Charmant und unwiderstehlich
Mit der Erinnerung an ihre weichen, süßen Lippen schlief er langsam ein.
8. KAPITEL
„Würde es dich stören, wenn ich hier mal ein bisschen sauber mache?“ fragte Brad. Er stand auf der Schwelle ihres Arbeitszimmers und ließ seinen Blick zwischen ihrem Büro und dem Wohnzimmer hin-und herschweifen.
Melissa löste den Blick vom Bildschirm ihres Computers. Insgeheim gestand sie sich ein, dass sie nicht nur einen Onkel für ihr Baby gewonnen hatte. In den letzten beiden Tagen hatte Brad Costain, der international renommierte Anwalt, sich zu einem Doppelgänger von Meister Proper gemausert. Außerdem entpuppte er sich als männliche Version der guten, alten Martha Harris, der Autorin des altmodischen Kochbuchs mit dem wertvollen Ernährungstipps für Schwangere.
Aber bisher hatte er seinen Wirkungskreis wenigstens auf die Küche beschränkt.
Er machte sie schier verrückt!
„Sauber machen? Was gibt es hier sauber zu machen?“ fragte sie.
„Äh…“ Hilflos zuckte er die Schultern. „Ich finde, es ist hier… ein bisschen verstaubt.“
Sie warf einen Blick auf die Uhr. Es war erst zehn Uhr morgens. „Tu dir keinen Zwang an, Meister Proper.“ Achtlos winkte sie ihm zu. „Aber mein Arbeitszimmer und das Wohnzimmer sind bis vier Uhr nachmittags für dich tabu. Abends gehe ich zu einem Meeting, wo ich den Entwurf präsentieren muss. Bis dahin bin ich beschäftigt. Ach ja, ich möchte dich bitten, auf meinem Schreibtisch nichts anzurühren. Für dich ist es wahrscheinlich ein einziges Durcheinander, aber ich weiß genau, wo ich was finde. Mrs. Barkers Mann ist in der Stadt, und ich muss den Entwurf dringend fertig stellen.“
„Aha. Der unerbittliche Mr. Barker.“
„Genau der. Seine arme Frau tut mir wirklich Leid. Sie wusste genau, wie sie sich einrichten wollte. Aber ihr Mann ist vor ein paar Monaten kurz in Italien gewesen.
Er hat den Kopf voll neuer Ideen, aber keinen Schimmer von Inneneinrichtungen.
Jetzt haben sie sich doch auf italienische Innenarchitektur der zwanziger Jahre kapriziert. Das passt perfekt zu ihrem Grundstück und überhaupt zu der Gegend, weil das Land dort seit dem neunzehnten Jahrhundert zum Teil in italienischer Hand ist.“
„Aber jetzt stehst du gewaltig unter Druck, weil du die Präsentation in kürzester Zeit fertig haben musst. Stress pur. In meinem Schwangerschaftsbuch habe ich gelesen, dass…“
Das verdammte Buch, fluchte Melissa innerlich. „Ich weiß, dass ich Stress vermeiden muss“, unterbrach sie ihn ungeduldig. „Ich weiß. Ich weiß auch, dass ich tonnenweise Lebensmittel in mich reinschaufeln soll. Aber ich muss das Geld fürs Essen erst verdienen, bevor ich einkaufen gehen kann, stimmts? Diese Präsentation ist für meine berufliche Zukunft sehr wichtig. Es darf einfach nichts schief gehen. Und jetzt lass mich arbeiten.“
Er nickte ihr zu und verschwand. Eigentlich hatte sie erwartet, dass er geräuschvoll das ganze Haus putzen würde, aber in den nächsten zwei Stunden blieb alles ruhig. Bis Brad wieder an die Tür klopfte.
„Hi, ich bringe dir dein Mittagessen vorbei. Chinesisch. Tut mir Leid, dass es nur vom Imbiss ist, aber ich war gerade unterwegs.“
„Oh, mir ist gar nicht aufgefallen, dass du weggefahren bist. Chinesisch mag ich gern. Obwohl ich selten beim Imbiss einkaufe.“
„Ich habe über etwas nachdenken müssen, was ich gelesen habe. Deshalb bin ich zum Einkaufszentrum nach Waldorf gefahren. Hier. Das habe ich dir mitgebracht.
Ein CD-Player für Ungeborene.“
Melissa traute ihren Ohren kaum. Sie lachte und nahm die Tasche entgegen.
„Komisch. Hast du wirklich CD-Player für Ungeborene gesagt?“
„Ja, habe ich.“ Er nahm die Tasche zurück und zog einen tragbaren CD-Player, einen Kopfhörer und einen breiten Gürtel hervor. „Das hier…“ Er hielt den Gürtel hoch. „… schnallst du dir um die Hüften. Es lässt sich in der Größe verstellen und hat kleine Lautsprecher. Die Kopfhörer sind für dich, damit du das Gleiche hören kannst wie dein Baby. Den CD-Player befestigst du einfach am Gürtel. Angeblich soll klassische Musik das Baby beruhigen und Stress reduzieren. Zu Hause habe ich natürlich eine riesige CD-Sammlung, aber jetzt habe ich dir erst mal Paganini mitgebracht. Versuch es wenigstens. Dann fühlst ich dich nicht gestört, wenn ich hier sauber mache. Ein Versuch kann wirklich nicht schaden.“ Seine Fürsorglichkeit berührte sie sehr, obwohl ihr die Sache ein bisschen verrückt vorkam. Melissa
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