Charons Klaue
nicht an den Kriegsherrn weitergegeben hatte.
Erzgo Alegni suchte noch einmal die ganze Höhle ab und musterte die Grüppchen, die an verschiedenen Stellen lauerten. Alle befanden sich auf dieser Seite des dunklen Sees, gegenüber der Mauer von Gauntlgrym.
Der Tiefling leckte über seine Lippen. Der Plan erschien ihm vernünftig, denn selbst wenn die drei über den See kamen – wie sollten sie zur Mauer gelangen, ohne von all den Speeren, Pfeilen und Zaubersprüchen erwischt zu werden, die sie erwarteten? Dennoch machte dieser abwegige Gedanke Alegni zu schaffen. Er hatte die drei schon einmal unterschätzt, mit katastrophalen Folgen.
»Schick noch mehr in die Burg«, verlangte er.
»Wir können den Bereich schon jetzt kaum abdecken«, wandte Effron ein. »Wenn wir die Reihen weiter ausdünnen …«
»Was ist, wenn sie vor uns dort sind oder einen anderen Zugang wählen, den wir nicht gefunden haben? Würden wir sie je finden?«, erwiderte Alegni.
»Wie viele?«, fragte Effron.
»Was ist hinter dieser Tür?«
»Ein großer Audienzsaal mit etlichen Tunneln. Manche führen offenbar ganz hinunter in die Minen, denn sie haben Schienen für die Erzkarren. Einige gehen nach oben. Wir haben sie nicht weiter untersucht.«
»Warum nicht?«, wollte der erboste Tiefling wissen.
»Herr, wir sind noch nicht lange hier.«
Erzgo Alegni funkelte den kleinen Hexer an. Effron hatte natürlich recht, und Alegni musste einräumen, dass es schon beeindruckend war, dass sie diesen Ort überhaupt gefunden und sich so verteilt hatten, dass ein Hinterhalt denkbar war. Das musste er zugeben, aber nicht offen und schon gar nicht vor Effron.
»Von wo werden sie kommen?«
»Es führen mindestens vier Tunnel aus der gegenüberliegenden Wand.«
Alegni riss die Augen auf, holte betont Luft und ballte die Fäuste.
»An jedem Ausgang wartet eine Patrouille«, fügte Effron rasch hinzu, obwohl er vor Alegnis starrem Blick zu schrumpfen schien. »Wir versuchen festzustellen, welcher der Tunnel an die Oberfläche führt.«
»Versuchen?«
Effron schien nicht zu wissen, was er dazu sagen sollte. Er hob flehentlich die gesunde Hand, dann senkte er sie und schüttelte achselzuckend den Kopf.
»Das überrascht mich nicht.« Alegni wandte sich ab. »Und ich habe dein Versagen auf der Brücke von Niewinter nicht vergessen, so viel kann ich dir versichern.«
»Ich habe mit der Katze gekämpft«, erwiderte der Hexer leise, doch ihm versagte dabei fast die Stimme.
»Ich bin es ja gewohnt, dass du mich enttäuschst«, fuhr Alegni fort, ohne auf Effrons Worte zu achten, und ging zum Ausgang. Draußen blieb er stehen und fügte an Effron gewandt hinzu: »Du enttäuschst mich, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«
Effron wich zurück, als Alegni hinausging und ihn somit zum Glück nicht mehr sah. Zum Glück, denn womöglich wäre der Tiefling noch deutlicher geworden, wenn er die Tränen in Effrons eigentümlich ungleichen Augen bemerkt hätte.
Die fünf Shadovar-Jäger bewegten sich mit geübter Präzision in langen Sprüngen durch den von Flechten erhellten Gang. Eine kräftige junge Tiefling-Frau stürmte zum nächsten Vorsprung in der Wand, drückte sich dagegen und spähte vorsichtig um die Ecke. Dann hielt sie die Finger hoch und gab den anderen ein Zeichen: eins, zwei, drei.
Zingrawf Bourdadine, ein bulliger Mann und erfahrener Kämpfer, glitt lautlos an ihr vorbei, dicht gefolgt von einem Zauberer und einem Halbling-Schattenkämpfer. Als alle ihre neue Position erreicht hatten, gaben sie der Jägerin ein Signal, die den vierten Finger hob, um der Letzten aus der Gruppe, einer weiteren Tiefling-Kämpferin, den Weg freizugeben.
Die Jägerin lehnte sich etwas weiter vor und wartete darauf, dass ihre Begleiter sie wieder nach vorne riefen. Sie waren jedoch noch nicht so weit, denn die Hinterste hatte eben erst ihren Platz erreicht. Jetzt richtete die Jägerin sich wieder auf, holte tief Luft und bereitete sich auf den nächsten Lauf vor.
Erst als sie den Kopf nach hinten drehte, fiel ihr auf, dass hier etwas nicht stimmte. Das hier war nicht nur ein Vorsprung, sondern dahinter lag eine Nische, die sie nicht richtig bemerkt hatte, weil sie … besetzt war.
Eine Hand griff zu und legte sich über ihren Mund. Es folgte eine zweite mit einem Messer, das augenblicklich an ihrer Kehle lag.
Artemis Entreri zwang sie lautlos zu Boden.
Alfwin, der Zauberer, duckte sich tiefer und spähte angestrengt nach vorn. Er verfluchte das
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