Chasm City
Männer und Frauen, die sterben mussten, weil irgendein unerforschlicher höherer Plan es so vorsah. Ich hatte mich immer bemüht, sie so schnell und schmerzlos aus dem Leben zu befördern, wie meine Fähigkeiten es erlaubten, obwohl das meine Schuld nicht geringer machte. Und ich war – damals – der Ansicht gewesen, auch Reivich hätte diese Gnade verdient.
Heute in Chasm City dachte ich darüber ganz anders.
»Keine Sorge, Tanner. Es wird ein schöner, schneller Tod. Eine klinisch saubere Sache.«
»Gut. Ich stelle mir mein Team natürlich selbst zusammen. Ist Vicuna auch mit von der Partie?«
»Natürlich.«
»Dann brauchen wir zwei Zelte. Ich setze mich mit dem Vampir nicht an einen Tisch, auch wenn er noch so gut mit Schlangen umgehen kann.«
»Wir werden mehr als zwei Zelte brauchen, Tanner. Dieterling kommt natürlich auch mit – er kennt sich besser mit Schlangen aus als irgendjemand sonst –, und ich will Gitta dabei haben.«
»Dazu möchte ich eines klar stellen«, sagte ich. »Ein Ausflug in den Dschungel ist immer mit Risiken verbunden. Sobald Gitta das Reptilienhaus verlässt, ist sie in größerer Gefahr, als wenn sie hier bliebe. Wir wissen, dass einige unserer Feinde uns genauestens beobachten, und wir wissen, dass es im Dschungel Kreaturen gibt, denen man besser aus dem Weg geht.« Ich hielt inne. »Ich will die Verantwortung nicht abwälzen, aber ich möchte Ihnen ganz deutlich sagen, dass ich auf einer solchen Expedition nicht für die Sicherheit aller Beteiligten garantieren kann. Ich kann nur mein Bestes tun – aber mein Bestes ist vielleicht nicht gut genug.«
Er klopfte mir auf die Schulter. »Wenn Sie Ihr Bestes tun, dann wird das gut genug sein, Tanner. Sie haben mich noch nie enttäuscht.«
»Einmal ist immer das erste Mal«, gab ich zurück.
Unser kleiner Jagdkonvoi bestand aus drei gepanzerten Bodeneffekt-Fahrzeugen. Cahuella, Gitta und ich fuhren mit Dieterling im vordersten Wagen. Dieterling hatte die Hände am Steuerknüppel und lotste uns geschickt über die zugewachsene Piste. Er kannte das Gelände und war Spezialist für Hamadryaden. Der Gedanke, dass auch er jetzt tot war, schmerzte noch immer.
Hinter uns fuhren Vicuna und drei weitere Sicherheitsleute im zweiten Fahrzeug: Letelier, Orsono und Schmidt hatten Erfahrung mit der Arbeit in der Wildnis. Das dritte Fahrzeug beförderte die schweren Waffen – darunter die Harpunengewehre des Vampirs – zusammen mit der Munition, der Reiseapotheke, den Lebensmittel- und Wasservorräten und unseren zusammengefalteten aufblasbaren Zelten. Gesteuert wurde es von einem von Cahuellas alten Verwaltern, während Rodriguez vom Rücksitz aus die Piste beobachtete, falls jemand versuchen sollte, uns von hinten anzugreifen.
Der Bildschirm am Armaturenbrett zeigte, in Rasterquadrate unterteilt, eine Karte der Halbinsel. Ein blinkender blauer Punkt markierte unsere jeweilige Position. Etliche Hundert Kilometer weiter nördlich, auf einem Weg, der sich früher oder später mit dem unseren vereinen würde, blinkte ein roter Punkt, der jeden Tag etwas weiter nach Süden rückte. Das waren Reivich und seine Leute; sie glaubten sich unbemerkt, aber Orcagna konnte die Signaturen ihrer Waffen verfolgen, und das verriet sie. Sie legten pro Tag fünfzig bis sechzig Kilometer zurück, mehr war im Dschungel eigentlich nicht zu schaffen. Unser Plan sah vor, eine Tagesreise südlich von Reivich ein Lager aufzuschlagen.
Zunächst durchquerten wir den südlichen Teil des Hamadryaden-Gebiets. Cahuellas Augen blitzten vor Erregung, er spähte angestrengt in den Dschungel hinein, um sich nur ja nichts entgehen zu lassen, was groß und langsam war. Präadulte Hamadryaden bewegten sich so schwerfällig – und waren so unangreifbar für alle natürlichen Feinde –, dass sie niemals einen Fluchtreflex entwickelt hatten. Das Einzige, was eine Hamadryade in Gang bringen konnte, war der Hunger oder der durch ihren Fortpflanzungszyklus bedingte Wandertrieb. Vicuna sagte, die Tiere hätten nicht einmal das, was wir unter einem Überlebensinstinkt verstünden. Den brauchten sie auch etwa so dringend wie ein Gletscher.
»Da ist ein Ham-Baum«, sagte Dieterling gegen Abend. »Sieht nach einer Neuverschmelzung aus.« Er deutete in die tiefe Finsternis seitlich der Piste. Ich hatte gute Augen, aber Dieterlings Sehvermögen musste geradezu übermenschlich sein.
»Du meine Güte…«, sagte Gitta, die sich eine Bildverstärkerbrille im Tarnmuster
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