Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Tumult im Gange. Das kleine Mädchen mit den Zöpfen weinte laut und die hysterische Mutter brüllte nach der Geschäftsleitung, weil eine Vielzahl von Artikeln einfach so aus dem Regal gekippt waren. Lennox und Olivia kamen eilig um die Ecke. Einige Angestellte kamen an unserem Gang vorbei und musterten uns misstrauisch. Olivia grinste wie immer amüsiert vor sich hin und Lennox funkelte mich wütend an. Seine Hand schloss sich hart um mein Handgelenk, als er mich von Ben wegzog. Ich sog scharf die Luft ein und sah ihm erschrocken ins Gesicht.
Er war wirklich wütend auf mich. »Was denkst du dir nur, du hättest ernsthaften Schaden anrichten können! Wie dumm bist du?«, zischte er mir hart entgegen. Sein kalter Blick bohrte sich in meinen und schmerzte mehr, als Worte es hätten tun können. Ich wand mich unter ihm, meine Unterlippe bebte verdächtig und ich versuchte, mich loszumachen.
»Sieh mich an!«, knurrte er mir entgegen. Ich spürte Hitze in meine Wangen schießen, vor Scham über meine Dummheit, Wut wegen seines fehlenden Verständnisses und wegen der Härte, mit der er mich anging. Verzweifelt versuchte ich, mich aus seinem eisernen Griff zu befreien, den er wütend verstärkte.
»Lass sie!«, zischte Ben ihm drohend zu.
Mit einem Ruck gab er mich frei, drehte sich, ohne mich noch einmal anzusehen, um und ging mit den Einkäufen zur Kasse. Olivia schien sich über die aufreibende Szene zu freuen und griente still in sich hinein. Ich hasste Olivia in dem Moment zum zweiten Mal aus tiefstem Herzen und versuchte, das Zittern meiner Glieder unter Kontrolle zu bringen. Krampfhaft um Haltung bemüht, wischte ich mir hastig die restlichen Tränen weg.
Ben legte schweigend seinen Arm an meinen Rücken und schob mich sacht den anderen hinterher. Verletzt ging ich durch die Kassen hindurch, ohne zurückzuschauen. Ich wartete nicht auf die anderen, die noch mit den Einkäufen beschäftigt waren, sondern stolperte hinaus auf den Gehweg. Ben folgte mir still. Mit jedem Schritt, den ich tat, kam wieder mehr Leben in meine Glieder und meine Fassung kam langsam, aber stetig zurück. Meine Beine hatten sich von dem Schrecken taub angefühlt und kribbelten jetzt wie kleine Nadelstiche bei jedem Schritt. Trotzdem wirkte die Bewegung Wunder und ich erholte mich.
Wir machten uns auf den Rückweg zur Zimmervermietung.
»Ich wollte das nicht«, flüsterte ich und ließ einen Stein über den Gehweg springen. »Ich weiß ... alle wissen das.« Ben legte seine Hand tröstend auf meine Schulter. »Du musst bedenken, dass deine Körperkraft nach und nach zunimmt mit der Reifung des Dämons. Das hält nicht jedes Regal aus. Und jetzt lächle wieder.« Er drückte mich, während er neben mir herging, sanft an sich und gab mir mit seiner Hüfte einen spielerischen Schubs.
Ich zuckte nur mit den Achseln, sah stur auf den Boden und ließ erneut einen Kiesel über den Boden springen.
»Für mich«, bettelte er und zog einen Schmollmund, als ich ihn von unten schief ansah. Meine Mundwinkel zuckten leicht und ich sah ihn mit geneigtem Kopf weiter an. Seine Augen strahlten mich intensiv an und ich wandte den Blick hastig ab, als wäre ich geblendet worden .
»Wie hältst du es nur aus, dieses Leben? Mit den Zeitwandlern und so.« Ich machte eine unwirsche Handbewegung.
»Es hat Vorteile, so wie wir zu sein. Lass dein altes Leben los, Hanna«, sagte er sanft, aber eindringlich. »Du kannst es nicht mehr zurückbekommen. Es wird dir nur wehtun, wenn du es nicht akzeptierst.« In seiner Stimme lag so viel Mitgefühl, dass ich mich einfach umdrehen musste, um ihm gerade ins Gesicht zu sehen. Für einen Moment wollte ich mich in seine Arme werfen und einfach nur trösten lassen.
»Und wenn ich es nicht kann? Meine Freundin Maike, ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist, ob sie noch lebt. Seit dem Überfall in Jork habe ich nichts von ihr gehört. Ich fühle mich schlecht deswegen.« Tränen verschleierten meine Sicht, als sich Bens Arm wieder um meine Schulter legte, mich weiter vorwärtsschob und wir weitergingen. Ich fragte mich kurz, ob es richtig war, dass Ben hier neben mir ging und mir Trost spendete, und nicht Lennox. Ärgerlich verdrängte ich den Gedanken und wandte mich mit einer Frage an Ben: »Kennst du meinen Vater?« Ich spürte ihn neben mir erstarren, bevor er langsam weiterging. »Ja, ich habe ihn bei meiner Ermächtigung kennengelernt«, antwortete er schlicht.
»Wie ist er so?« Achtsam sah ich ihn an. Alle
Weitere Kostenlose Bücher