Charons Klaue
Angriffspunkte, doch da blitzte ein Silberstreifen über dessen Schulter auf, vor dem Entreri sich wegducken musste.
Er wollte Drizzt zurufen, er solle aufhören, aber schon krachte der nächste Blitzpfeil ins Gestein und überzog Entreri und den Tiefling mit Funken. Erschrocken warf sich Entreri zur anderen Seite, obwohl er dort der schweren Axt des Tieflings ausgeliefert war.
Sein Gegner schien allerdings kein Interesse mehr an ihm zu haben. Er wankte nach vorn, drehte sich dabei zur Seite, und Entreri sah das rauchende Loch in seinem Rücken, wo ein Pfeil ihn getroffen hatte.
Aus der Kugel der Dunkelheit kam nun der andere Krieger, der rückwärtslief und die Arme erhob, um sich zu ergeben.
Ein Blitzpfeil schoss glatt durch ihn hindurch und blieb in der Brust des Tieflings stecken.
Drizzts rechte Hand beschrieb einen nahezu perfekten Kreis, als er über die Schulter langte, den nächsten Pfeil aus seinem Zauberköcher erhielt, ihn an die Sehne legte, den Bogen spannte und schoss, nur um die Bewegungsabfolge sogleich zu wiederholen.
Die Pfeile flogen ohne Unterlass, wobei Drizzt den Bogen von links nach rechts und wieder zurück schwenkte und mal tief, mal hoch schoss.
Einmal warf er Dahlia einen Blick zu, die auf dem Krieger hockte, den sie getötet hatte.
Da ging ihm ein Bild von Dahlia durch den Kopf, wie sie sich mit Artemis Entreri niederlegte, ihre Glieder um die von Entreri schlang, sich leidenschaftlich mit ihm vereinigte.
Drizzts Gesicht, das bis dahin so ruhig und entschlossen gewesen war, verzog sich vor Ärger, und er trat vor.
»Der ist erledigt«, hörte er Dahlia sagen, feuerte jedoch weiter.
Die Elfe wollte ihn festhalten, aber Drizzt schob sich an ihr vorbei und erhöhte sein Tempo. Seine Pfeile schlugen auf beiden Seiten und an der Decke ins Gestein.
»Er ist erledigt!«, beharrte Dahlia, doch ihr ging es um den Zauberer, und Drizzt zielte nicht auf diesen, sondern auf die anderen Shadovar hinter der Kugel der Finsternis und den Begleiter, von dem er wusste, dass er dort war.
Im Gang brach ein heftiges Gewitter los. Der Fels rauchte und riss auf, und die Luft knisterte vor Energie.
Irgendwie konnte der Tiefling-Krieger sich auf den Beinen halten, doch wahrscheinlich lag das nur noch daran, dass er einen Treffer nach dem anderen einsteckte. Er konnte nicht einmal mehr bei Bewusstsein sein.
An der Wand rief Entreri Drizzt zu aufzuhören, aber seine Worte gingen im Getöse des Pfeilhagels unter.
Unmittelbar vor ihm schlug ein Pfeil in die Felswand ein, dass die Splitter Entreri ins Gesicht flogen. Er rollte sich von der Wand weg, stellte dem Tiefling ein Bein und warf sich flach auf den Boden, wobei er in Kauf nahm, dass der schwere Mann auf ihm landete.
Aber konnte ihn dieser Körper vor einem Schuss des vernichtenden Bogens retten?
»Stark verzaubert«, warnte Glorfathel, als Ambergris sich auf den prachtvollen, juwelenbesetzten Thron auf dem gefliesten Steinpodest zuschob.
»Dann mach ein paar Schutzzauber«, sagte Afafrenfere mit gierigem Blick auf die kostbaren Steine.
Glorfathel lachte nur. »Kein Zauberer, ob aus dem Schattenreich oder aus Toril, würde sich erdreisten, diesen Thron anzurühren. In ihm schwingt die Macht …«
»… der Zwergengötter«, beendete Ambergris seinen Satz, denn sie stand bereits dicht vor dem Thron. Sie sah die Grabhügel dahinter, die so dicht bei einem Thron in der Mitte des Audienzsaals einen merkwürdigen Anblick boten. Wer hatte sie hier aufgeschichtet? Zwei der Steinhügel waren größer als die anderen, und als sie sich auf den größten konzentrierte, fiel ihr noch etwas auf: Sie waren neu. Vielleicht nicht aus dem letzten Zehntag, aber die Gräber waren nicht annähernd so alt wie alles andere in dieser unterirdischen Stadt.
»Was für Geheimnisse bewahrst du hier, Clangeddin?«, fragte sie leise. »Und welche Kräfte, oh mächtiger Moradin?« Zaghaft streckte sie die Hand aus.
»Untersteh dich«, warnte der Elf, und Afafrenfere schluckte.
Ambergris erstarrte, sobald ihre dicken Finger den polierten Arm des Throns berührten. Es war wie ein Energiestoß, der ihr den Rücken herunterlief. Sie sog abrupt die Luft ein und blieb unter den ungläubigen Blicken der anderen lange so stehen.
Sie begriffen nicht einmal annähernd, welche Macht gerade durch die Zwergin lief. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf den letzten Anhänger der Zwergengötter, der diesen Thron berührt hatte, und sah ihn dann in aller Deutlichkeit darauf sitzen.
Weitere Kostenlose Bücher