Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
mich erregt. »Verglichen mit der Seuche kommt uns Ihr Krieg hier bizarr vor. Für uns war der Feind die eigene Stadt, der eigene Körper.«
    Ich nahm ihre Hand und drückte sie gegen meine Brust.
    »Wer sind Sie, Zebra? Und warum wollen Sie mir wirklich helfen?«
    »Ich dachte, das hätten wir schon vergangene Nacht geklärt.«
    »Ich weiß, aber…« Meiner Stimme fehlte die ehrliche Überzeugung. »Sie sind immer noch hinter mir her, nicht wahr? Die Jagd ist nicht zu Ende, nur weil Sie mich mit in den Baldachin genommen haben.«
    »So lange Sie hier bleiben, sind Sie in Sicherheit. Meine Räume sind elektronisch abgeschirmt, man kann also Ihr Implantat nicht orten. Außerdem ist der Baldachin für das Große Spiel gesperrt. Die Spieler wollen nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich lenken.«
    »Heißt das, ich muss für den Rest meines Lebens hier bleiben?«
    »Nein, Tanner. Nur für die nächsten zwei Tage, dann sind Sie außer Gefahr.« Sie zog ihre Hand zurück und strich mir über den Kopf, bis sie die Beule fand, unter der das Implantat saß. »Das Ding, das Waverly Ihnen eingesetzt hat, ist so eingestellt, dass es nach zweiundfünfzig Stunden zu senden aufhört. Auch das gehört zum Spiel.«
    »Zweiundfünfzig Stunden? Ist das eine von den Regeln, die Waverly erwähnte?«
    Zebra nickte. »Sie haben natürlich mit verschiedenen Zeiträumen experimentiert.«
    Zwei Tage waren zu lang. Die Reivich-Fährte war ohnehin schon kalt, wenn ich noch weitere zwei Tage wartete, hätte ich gar keine Chance mehr.
    »Warum spielen sie überhaupt?«, fragte ich und war gespannt, ob ihre Antwort sich mit dem decken würde, was Juan, der Rikscha-Fahrer, mir erzählt hatte.
    »Aus Langeweile«, sagte Zebra. »Viele von uns hier sind postmortal. Selbst jetzt nach der Seuche ist der Tod für die meisten von uns nur eine geringe Sorge. Nicht mehr so fern vielleicht wie noch vor sieben Jahren, aber nach wie vor nicht die treibende Kraft, wie er es für Sterbliche wie Sie sein muss. Dieses fast unhörbare Stimmchen, das einen drängt, dieses oder jenes zu tun, weil es morgen schon zu spät sein könnte… für uns ist es einfach nicht vorhanden. Yellowstones Gesellschaft hatte sich zweihundert Jahre lang kaum verändert. Wozu schon morgen ein großes Kunstwerk schaffen, wenn man mit fünfzig Jahren Planung etwas viel Besseres zuwege bringen kann?«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Jedenfalls teilweise. Aber jetzt müsste doch alles anders sein. Sind denn durch die Seuche nicht viele von Ihnen wieder sterblich geworden? Ich dachte, sie hätte an den Therapien herumgepfuscht; die Maschinen in Ihren Zellen gestört?«
    »Das schon. Wir mussten den Nanomaschinen den Befehl geben, sich aufzulösen, zu harmlosem Staub zu zerfallen, sonst hätten sie uns getötet. Und damit nicht genug. Selbst gentechnische Verfahren waren schwierig durchzuführen, weil sie bei der Überwachung der reversen Transkription zur Reparatur von DNA-Schäden so stark von Nanomaschinen abhängig waren. So ziemlich die Einzigen, die hier keine Schwierigkeiten hatten, waren diejenigen, die von ihren Eltern das Gen für extreme Langlebigkeit geerbt hatten, aber die waren schon immer in der Minderheit.«
    »Trotzdem mussten nicht alle auf Unsterblichkeit verzichten.«
    »Nein, natürlich nicht…« Sie hielt inne, als wollte sie ihre Gedanken ordnen. »Die Hermetiker, Sie haben sie sicher gesehen – nun, sie tragen noch immer Maschinen in sich, die laufend alle Zellschäden reparieren. Aber der Preis dafür ist hoch. Sie können sich in der Stadt nicht frei bewegen. Sobald sie ihre Palankine verlassen, können sie sich nur in wenigen Bereichen aufhalten, die garantiert frei sind von Sporenresten, und selbst dann besteht noch ein geringes Risiko.«
    Ich sah Zebra prüfend an. »Aber Sie sind keine Hermetikerin. Sind Sie nicht mehr unsterblich?«
    »Nein, Tanner… so einfach ist die Sache nun wirklich nicht.«
    »Was dann?«
    »Nach der Seuche haben einige von uns ein neues Verfahren entdeckt. Es gab uns die Möglichkeit, die Maschinen zu behalten – jedenfalls die meisten – und dennoch ohne weiteren Schutz durch die Stadt zu gehen. Es ist eine medizinische Behandlung; ein Medikament. Es wirkt sehr vielfältig, aber niemand weiß, wodurch; jedenfalls schützt es entweder die Nanomaschinen vor der Seuche, oder es greift die Seuchensporen an, die in unseren Körper gelangen.«
    »Diese Behandlung… wie sieht sie aus?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie das wirklich wissen

Weitere Kostenlose Bücher