Chasm City
doch die Bahnen fuhren nicht näher an die Kojen heran. Nahezu alle Geräte und Versorgungsgüter mussten hier ausgeladen und von Hand über Leiterschächte und durch gewundene Kriechgänge weiter befördert werden. Frachtaufzüge und Transportroboter waren zwar vorhanden, wurden aber nur selten benutzt. Besonders die Roboter funktionierten nur dann zuverlässig, wenn sie mit viel Aufwand programmiert und ständig gewartet wurden, und man musste ihnen selbst die einfachsten Arbeiten so geduldig erklären wie begriffsstutzigen Kindern. Normalerweise ging es schneller, wenn man die Sache gleich selbst erledigte. Deshalb lehnten auch so viele Techniker gelangweilt an den Paletten, rauchten selbst gedrehte Zigaretten und kritzelten mit ihren Schreibstiften auf den Clipboards herum, als wären sie halbwegs beschäftigt, obwohl in Wirklichkeit nichts passierte. Fast alle Techniker trugen blaue Monteuranzüge mit Emblemen der jeweiligen Abteilungen, aber in den meisten der Overalls klafften Risse oder Schlitze, die den Blick auf primitive Tätowierungen frei gaben. Sky kannte die Männer natürlich alle vom Sehen – auf einem Schiff mit nur einhundertfünfzig wachen Menschen war es schwierig, jemanden nicht zu kennen. Aber er hatte nur eine ungefähre Vorstellung, wie sie hießen, und wie sie lebten, wenn sie nicht arbeiteten, war ihm so gut wie unbekannt. Wenn sie nicht im Dienst waren, hielten sie sich meist in gesonderten Bereichen der Santiago auf, sie verkehrten auch meistens mit ihresgleichen, das ging so weit, dass sie auch nur untereinander Nachkommen zeugten. Sie hatten sogar eine eigene Sprache, einen sorgsam gehüteten Geheimjargon.
Doch diesmal war alles etwas anders.
Niemand hing untätig herum oder gab sich den Anschein, beschäftigt zu sein. Tatsächlich waren nur sehr wenige Techniker im Raum, und die wirkten so angespannt, als warteten sie auf eine Alarmsirene.
»Was ist denn los?«, fragte Sky.
Der Mann, der daraufhin vorsichtig hinter dem nächsten Palettenstapel hervortrat und kurz die Chromschulter eines zusammengekauerten Transportroboters berührte, als suche er eine Stütze, war kein Techniker. Schweißtropfen glitzerten auf seiner Stirn.
»Dad?«, fragte Sky. »Was machst du hier?«
»Das könnte ich auch dich fragen, oder bist du auf einem – von deinen Einsätzen?«
»Selbstverständlich. Hatte ich dir nicht gesagt, dass wir hin und wieder die Züge begleiten?«
Titus sah ihn zerstreut an. »Ja… ja, sicher. Ich hatte es nur wieder vergessen. Sky, sei doch bitte so gut und hilf diesen Männern beim Abladen, und dann verschwinde mit deinen Freunden.«
Sky sah seinen Vater an. »Ich verstehe nicht.«
»Tu einfach, was ich dir sage!« Titus Haussmann wandte sich dem nächststehenden Techniker zu, einem bärtigen Mann, der seine schenkeldicken Arme mit den grotesk schwellenden Muskeln vor der Brust verschränkt hatte. »Für Sie und Ihre Männer gilt das Gleiche, Xavier. Bringen Sie alle, die entbehrlich sind, von hier weg ans obere Ende der Säule. Und wenn wir schon dabei sind, ich möchte auch, dass der Triebwerksbereich evakuiert wird.« Er schob seinen Ärmel hoch und flüsterte einen Befehl in sein Armband. Eine Empfehlung, um genau zu sein, dachte Sky, aber der Alte Balcazar würde einen Rat von Titus Haussmann niemals in den Wind schlagen. Dann wandte er sich wieder seinem Sohn zu und blinzelte überrascht, als er sah, dass der immer noch da war. »Sagte ich nicht, du sollst dich beeilen? Das war kein Scherz.«
Norquinco und Gomez gingen mit zwei Technikern zum Zug zurück, öffneten einen der Frachtwaggons und machten sich an die Knochenarbeit des Ausladens. Jede Kiste wurde von Hand zu Hand weitergereicht und, nachdem sie die Ladebucht verlassen hatte, vermutlich über mehrere Etagen zu den Schläferkojen hinuntergelassen.
»Dad«, fragte Sky. »Was ist los?«
Er war auf einen Rüffel gefasst, aber Titus schüttelte nur den Kopf. »Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber mit einem unserer Passagiere stimmt etwas nicht – und das beunruhigt mich ein wenig.«
»Was meinst du, etwas stimmt nicht?«
»Eine von den verdammten Momios wacht gerade auf.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das dürfte eigentlich nicht passieren. Ich war soeben unten in der Koje, aber ich verstehe es immer noch nicht. Aber es macht mir Sorgen. Und deshalb möchte ich, dass der Bereich geräumt wird.«
Das war wirklich unglaublich, dachte Sky. Natürlich waren einige von den Passagieren
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