Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
versteckten Luke im Waldboden zu schaffen und zog sie auf.
»Voilà, hereinspaziert!« Ein Knacken im Unterholz ließ uns ungewollt zusammenfahren und wir machten uns ohne Zögern an den Abstieg in diese Gruft.
Eine steile rutschige Treppe führte tief ins Erdreich. Magnus ließ glücklicherweise in dem Moment, in dem er die Luke schloss, eine Taschenlampe aufleuchten. Ich klammerte mich etwas ängstlich an Lennox fest, um nicht zu stürzen, und folgte den anderen in die muffige Tiefe. Einen Aufschrei unterdrückend, wischte ich mir hektisch ein Spinnennetz aus dem Gesicht und stolperte hastig an Lennox vorbei.
Magnus ging zielsicher voraus. Im unruhigen Licht der Taschenlampe konnte ich erkennen, dass der Weg eine Kurve einschlug. »Was zum Teufel ist das? Das hier ist wie ein verdammtes Grab«, knurrte Olivia vor sich hin und ich musste schwer schlucken. Es machte mich nervös, wenn Leute wie Olivia, die sonst immer die Ruhe und Ironie selbst waren, unruhig wurden.
Lennox ergriff meine Hand und drückte sie. Als Magnus um die Ecke verschwand, wurde das Taschenlampenlicht unwirklich und schwach. Die plötzliche Anspannung der anderen, die mit einem Mal zum Greifen war, schwappte auf mich über und ich biss die Zähne aufeinander, um ein Klappern zu verhindern.
Langsam kamen wir auf die Kurve zu, das Licht schien schwach um die Ecke und wurde mit einem Mal heller. Hinter der Kurve lag ein etwa zehn Quadratmeter großer Raum, der in Stein gehauen war. Es waren dort zwei Feldbetten mit Decken aufgestellt. Ein Schrank mit Wasser und Lebensmitteln stand an der Wand und es ging ein weiterer Gang von diesem Raum aus ab. Magnus hatte eine kleine Petroleumlampe entzündet und sah uns stolz entgegen. Seine Augen glitzerten amüsiert, als er unserer Anspannung gewahr wurde.
»Es führen zwei weitere Ausgänge von hier aus nach oben, außerdem gibt es drei Belüftungsschächte hier über uns.« Er deutete über unsere Köpfe. »Wir können die Nacht hier untertauchen und uns in ein paar Stunden in der Dämmerung unbemerkt davonstehlen.« Er sagte das so routiniert, dass ich mich automatisch fragte, ob er Übung hatte im Untertauchen.
»Du bist gut vorbereitet«, brachte Ben Magnus entgegen. »Wieso überrascht mich das nicht?« Ben runzelte die Stirn und ließ sich auf eines der Feldbetten fallen, ohne seinen Tutor aus den Augen zu lassen.
»Nun ja, mein Junge. Ich hatte da so eine Ahnung. Seit Jahren hatte ich da so ein unbestimmtes Gefühl, dass diese Vorkehrung einmal von Nutzen sein könnte. Die Träume, du verstehst?« Magnus ließ sich aufgeregt neben Ben nieder, strich über sein kurzes graues Haar und sah ihn eindringlich an. »Du meinst Vorahnungen«, sagte Ben langsam, flüsterte beinahe ehrfürchtig. »Ja, mein Junge. Die hat der eine oder andere von uns manchmal. Und da ist noch etwas, es werden auf dich schwierige Zeiten zukommen.« Düster sah er in die Runde und musterte uns einen nach dem anderen. »Auf uns alle«, brachte er dann ernst hervor. Sein kühler Blick blieb an mir haften, ausgerechnet an mir, bohrte sich tief in meine Seele. Ein Beben durchlief mich und ich spürte meine Beine schwach werden, bevor er sich von mir löste.
»Ist dir kalt?«, fragte Lennox besorgt, nahm eine Decke von einem der Feldbetten und legte sie mir um. Sacht zog er mich mit sich auf das Feldbett und nahm mich in den Arm. Es war still hier unten, erdrückend still. Ich fror tatsächlich in dem kurzen Cocktailkleid, drückte mich näher an Lennox heran und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Hoffentlich war der Albtraum bald vorbei, dachte ich im Stillen und sprach stumme Gebete.
Olive schien die Kälte nichts auszumachen, sie setzte sich missmutig hinter Ben und betrachtete genervt ihre Fingernägel. Recht undamenhaft knabberte sie an einem eingerissenen Nagel herum und ärgerte sich offensichtlich darüber, ihr Maniküreset nicht dabeizuhaben. Magnus gab jedem eine Flasche Wasser und einen Müsliriegel. Ich knabberte lustlos daran herum und verfolgte die unruhigen Schatten an den Wänden, die zwei Kerzen erzeugten, welche Magnus noch zusätzlich aufgestellt hatte.
Der Hexenmeister setzte sich uns allen gegenüber und begann zu erzählen. »Es gibt eine Legende über eine der Cherryblossom-Hexen. Hat einer von euch sie schon einmal gehört?« Prüfend und abwartend sah er uns an. »Nein? Ich möchte sie euch gerne erzählen.« Er räusperte sich, sah allen noch einmal abschätzend ins Gesicht und nahm dann eine
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