Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
umzusehen.
»Hier, Ben, das ist interessant. Hier gibt es eine Passage über die Entstehung der Hexenwesen.« Henry hielt ein anderes Buch in der Hand und schob es auf den Küchentisch, bevor er sich hastig wieder auf seinen Stuhl setzte. »Hör zu! Es ist ein Auszug aus einem sehr alten ägyptischen Schriftstück. Es heißt, dass ein ägyptischer Gott – allem Anschein nach ein mächtiger Zeitwandler – seine treuesten menschlichen Untergebenen um sich geschart hat und ihnen besondere Fähigkeiten verliehen haben soll. Es wird von langem Leben berichtet, von Hellseherei und von unsichtbarer Kraft.
Und in einem anderen Text aus dem Heiligen Land wird von einem Dämon berichtet, der die schönsten und begabtesten Frauen zu Seinesgleichen gemacht hatte. Diese Frauen hatten von vornherein die Gabe des Sehens, also der Wahrsagerei. Es wird von einem heiligen Ritual berichtet, nachdem diese Frauen nicht mehr alterten und ihr Geist unwiderruflich verändert wurde, was sich auf die folgenden Generationen vererbte. Allerdings musste bei jeder neuen Generation der Geist erst wieder neu von einem Dämon erweckt werden. Sie sollten getreue Dienerinnen sein. Es kristallisierte sich aber heraus, dass diese Wesen durch diese Veränderung erstaunliche Fähigkeiten und Macht entwickelten. So viel Macht, dass sie als Dienerinnen unbrauchbar wurden. Lange Zeit wurden die Nachkommen dieses Hexenstammes nicht mehr entfesselt. Erst achthundert nach Christi gibt es wieder die ersten Aufzeichnungen darüber. Es ist nirgendwo belegt, wie es funktioniert, einen einfachen Menschen zu einem Hexenwesen zu machen, wenn er es nicht genetisch in sich trägt.
Es ist denkbar, dass die Cherryblossoms von dieser Linie abstammen. Sie bringen nur weibliche Hexen hervor.« Henry zwinkerte nervös.
Ben runzelte die Stirn und dachte angestrengt nach. »Möglich. Was weißt du über Valerie Cherryblossom?«
Henry sah ihn erstaunt an und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
»Ich kenne die Geschichte über das Feuer, es ist meiner Meinung nach ein Märchen.« Ben klappte das Buch geräuschvoll zu und begann, Olivias Suppe auf zwei Teller auszugeben. Er schob Henry einen davon zu und machte sich hungrig über seinen Teller her.
»Du bist ein Hexer, nicht wahr?« Henry musterte sein Gegenüber eingehend. Ben ließ den Löffel sinken, blickte aufmerksam zurück und nickte.
»Seit wann und durch wen?« Henry verschränkte die Arme vor der Brust. Diese Geste hatte etwas Abweisendes, das sich Ben gerade nicht erklären konnte und das ihn ärgerte. Seine Miene verhärtete sich. »Seit neunzehnhundertdreiundvierzig, durch Dominik Dawn.«
»Hab ich es mir doch gedacht.« Kühl sah Henry an Ben vorbei. »Sie können Dawn nicht leiden, oder?«
»Was denkst du, er ist für den Untergang meiner Schwester verantwortlich. Sie hätte ein normales Leben führen können. Wir wussten nichts von unserem Blut, sie hat es nie erfahren, was sie eigentlich war, warum sich Dominik für sie interessierte. Mir ist bis heute nicht ganz klar, warum er sie ausgewählt hat , es gibt auch andere Hexen. Und sie hat ihn so sehr geliebt, dass sie zunächst nichts hinterfragte . Es waren sicher keine Liebesakte , die zur Erschaffung der Kinder führten ...« Niedergeschlagen sah Henry aus dem Fenster in die Nacht. »Und, junger Hexer, wo bist du geboren?«
»Amerika, aber meine Mutter ist Deutsche gewesen und hat mich nach dem Tod meines Vaters mit zurück zu ihren Eltern genommen. Ich war drei Jahre alt.« Ben zuckte gleichgültig mit den Achseln.
»Wusste deine Mutter, was du bist? War sie eine Hexe?«
»Mein Vater war der Hexer, er verstarb trotz seiner Kräfte. Mein Vater versuchte, einem Freund zu helfen. Es war die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs in Amerika und sein Freund wollte ein Geschäft eröffnen. Leider war er schwarz und das zog die Aufmerksamkeit des Ku-Klux-Klan auf sie beide. Der wiederum bemerkte recht schnell, dass bei meinem Vater einiges nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Kurzum, sie töteten ihn, und meine Mutter floh mit mir nach Deutschland. Meine Mutter wusste von seinen Kräften und begann, mich schon mit acht Jahren nach und nach aufzuklären. Sie hatte Angst, ihr könne etwas geschehen, bevor ich alt genug wäre, und dann würde ich nie von meinem Sein erfahren. Also beschloss sie, mir erst über Geschichten einiges nahezubringen und mir später im Detail klarzumachen, was ich bin, an wen ich mich wenden musste und auf was ich zu achten
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