Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Ähnliches.« Ich stockte. Betroffen zog Lennox mich an seine Brust. »Als du mich angegriffen hast, hat sich eine Tür zwischen uns geöffnet, du hast Erinnerungen meiner Kindheit gesehen. Das passiert, wenn sich die Seelen nahekommen. Die Dämonen können sich dadurch aber auch gegenseitig nahekommen ... gefährlich nah«, flüsterte er mir zu.
»Aber es ist nichts geschehen?«, stutzte ich und machte mich aus seiner Umarmung frei, um ihn anzusehen.
Er lächelte ein klein wenig stolz. »Ich habe meinen Dämon zurückgehalten.« Sein Gesichtsausdruck verdunkelte sich rasch wieder, sodass ich gar nicht hinterherkam mit meinen Empfindungen.
»Ich weiß nicht, wie lange ich es noch geschafft hätte. Es i st schwer, sich zu konzentrieren. Wir Zeitwandler sind sehr leicht abzulenken.« Lennox hielt die Luft an, um sie dann langsam entweichen zu lassen.
»Schöne Dinge, Leidenschaften stören unsere Konzentration. Wir sind sehr instinktiv , das macht es schwer, sich zu beherrschen.« Er ließ einen entrückten Blick über mich gleiten und legte sich aufs Bett, zog an der Taille meinen Rücken zu sich heran. Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken, er schob seine Hand unter mein T-Shirt an meinen nackten Bauch und hielt mich fest.
»Was waren das für Bilder, die ich gesehen habe?« Ich versuchte, mich nach ihm umzudrehen, aber er ließ mich nicht, hielt mich weiterhin fest an sich gezogen. »Da habe ich gearbeitet , mit zwölf «, antwortete er tonlos.
Ich schauderte. Es muss schrecklich gewesen sein, kaum vorstellbar. Ich spürte, dass er nicht gerne daran erinnert wurde, also schwieg ich.
Es war fast dunkel geworden. Ich wusste, er würde heute Nacht jagen gehen und mich alleinlassen. Sacht umfasste ich seine Hand und spielte mit seinem kleinen Finger. »Hanna …«, seufzte er , sein Atem streifte meinen Nacken und eine Gänsehaut lief mir über den Arm.
Nachdem wir über den Vorfall im Supermarkt gesprochen hatten, ließen wir uns in den Schlaf treiben. Ich wusste nicht, ob er auch einschlafen würde, aber sein Atem ging so ruhig und gleichmäßig, dass ich es annahm.
Stunden später wachte ich noch schläfrig auf und sah mich nach dem Wecker um. Er zeigte vier Uhr morgens an und ich drehte mich murrend auf den Rücken. Ich war in der Jeans eingeschlafen und jetzt taten mir die Beine dort weh, wo der Stoff sich eingeschnitten hatte. Mühsam pulte ich mich aus der Hose und legte mich unter die Bettdecke. Schlaftrunken rollte ich mich wie eine Katze zusammen und versuchte, wieder wegzudämmern. Ich dachte an Lennox und ein Lächeln stahl sich dabei auf meine Lippen. Einer Sache war ich mir ganz sicher: Ich liebte ihn, unwiderruflich und leidenschaftlich, wie Catherine Heathcliff geliebt hatte, Isolde ihren Tristan oder Julia Romeo.
Langsam sank ich tiefer in die Kissen, als ich plötzlich ein Geräusch wahrnahm, das hier im Augenblick nicht hingehörte. Beunruhigt riss ich die Augen auf, starrte in die Dunkelheit und hielt den Atem an. Lauschend, meinen wilden Herzschlag ignorierend, drehte ich mich langsam um und zwang mich, etwas in der Dunkelheit auszumachen. Ich erkannte die Umrisse einer Person und versteifte mich. Ich durchwühlte meine Gedanken nach einem Fluchtplan – oder sollte ich einfach angreifen? Noch bevor ich den Mut fand, mich aufzusetzen und loszusprinten, hörte ich eine Stimme: »Hanna, bist du wach?«, flüsterte sie erheitert.
Ruckartig setzte ich mich auf, ließ meine Hand zur Lampe jagen und knipste das Licht an. Im Sessel am Fenster saß Olivia und blinzelte nun geblendet ins Licht.
»Wusste ich es doch«, flachste sie und strich sich eine schwarze Strähne aus ihrem Gesicht. Entnervt verdrehte ich die Augen und überlegte mir kurz einige Möglichkeiten, wie sie durch einen scheinbaren Unfall aus dem Leben scheiden könnte. Es gab vielleicht Gelegenheiten, wie ich so etwas arrangieren könnte, auch für eine Zeitwandlerin.
Sie interpretierte meinen Gesichtsausdruck richtig und trällerte heiter: »Na, na … wer wird denn gleich so negativ reagieren. Dein Lennox hat mich gebeten, ein wenig auf dich achtzugeben, während er jagen ist. Und ich dachte, es wäre dir lieber, wenn ich deinen süßen Schlaf bewache und nicht Ben.« Fragend zog sie die feinlinigen Augenbrauen hoch und sah mich aufmerksam an. »Wenn ich damit falschlag, tut es mir leid … « Sie stand auf, ohne mich aus den Augen zu lassen. »Ich gehe Ben gleich holen.«
»Nein«, platzte es aus mir heraus und sie
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