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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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er erwartet hätte.
    »Da vorne ist etwas«, sagte Gomez und wies mit dem Finger auf die Stelle. »Seht ihr? Es versteckt sich hinter der Kommandosphäre. Scheint nicht zum Schiff zu gehören.«
    »Ein anderes Schiff«, sagte Sky.
    Sie tasteten sich näher heran und suchten die schwarze Masse nervös mit ihren Scheinwerfern ab. Im ›Fleisch‹ des Rumpfes, fast schon vergraben unter den blasigen Wucherungen, steckte ein sehr viel kleineres, intaktes Raumschiff. Es war genau so groß wie ihr Shuttle – hatte sogar die gleiche Grundform. Nur die Markierungen und einige Kleinigkeiten waren anders.
    »Verdammt. Jemand ist uns zuvorgekommen«, sagte Gomez.
    »Möglich«, sagte Sky. »Aber das kann schon Jahrzehnte her sein.«
    Sie krochen näher an das andere Shuttle heran. Jetzt witterten sie eine Falle, aber das kleine Schiff sah ebenso tot aus wie das große Raumschiff daneben. Es war an der Caleuche vertäut – mit drei Leinen mit penetrierenden Greifhaken, die man in den Rumpf geschossen hatte. Solche Haltevorrichtungen gehörten zur Standardausrüstung eines Shuttles, aber Sky hätte nie gedacht, dass jemand sie auf diese Weise einsetzen würde. Auf der anderen Seite der Caleuche gab es intakte Andockluken – warum hatte das Shuttle die nicht benützt?
    »Bring uns schön langsam näher heran«, sagte Gomez.
    »Das tue ich doch!« Aber es war viel schwieriger, an dem verlassenen Shuttle anzudocken, als es aussah, denn sie wurden immer wieder von den eigenen Schubdüsen weggeblasen. Als die beiden Schiffe endlich zusammenkamen, war der Stoß um einiges heftiger, als Sky lieb sein konnte. Aber die Dichtungen hielten, und er konnte einen Teil ihrer Energie in das andere Schiff umleiten und dessen Systeme hochfahren. Sie waren wohl nur inaktiv gewesen. Es ging ihm fast zu einfach, aber die Shuttles waren von jeher so gebaut, dass sie mit allen Andocksystemen auf allen Schiffen kompatibel waren.
    Flackernd gingen die Lichter an, und die Luftschleuse glich den Druck zu beiden Seiten der Türen aus.
    Die drei Männer stiegen in ihre Raumanzüge und schnallten sich die Sensor- und Funkausrüstung um, die sie speziell für diese Expedition mitgenommen hatten. Dann nahm jeder eines von den Maschinengewehren mit Scheinwerfer an sich, die Sky der Sicherheitswache entwendet hatte. Sky übernahm die Führung. Sie schwebten durch den Verbindungstunnel und betraten eine gut beleuchtete Shuttle-Kabine, die dem Raum, den sie eben verlassen hatten, auf den ersten Blick sehr ähnlich war. Weder Spinnweben noch Staubwolken verrieten, wie lange das Shuttle schon leer stand. Sogar einige Statusanzeigen hatten sich eingeschaltet.
    Doch hier fanden sie eine Leiche.
    Sie trug einen Raumanzug und war ohne Zweifel schon lange tot – obwohl keiner von den dreien den grinsenden Totenschädel hinter der Sichtscheibe länger als nötig begutachten wollte. Der Mann schien freilich keines gewaltsamen Todes gestorben zu sein. Er saß in entspannter Haltung im Pilotensessel, die Arme im Raumanzug hingen locker herab, die Finger in den Handschuhen waren im Schoß gefaltet wie zu einem stummen Gebet.
    »Oliveira«, las Gomez von einem Schild am Helm ab. »Ein portugiesischer Name. Er muss von der Brasilia gekommen sein.«
    »Warum ist er hier gestorben?«, fragte Norquinco. »Er hatte doch noch Energie? Er hätte nach Hause fliegen können.«
    »Nicht unbedingt.« Sky deutete auf eine der Statusanzeigen. »Energie hatte er vielleicht, aber sicher keinen Treibstoff. Er hatte es auf dem Weg hierher wohl so eilig, dass er alles verbraucht hat.«
    »Na und? Im Innern der Caleuche müssten sich doch noch Dutzende von Shuttles befinden. Warum hat er das hier nicht zurückgelassen und ist mit einem anderen geflogen?«
    Schritt für Schritt erstellten sie eine Arbeitshypothese, um die Gegenwart des Toten zu erklären. Niemand hatte je von Oliveira gehört, aber er stammte schließlich von einem anderen Schiff und war sicher schon seit vielen Jahren verschollen.
    Auch Oliveira musste von der Caleuche erfahren haben; vielleicht auf die gleiche Weise wie Sky: durch Gerüchte, die sich mit der Zeit so weit verdichteten, dass sie zu Tatsachen wurden. Wie Sky hatte er beschlossen, das Gespensterschiff anzufliegen und nachzusehen, was es dort zu holen gab. Vielleicht versprach er sich satte Gewinne für seine Mannschaft oder – nicht auszuschließen – für sich persönlich. Also hatte er ein Shuttle genommen, vermutlich heimlich, aber er war ohne Rücksicht

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