ist mir plötzlich eingefallen. Ich habe mich daran erinnert, dass ich ihn damals in dem Pub gesehen hatte und ihn irgendwie verdächtig fand...« Meine Stimme erstirbt. Mein Gesicht ist heiß. Detective Constable Davies betrachtet mich wie eine Lehrerin, die einen beim Abschreiben in der Erdkunde-Prüfung erwischt hat.
»Lara, ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich dessen bewusst sind«, sagt sie ganz ruhig. »Es ist verboten, die Arbeit der Polizei zu behindern, und das kann sehr wohl auch eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen. Sollten Sie böswillig eine falsche Anschuldigung geäußert haben...«
»Es war nicht böswillig!«, sage ich entsetzt. »Ich wollte nur...«
»Was genau?«
Sie sieht mir tief in die Augen. Sie wird mich nicht vom Haken lassen. Plötzlich bekomme ich es mit der Angst zu tun.
»Hören Sie«, sage ich panisch. »Ich wollte Ihre Zeit nicht vergeuden. Ich hatte nur so das starke Gefühl, dass meine Großtante ermordet wurde. Aber vielleicht... wenn ich es bei Tageslicht betrachte... habe ich mich wohl getäuscht. Vielleicht ist sie doch an Altersschwäche gestorben. Bitte verhaften Sie mich nicht!«, füge ich hastig hinzu.
»Dieses Mal werden wir von einer Anzeige absehen.« Detective Constable Davies zieht die Augenbrauen hoch. »Aber betrachten Sie es als Warnung.«
»Okay.« Ich schlucke. »Danke.«
»Der Fall ist abgeschlossen. Seien Sie so nett, unterschreiben Sie dieses Formular, zur Bestätigung, dass wir diese kleine Unterhaltung hatten...«
Sie holt ein Blatt Papier hervor, mit einem gedruckten Paragraphen, in dem mehr oder weniger steht: »Ich, die Unterzeichnerin, habe eine Standpauke bekommen und alles begriffen, und ich werde der Polizei nie wieder auf den Zeiger gehen.« Mit ziemlich vielen Worten.
»Okay.« Kleinlaut nicke ich und setze meinen Namen darunter. »Und was passiert jetzt mit der... der...« Ich bringe mich kaum dazu, es auszusprechen. »Was passiert mit meiner Großtante?«
»Der Leichnam wird in absehbarer Zeit von der Polizei freigegeben«, sagt Detective Constable Davies nüchtern. »Dann können die nächsten Verwandten die Bestattung in die Wege leiten.«
»Und wie bald könnte das sein?«
»Die Formalien könnten etwas dauern.« Sie zieht den Reißverschluss an ihrer Tasche zu. »Vermutlich zwei Wochen, vielleicht auch etwas länger.«
Zwei Wochen ? Nacktes Entsetzen packt mich. Was ist, wenn ich die Kette bis dahin nicht finde? Zwei Wochen sind nichts. Ich brauche mehr Zeit. Sadie braucht mehr Zeit.
»Kann man das... überhaupt verschieben?« Ich versuche, beiläufig zu klingen.
»Lara.« Detective Constable Davies sieht mich lange an, dann seufzt sie. »Bestimmt haben Sie Ihre Großtante sehr gemocht. Ich habe meine Oma letztes Jahr verloren. Ich weiß, wie das ist. Aber ihre Beerdigung aufzuschieben und anderen die Zeit zu stehlen, ist nicht der richtige Weg.« Sie macht eine Pause, dann fügt sie sanfter hinzu. »Sie müssen es akzeptieren. Sie ist von uns gegangen.«
»Ist sie nicht!«, sage ich, bevor ich mich beherrschen kann. »Ich meine... sie braucht mehr Zeit.«
»Sie war hundertfünf.« Detective Constable Davies lächelt freundlich. »Ich glaube, sie hatte genug Zeit. Meinen Sie nicht?«
»Aber sie...« Frustriert atme ich aus. Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll. »Na dann... vielen Dank für Ihre Hilfe.«
Nachdem Detective Constable Davies gegangen ist, sitze ich da und starre leeren Blickes meinen Computer an, bis ich hinter mir Sadies Stimme höre.
»Was wollte die Polizei hier?«
Erschrocken fahre ich herum und sehe sie auf einem Aktenschrank sitzen, in einem cremefarbenen Kleid samt passendem, cremefarbenem Hut mit schwarzblauen Federn, die ihre Wangen kitzeln. »Ich war shoppen! Ich habe eben einen geradezu göttlichen Fummel für dich gefunden. Den musst du kaufen.« Sie rückt ihren Pelzkragen zurecht, dann blinzelt sie mich an. »Was wollte die Polizei hier?«
»Hast du was von unserem Gespräch mitbekommen?«, frage ich salopp.
»Nein. Ich sag doch, ich war shoppen.« Sie kneift die Augen zusammen. »Stimmt irgendwas nicht?«
Ich starre sie an, niedergeschlagen. Ich kann ihr die Wahrheit nicht sagen. Ich kann ihr nicht sagen, dass ihr nur noch zwei Wochen bleiben, bis man sie... bis man...
»Nichts! Nur ein Routinebesuch. Die wollten ein paar Details checken. Ich mag deinen Hut«, füge ich hinzu, um sie abzulenken. »Geh und such mir auch so
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