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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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– Informationen ganz allgemeiner Art, die Sie mir gefahrlos geben können – und dann möchte ich, dass Sie mich irgendwo im Baldachin absetzen.«
    »Ich traue Ihnen nicht.«
    »Natürlich nicht. An Ihrer Stelle würde ich das auch nicht tun. Und ich verlange es auch von Ihnen nicht. Ich habe nicht vor, Sie in eine Lage bringen, in der Sie mir in irgendeiner Weise vertrauen müssten. Ich richte nur eine Waffe auf ihren Kopf und gebe Ihnen Befehle.« Ich befeuchtete mit der Zunge meine trockenen Lippen. »Entweder tun Sie, was ich Ihnen sage, oder ich dekoriere das Innere dieser Gondel mit Ihrem Schädelinhalt. Die Entscheidung kann doch wohl so schwierig nicht sein?«
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Erzählen Sie mir etwas über das Große Spiel, Chanterelle. Ich kenne Waverlys Seite, und was er dazu sagte, klang sehr vernünftig, aber ich möchte das ganze Bild bekommen. Dabei können Sie mir doch sicher behilflich sein?«
    Und Chanterelle redete wie ein Wasserfall. Zum Teil schrieb ich das der natürlichen Hilfsbereitschaft zu, die jeden Menschen überfällt, dem man eine Pistole an den Kopf hält. Viel wichtiger war aber wohl, dass sie ihre eigene Stimme so gerne hörte. Und das konnte ich ihr nicht einmal verdenken. Es war eine sehr hübsche Stimme, und sie kam aus einem reizenden Köpfchen.
    Sie gehörte zur Familie Sammartini, und das war, wie ich erfuhr, vor der Seuche einer der einflussreichsten Clans in Yellowstones Machtgefüge gewesen. Der Name reichte zurück bis in die Amerikano-Ära. Familien, die ihren Stammbaum so weit zurückverfolgen konnten, waren hoch angesehen; sie waren die Königlichen Hoheiten in der dünnen Luft der Belle Epoche- Gesellschaft.
    Die Sammartinis standen in enger Verbindung zu den Sylvestes, dem berühmtesten Clan von allen. Sybilline erzählte mir auch von Calvin, dem Mann, der die vergessene und verrufene Technik des Neuralscans wiederbelebt hatte, mit der sich lebende Persönlichkeiten – leider um den Preis ihres Lebens – zu unsterblichen Computersimulationen ihrer selbst verarbeiten lassen konnten.
    Dass der Körper beim Scannen zerstört wurde, hatte die Transmigranten natürlich nicht weiter gekümmert. Als allerdings auch die Simulationen zusammenbrachen, war man nicht mehr so erfreut. Die erste Welle bestand aus neunundsiebzig Transmigranten – achtzig, wenn man Calvin selbst mit einrechnete –, und als die Schmelzseuche die Logik-Substrate angriff, auf denen sie basierten, lief die Mehrzahl der Simulationen längst nicht mehr. Zum Gedenken an die Toten hatte man im Zentrum der Stadt das riesige, düstere Denkmal für die Achtzig errichtet, wo diejenigen Verwandten, die noch im Physischen verhaftet waren, die Schreine der teuren Verschiedenen schmücken konnten. Das Denkmal war auch nach der Seuche noch da.
    Chanterelle Sammartinis Familie war unter denen, an die im Denkmal erinnert wurde. »Aber wir hatten Glück«, sagte sie fast im Plauderton. »Die Sammartini-Scans waren unter den fünf Prozent, die nicht versagten, und weil meine Großmutter und mein Großvater bereits Kinder gehabt hatten, bestand die Linie auch physisch weiter.«
    Ich hatte Mühe, die Zusammenhänge zu begreifen. Ihre Familie hatte sich gespalten – ein Ast pflanzte sich über Simulationen fort, der andere in der Aktualität, wie wir es lachend nannten. Für Chanterelle Sammartini war das so normal, als hätten ihre Verwandten im Ausland oder in einem anderen Teil des Systems gelebt. »Da das Verfahren nicht geächtet wurde«, sagte sie, »übernahm unsere Familie die Förderung der entsprechenden Forschungen und machte da weiter, wo Calvin aufgehört hatte. Die Verbindung zum Haus Sylveste war immer eng gewesen, wir hatten Zugriff auf die meisten von Calvins Erkenntnissen, und so kam es sehr schnell zu bahnbrechenden Erfolgen. Neuen Scanning-Verfahren, die nicht tödlich waren.« Ihre Stimme veränderte sich, nun quengelte sie wie ein Kind. »Warum wollen Sie das eigentlich wissen? Wenn Sie kein Mulcher sind, müssen Sie zum Baldachin gehören, und dann ist Ihnen alles, was ich Ihnen erzähle, doch längst bekannt.«
    »Warum glauben Sie, dass ich kein Mulcher bin?«
    »Sie sind schlau oder zumindest nicht rettungslos verblödet. Das ist übrigens kein Kompliment. Nur eine Feststellung.«
    Die Vorstellung, ich könnte von außerhalb des Systems kommen, war für Chanterelle offenbar so abwegig, dass sie ihr gar nicht in den Sinn kam.
    »Tun Sie mir doch einfach den Gefallen. Haben Sie

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