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Cheng

Cheng

Titel: Cheng Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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und die es schlimm genug fanden, daß sie untereinander teilen mußten, nun aber eine verschworene Kampfgemeinschaft bildeten, um den schwarzfelligen Eindringling vom angestammten Boden zu jagen. Und auch wenn sie auf Grund ihrer Beinlosigkeit ziemlich unbeweglich waren, gelang es ihnen doch ganz gut, Batman in irgendeine Ecke zu treiben und ihn das Fürchten zu lehren.
    Frau Kremser, der kein probates Mittel einfiel, ihre Kartäuser zur Nächstenliebe zu bekehren, verständigte Frau Böhm, welche zögerte, weil sie gerade ihre neue Wohnung mit Möbeln von Countermine International Interiors eingerichtet hatte – und wer Ledergarnituren von Countermine kennt, weiß, wie schlecht sich darauf Katzenhaare, verspritzter Urin, Nasenschleim, diverse Mageninhalte und die von Katzenkrallen fabrizierten Löcher machen. Jetzt einmal ganz abgesehen von der Gefährdung der Corbusier-Liege in weißem Leder. Aber Frau Böhm fühlte sich ihrem Geschiedenen verpflichtet, vor allem jetzt, da das Schicksal ihn mit einem Schlag getroffen hatte, der so ziemlich das Gegenteil von einem sauberen Schlag gewesen war. Also rettete sie Batman vor dem Vernichtungswillen aufgeblähter, beinloser Aristokraten, und er dankte es ihr, indem er die Corbusier-Liege ausschließlich in ihrer Funktion als Liege verwendete und sich am Backhausenstoff eines Hoffmannstuhls seine Krallen schärfte.
    Wie das oft im Leben von Menschen und Katzen ist, stellen sie sehr bald fest, daß ihr Zusammensein sich wesentlich angenehmer, friedfertiger und amüsanter gestaltet als jenes im Kreis der eigenen Artgenossen, an denen sie folgerichtig das Interesse verlieren. Für Batman war das keine neue Erkenntnis. Für Irene Böhm hingegen ein wenig verwirrend. Sie mußte sich erst daran gewöhnen, daß sie ihre Abende viel lieber allein mit Batman verbrachte als mit Freunden oder dem Mann, der sich momentan einbildete, sie glücklich zu machen. Sie hatte durchaus weiterhin Lust, ab und zu mit ihm ins Bett zu gehen, aber sie hatte die Lust verloren, sich mit ihm zu langweilen (und jeder Streit ist ja bloß eine Art Explosion der Langeweile).
    Als nun Cheng das Krankenhaus verlassen durfte, also endlich all den bibelfesten Schulmedizinern und dem zwiespältigen Aufopferungswillen des Pflegepersonals entkommen war, da bot er der Ordnung halber an, Batman wieder zurückzunehmen. Irene wehrte ab, Batman bleibe bei ihr, man könne ein Tier nicht einfach so herumschicken. Ein vernünftiges Argument, fand Cheng.
    Und so kann über Batman gesagt werden, daß zumindest er aus dieser ganzen unerfreulichen Geschichte mit einem Plus auf dem Konto ausgestiegen ist. (Batman sollte erst vierzehn Jahre später in einem bereits biblischen Alter sterben, ganz einfach weil die absolute Altersgrenze erreicht war. Er hatte zuletzt noch einen viel beachteten Snobismus entwickelt und brach folgerichtig über einer großzügigen Portion gebratenen jungen Steinbutts zusammen.)
     
    Cheng blieb Detektiv. Ein einarmiger, hinkender Detektiv, dessen Kiefer und Nase so aussahen, als wäre der Gesichtschirurg alkoholisiert, mit seiner Steuererklärung beschäftigt oder ganz einfach ein Stümper gewesen. Aber das ist natürlich übertrieben. Kiefer und Nase fühlten sich großartig an. Beinahe so großartig wie der Arm, der nicht mehr da war, weil er im ewigen Eis der Predigerwand lag.
    Nun, Verfolgungsjagden, Schlägereien, Fassadenkletterei, Langstreckentauchen und die Leidenschaft, einem soeben aufgestiegenen Hubschrauber nachzuhechten, um sich mit ein paar Fingern an den Landekufen festzukrallen, das war auch früher nicht Chengs Spezialität gewesen. Aber ein Großteil der potentiellen Klienten war ganz einfach nicht bereit, einen Mann zu beauftragen, der ihrer Meinung nach aussah wie ein zerstückelter und nur schleißig wieder zusammengeklebter Kung-Fu-Kämpfer.
    Frau Hammerschmid allerdings war ihm treu geblieben, und wenn auch ihr eigenes Leben von einer derartigen Glückseligkeit erfüllt war, daß einem schwindelig werden konnte, so kannte sie Leute, die einen Detektiv nötig hatten (Beschattung der Ehepartner, Beschattung der Kinder, der Prokuristen, der Putzfrauen), und zwang diese Leute, Cheng zu engagieren, welcher seinen Ehrenkodex wieder abgelegt hatte, denn ein Krüppel, so fand er, stehe über der Ehre. Nun, Hammerschmid mußte ihre Freunde tatsächlich zwingen, da diese wenig begeistert waren angesichts eines behinderten Detektivs ganz offensichtlich chinesischer Abstammung, dessen

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