Charlston Girl
steht.« Mist.
»Wirklich?« Ich bemühe mich, erstaunt zu klingen. »Wie... seltsam. Wirklich seltsam. Das war ganz und gar nicht mein Eindruck. Soweit ich mich erinnere, hatten wir ein nettes Meeting, er klang ganz begeistert...«
»Mir hat er erzählt, er sei irgendwann aufgestanden und gegangen«, sagt Janet tonlos.
»Er... ist irgendwann gegangen. Natürlich.« Ich huste. »Wir beide. Man könnte sagen, dass wir beide gegangen sind...«
»Er hat mir erzählt, Sie hätten die ganze Zeit über mit einem anderen Klienten telefoniert. Er will nie wieder mit Ihnen zu tun haben.«
Ich laufe rot an. Clive Hoxton ist eine blöde Petze.
»Tja.« Ich räuspere mich. »Janet, ich bin baff. Da kann ich nur sagen: Das haben wir offenbar unterschiedlich wahrgenommen...«
»Was ist mit diesem Nigel Rivers?« Anscheinend ist Janet schon beim nächsten Kandidaten. »Ist das der Mann mit den Schuppen? Der sich schon mal bei uns beworben hat?«
»Das ist schon viel besser geworden«, sage ich hastig. »Ich glaube, er benutzt jetzt Head & Shoulders.«
»Sie wissen, dass unser Geschäftsführer ganz bestimmte Vorstellungen von Körperpflege hat?«
»Das... äh... war mir nicht bewusst, Janet. Ich werde es notieren ...«
»Und was ist mit diesem Gavin Mynard?«
»Sehr, sehr talentiert«, lüge ich sofort. »Ein ungemein talentierter, kreativer Mensch, der... bisher übersehen wurde. Seinem Lebenslauf ist es nicht zu entnehmen... reicher Erfahrungsschatz ...«
Janet seufzt. »Lara...«
Ich habe so eine Befürchtung. Ihr Ton ist unmissverständlich. Sie wird den Kontakt abbrechen, jetzt und hier. Das darf nicht passieren, es darf nicht sein, wir wären am Ende...
»Und natürlich... habe ich noch einen weiteren Kandidaten!«, höre ich mich sagen.
»Noch einen? Sie meinen, nicht auf der Liste?«
»Ja. Viel besser als die anderen! Ich würde sagen, der Mann ist definitiv der Richtige für Sie.«
»Und wer ist es?«, sagt Janet misstrauisch. »Wieso habe ich seine Unterlagen nicht?«
»Weil... ich ihn vorher noch mal gegenchecken muss.« Ich kreuze meine Finger so fest, das sie mir wehtun. »Es ist alles sehr vertraulich. Wir sprechen hier von einer hoch profilierten Person, Janet. Sehr einflussreich, sehr erfahren... glauben Sie mir, ich bin schon ganz nervös.«
»Ich brauche einen Namen!«, bellt sie böse. »Ich brauche einen Lebenslauf. Lara, das ist alles höchst unprofessionell. Unser Meeting ist am Donnerstag. Könnte ich bitte mit Natalie sprechen?«
»Nein!«, sage ich in Panik. »Ich meine... Donnerstag. Absolut! Donnerstag haben Sie alle nötigen Informationen. Versprochen. Und ich kann Ihnen sagen, das Kaliber dieses Kandidaten wird Sie umhauen. Janet, ich bin auf dem Sprung! Schön, dass wir gesprochen haben...« Ich lege auf, mit klopfendem Herzen.
Scheiße. Scheiße. Was soll ich jetzt machen?
»Wow!« Kate sieht mich mit leuchtenden Augen an. »Lara, du bist die Größte. Ich wusste, du schaffst es! Wer ist dieser supertolle, hoch profilierte Kandidat?«
»Es gibt keinen!«, sage ich verzweifelt. »Wir müssen einen suchen!«
»Okay.« Kate fängt an, sich im Büro umzusehen, als versteckte sich ein Top-Marketing-Experte in unserem Aktenschrank. »Ah... wo?«
»Ich weiß nicht!« Ich raufe mir die Haare. »Es gibt keinen!«
Ein schrilles, elektronisches Blubbern erklingt, als mein Handy eine SMS bekommt, und ich greife es mir, in der irren Hoffnung, es könnte ein Top-Marketing-Experte sein, der mich fragt, ob ich für ihn einen Job im Sporteinzelhandel habe. Oder vielleicht Josh, der mich fragt, ob ich ihn heiraten will. Oder vielleicht Dad, der sagt, dass ihm jetzt bewusst geworden ist, dass ich die ganze Zeit über recht hatte, und er sich dafür entschuldigen möchte, je an mir gezweifelt zu haben. Odei sogar Diamanté, die sagt, sie braucht eigentlich gar keine alte Libellen-Kette, und mich fragt, ob sie sie mir per Kurier schicker soll.
Aber von denen ist es niemand.
Hi, Babel Mach gerade Yoga am Strand. Alles sehr entspann hier. Hab dir ein Foto geschickt - sieh dir den Ausblick an Traumhaft, oder? Nataliexxxx
PS: Alles okay im Büro?
Am liebsten würde ich mich aus dem Fenster stürzen.
Um sieben Uhr tut mir der Nacken weh, und meine Augen haben rote Ränder. Ich habe eine neue Not-Longlist von Kandidaten aufgestellt, unter Verwendung alter Business People- Hefte, dem Internet und einer Ausgabe von Marketing Week , die mir Kate besorgt hat. Keiner von denen will meinen Anruf
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