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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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riechenden Dunst erfüllt, dass man kaum die gegenüberliegende Wand erkennen konnte. Fauliggelbes Licht erhellte den Raum, und auf dem Boden stand ein großer roter See, der viele Meter tief zu sein schien. Darin schwammen, die meisten fast völlig untergetaucht, Dutzende von Maden. Viele unterschieden sich in Größe und Form von der einen, die Sky und Norquinco bisher gesehen hatten. Einige waren größer als ein Mann, und ihre Endfühler hatten speziell geformte Anhängsel, vielleicht sogar Sinnesorgane. Besonders auffallend war eine Made, die an einem Stiel ein einziges, nahezu menschliches Auge hatte, mit dem sie zu den beiden aufschaute. Doch die bei weitem größte Made saß in der Mitte des Sees, ihr blassrosa Körper ragte meterhoch aus dem Wasser, sie war fast dreißig Meter lang. Jetzt wandte sie ihnen ein Körperende zu und ein Fühlerkrönchen wedelte durch die Luft wie ein Büschel Farne.
    Unter den Farnen saß ein Mund; lächerlich klein für eine Made dieser Größe. Er war menschlich geformt und rot gesäumt, und als er nun – mit einer gewaltigen, dröhnenden Stimme – zu sprechen anfing, produzierte er menschliche Laute.
    »Hallo«, sagte die Made. »Ich bin Lago.«
 
    Ich hielt die Ampulle kurz ins Licht, dann schob ich sie in die Waffe. So wie die rote Flüssigkeit funkelte, wie sie sich zuerst zäh und träge und gleich darauf mit rasender Geschwindigkeit bewegte – erinnerte sie mich nur allzu sehr an den roten See im Herzen der Caleuche. Aber die Caleuche hatte es doch niemals gegeben? Nur ein viel unheimlicheres Gebilde, an dem sich der Mythos des Gespensterschiffes festgesaugt hatte wie ein Parasit. War diese Sky-Erinnerung nicht immer im Hintergrund meines Bewusstseins gewesen? War mir das Traumfeuer nicht vom ersten Moment an bekannt vorgekommen?
    Der rote See enthielt genug von dem Stoff, um darin zu ertrinken.
    Ich drückte mir die Hochzeitswaffe gegen den Hals und schoss mir das Feuer in die Schlagader. Es ließ mir weder das Blut zu Kopf steigen, noch rief es Halluzinationen hervor. Es war keine Droge im eigentlichen Sinn, denn es wirkte auf das ganze Gehirn, nicht nur auf einzelne Bereiche. Es versuchte nur, den Zellverfall aufzuhalten und neuere Schäden zu reparieren; Erinnerungen ins Bewusstsein zurückzuholen und Verbindungen zu flicken, die noch nicht allzu lange zerrissen waren. Dazu griff es, bildlich gesprochen, auf eine Karte der jüngsten Vergangenheit zurück, als bewahrte der Körper ein Feld, das sich langsamer veränderte als die Zellstrukturen selbst. Deshalb konnte das Feuer ebenso leicht Verletzungen heilen wie Erinnerungen wiederherstellen, ohne dass die Droge selbst etwas von Physiologie oder Neuro-Anatomie verstanden hätte.
    »Erstklassiger Stoff«, sagte Ratko. »Für mich immer nur das Beste, Mann.«
    »Soll das heißen, nicht alles, was hier rauskommt, ist so gut?«, fragte Zebra.
    »He, wie gesagt. Das musst du Gideon fragen.«
    Ratko führte uns durch eine Reihe von provisorischen Tunneln mit vielen Kurven. Sie waren beleuchtet und hatten einen rudimentären Fußboden, aber Wände und Decke bestanden aus gewachsenem Fels, als hätte man den ganzen Komplex seitlich in den Abgrund hinein gebohrt.
    »Man hört immer wieder Gerüchte«, sagte ich. »Über Gideons Gesundheitszustand. Manche Leute glauben, er lässt nur deshalb zu, dass das billige Zeug unters Volk gebracht wird, weil er zu krank ist, um sich um seine Nachschublinien zu kümmern.«
    Hoffentlich hatte ich damit nicht verraten, dass ich von den Verhältnissen nicht die leiseste Ahnung hatte. Aber Ratko bemerkte nur: »Gideon produziert weiter. Das ist im Moment alles, was zählt.«
    »Aber wenn ich ihn sehe, weiß ich Bescheid?«
    »Ein schöner Anblick ist er nicht. Das ist dir hoffentlich klar.«
    Ich lächelte. »Man hört so Verschiedenes.«

Sechsunddreißig
    Während uns Ratko zu Gideon führte, ließ ich die nächste Episode zu. So empfand ich es inzwischen: es lag bei mir, wann es passierte, ich entschied, wann ich dreihundert Jahre alte Erinnerungen durchwühlen, sie in eine Art von chronologischer Ordnung bringen und dann den nächsten Schwung über mich hereinbrechen lassen wollte. Nichts war mir mehr erschütternd fremd. Es war eher, als wüsste ich so ungefähr, was passieren würde, hätte nur in letzter Zeit nicht mehr darüber nachgedacht, etwa wie ein Buch, in dem mich nichts mehr überraschen konnte, obwohl ich lange nicht darin gelesen hatte.
    Sky und Norquinco verließen den

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