Charmant und unwiderstehlich
er verschlafen. Ausgerechnet heute hatte das Wetter sich gegen ihn verschworen.
In aller Eile zog er sich an, fuhr mit dem Pick-up zu ihr hinüber und hupte ein paar Mal. Dann wartete er ein paar Minuten, aber von Melissa keine Spur.
Besorgt sprang Brad aus dem Wagen und hastete zum Eingang.
Die Tür war wie immer nicht abgeschlossen. Brad fühlte sich gar nicht Wohl bei dem Gedanken, dass sie sich dazu immer noch nicht hatte durchringen können.
Er trat ein. „Melissa!“ rief er. „Alles in Ordnung? Bist du schon aufgestanden?“
„Ich bin hier oben!“ rief sie zurück. „Hoffentlich hast du es ernst gemeint, als du gesagt hast, dass ich mich jederzeit an dich wenden kann, wenn ich Hilfe benötige.“
Voller Entsetzen rannte er die Treppe hinauf in den ersten Stock. Hier oben war er noch nie gewesen. Am oberen Treppenabsatz stoppte er abrupt. Beinahe wäre er über einen Eimer gestolpert, der bis zum Rand mit Wasser gefüllt war. Zwei Flure führten von der Treppe in den vorderen Teil des Hauses zurück, und mehrere Zimmertüren öffneten sich zu beiden Seiten der Flure. Ganz am Ende des linken Ganges schien ein geräumiges Badezimmer zu liegen.
„Der Mülleimer im Bad ist auch voller Wasser“, meinte Melissa, als Brad aus einem der hinteren Zimmer wieder auftauchte. Er blieb wie angewurzelt stehen und starrte sie verwirrt an. Erst als seine Verwirrung sich in Begehren zu verwandeln schien, bemerkte Melissa, dass sie sich nur ein Badelaken um den nackten Körper geschlungen hatte. Sie spürte, dass sie über und über rot wurde.
Schlimmer noch. Seine grauen Augen strahlten eine unglaubliche Hitze aus, aber sie brachte es trotzdem nicht fertig, den Blick von ihm zu lösen.
„Steh nicht so rum“, zischte sie unwirsch, als er sie schließlich anblinzelte. „Das Dach hat mindestens ein Dutzend neuer Lecks. Die Eimer sind so schnell voll gelaufen, dass ich sie gar nicht rechtzeitig ausleeren konnte. Vielleicht hat es sogar reingeregnet.“
Er erwachte wie aus einer Trance und nickte ihr zu. „Den Eimer ausleeren.
Kapiert. Pass du auf dich auf. Du sollst nicht so schwer heben. Ich komme hier schon zurecht.“
Sie eilte in ihr Schlafzimmer und schob die Kleider beiseite, die sie sich für den Arztbesuch rausgelegt hatte. Es kam gar nicht in Frage, Brad mitten im Chaos allein zu lassen. Am Himmel hingen immer noch dicke Regenwolken.
Als sie eine Viertelstunde später die Schlafzimmertür öffnete, stieß sie unvermittelt mit Brad zusammen. Das Wasser aus den Eimern schwappte über, obwohl er versucht hatte, die Eimer in der Balance zu halten.
„Tut mir Leid“, entschuldigte sie sich und starrte auf die Pfütze zu ihren Füßen.
„Was für ein verkorkster Tag.“
Brads Augen funkelten belustigt. „Macht nichts. Ich war sowieso schon ziemlich durchnässt. Natürlich werde ich gleich aufwischen. Fahr du doch allein zu deiner Ärztin, ich halte hier solange die Stellung.“
Das ließ Melissa sich nicht zwei Mal sagen. Es war zwar nur eine Routineuntersuchung, aber der Termin war einfach zu wichtig für sie, um ihn platzen zu lassen.
Sie war länger unterwegs, als sie gedacht hatte. Über eine Stunde lang hatte ihre Ärztin sich um einen Notfall kümmern müssen. Melissa hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie Brad bei diesem Wetter so lange mit ihrem Dach allein lassen musste. Zu Hause angekommen, fuhr sie den Kiesweg schneller als gewöhnlich hinauf und kollidierte fast mit dem Truck der Dachdeckerei, der ihr entgegenkam.
Dann erst entdeckte sie die große hellblaue Plane, die das gesamte Dach abdeckte, und eine kleinere Plane, die über das Verandadach gezogen worden war.
„Du liebe Güte. Das darf nicht wahr sein. Hat er wirklich…?“ Hatte er wirklich keine Sekunde lang darüber nachgedacht, ob sie das durchlöcherte Dach selbst hatte reparieren lassen wollen? Hatte er nicht an das Verhältnis der Kosten zu der denkmalgerechten Wiederherstellung gedacht? Über die Kosten, die auf sie zukamen, wenn sie ihr Geschäft wieder auf die Beine stellen wollte?
Ohne dem strömenden Regen irgendeine Beachtung zu schenken, rannte Melissa ins Haus.
„Was hast du da gemacht?“ fragte sie mit einem dicken Kloß im Hals.
Brad stieg von der Leiter. Der Messingleuchter schimmerte jetzt wieder in sanften Farben. „Mit dem Dach?“ hakte er unschuldig nach. „Ich habe den Dachdecker angerufen. Was hätte ich sonst tun sollen?“
„Du hast keine Ahnung, was mich das kosten wird. Meinst du, ich
Weitere Kostenlose Bücher