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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wenn die Liebe einseitig ist, quälen einen immer neue Fragen, aber man bekommt nie eine Antwort. Du kannst doch nicht dein Leben lang auf Antwort warten.«
    Sie errötet und wendet sich ab.
    Es ist still, bis auf die Streithähne bei den EastEnders , die sich auf dem Bildschirm zanken. Mit offenem Mund sitze ich da und merke plötzlich, dass ich gleich Wein auf dem Sofa verschütte. Ich richte mein Glas auf und nehme einen Schluck. Du meine Güte. Was war das denn für ein Ausbruch?‘‘
    Ich dachte, Sadie hat mit Liebe nichts am Hut. Ich dachte, sie interessiert sich nur für Spaß und Halali und das Britzein. Eben allerdings klang sie, als wenn...
    »Dir ist das passiert, Sadie?«, sage ich zögerlich hinter ihrem Rücken. »Hast du dein Leben lang auf Antwort gewartet?«
    Im selben Augenblick verschwindet sie. Keine Vorwarnung, kein »Bis später«. Sie verschwindet einfach.
    Das kann sie mir doch nicht antun. Ich muss mehr wissen.
    Da muss es doch eine Geschichte geben. Ich stelle den Fernseher ab und rufe laut ins Leere. Mein ganzer Arger ist verflogen. Jetzt treibt mich die Neugier.
    »Sadie! Erzähl es mir! Es tut gut, sich auszusprechen!« Alles bleibt still, aber irgendwie bin ich mir sicher, dass sie noch da ist. »Komm schon«, sage ich schmeichelnd. »Ich hab dir auch alles von mir erzählt. Und ich bin deine Großnichte. Du kannst mir vertrauen. Ich werde es niemandem weitersagen.«
    Immer noch nichts.
    »Meinetwegen.« Ich zucke mit den Schultern. »Ich hätte dich für mutiger gehalten.«
    »Ich bin mutig.« Sadie erscheint vor mir, sieht wütend aus.
    »Dann erzähl es mir.« Ich verschränke die Arme.
    Sadies Gesicht ist unbeweglich, aber immer wieder sieht sie zu mir herüber und schnell wieder weg.
    »Da gibt es nichts zu erzählen«, sagt sie schließlich leise. »Ich weiß nur zu genau, wie es ist, wenn man glaubt, verliebt zu sein. Ich weiß, wie es ist, wenn man seine Stunden und seine Tränen und sein Herz an etwas vergeudet, das sich am Ende als ... nichts entpuppt. Verschwende nicht dein Leben. Das ist alles.«
    Das ist alles? Soll das ein Witz sein? Sie kann es doch nicht dabei belassen! Da war was. Aber was?
    »Was ist passiert? Warst du verliebt? Gab es da irgendwo einen Mann, als du im Ausland warst? Sadie, sag es mir!«
    Einen Moment sieht Sadie aus, als wollte sie immer noch nicht antworten oder am liebsten gleich wieder verschwinden. Dann seufzt sie, wendet sich ab und tritt an den Kamin.
    »Es ist lange her. Bevor ich ins Ausland ging. Bevor ich verheiratet war. Da gab es... einen Mann.«
    »Der große Streit mit deinen Eltern!« Plötzlich zähle ich zwei und zwei zusammen. »War es seinetwegen?«
    Sadie nickt kaum merklich. Ich hätte wissen müssen, dass es um einen Mann ging. Ich versuche, sie mir mit einem Freund vorzustellen. Vielleicht so einem smarten Geck mit Hut. Und schmalem Oberlippenbärtchen.
    »Haben deine Eltern euch zusammen erwischt, oder was? Habt ihr... den Biber gebürstet?«
    »Nein!« Sie prustet vor Lachen.
    »Was ist passiert? Sag es mir! Bitte!«
    Ich kann immer noch nicht glauben, dass Sadie mal verliebt war. Nachdem sie mir das Leben wegen Josh so schwer gemacht hat. Nachdem sie so getan hat, als sei ihr das alles egal.
    »Sie haben Skizzen gefunden.« Ihr Lachen erstirbt, und sie schlingt die Arme um ihren dürren Leib. »Er war Maler. Er hat mich so gern gemalt. Meine Eltern waren schockiert.«
    »Wieso wollten sie nicht, dass er dich malt?«, sage ich verdutzt. »Sie hätten stolz sein sollen! Ich meine, es ist doch ein Kompliment, wenn ein Künstler einen...«
    »Nackt.«
    »Nackt?«
    Mir fehlen die Worte. Ich bin beeindruckt. Ich würde nie nackt für ein Gemälde posieren. Nie im Leben! Es sei denn, man würde mir ein Kleid auf den Körper malen.
    Oder sprayen. Oder wie Maler das so machen.
    »Ich war mit einem Tuch verhüllt. Aber trotzdem haben meine Eltern...« Sadie presst die Lippen zusammen. »Es war ein Drama, als sie die Skizzen fanden.«
    Ich halte mir den Mund zu. Ich weiß, ich sollte nicht lachen. Ich weiß, es ist nicht wirklich komisch, aber ich kann nicht anders ...
    »Also haben sie dich gesehen, deine...«
    »Sie waren völlig hysterisch.« Sie stößt ein leises Schnauben aus, fast wie ein Lachen. »Es war komisch... aber auch schrecklich. Seine Eltern waren genauso aufgebracht wie meine. Er sollte Jurist werden.« Sie schüttelt den Kopf. »Er wäre nie Anwalt geworden. Er war das wandelnde Chaos. Er hat die ganze Nacht gemalt

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