Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
einer ganzen Kultur…« Er unterbrach sich und ein schelmisches Lächeln zuckte in seinen Mundwinkeln. »Er wird bestimmt nicht begeistert sein, dass ich daran denke, seine Tochter zu verführen.« Jetzt strahlte er mich mit einer Intensität an, die mir wieder einen Schauer über den Rücken jagte und meine Schmetterlinge neu anheizte. Er hob den Blick und sah zum Fenster. »Ich muss mich auch erst wieder an die menschlicheren Gefühle gewöhnen. Als Zeitwandler existiert man anders. Unser Sein hat andere Prioritäten, das Dämonische spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Ich kann es schlecht erklären.« Er setzte sich lässig auf und funkelte mich fröhlich an. Mir wurde ganz warm ums Herz, ihn so jungenhaft und unbeschwert lächeln zu sehen.
»Wo waren wir denn stehengeblieben, bevor mein Betragen so unerhört wurde und ich vorhatte, dir deine Tugend zu stehlen?«, scherzte er.
»Du wolltest was? Du Schuft!« Ich warf ein Kissen nach ihm, was er galant abfing, um sich im nächsten Moment auf mich zu stürzen und mich zu schnappen. Ich schrie lachend auf, als er mich vom Bett hob und trug, als wäre ich federleicht. Losgelöst drehte er uns einmal durchs Zimmer, um sich mit mir wieder aufs Bett fallenzulassen.
»Ach ja, ich hab’s. Ich wollte dich gerade über die nächste Vorgehensweise aufklären«, sagte er fröhlich.
»Was der Plan ist, meinst du? Du meinst, wann wir fahren und wohin und so weiter?«
» Oui, ma petite chérie. «
Ich verdrehte gespielt entnervt die Augen und musste lachen. »Diese Wortspielerei mochte ich in Bezug auf meine Wenigkeit noch nie.« Ich rümpfte pikiert die Nase.
»Ich weiß! Also, wir fahren morgen Abend los in Richtung Berlin. Dort in der Nähe wohnt Bens Tutor Magnus Gutenberg, er hat dort ein altes Herrenhaus im Wald, etwas abgelegen von Berlin. Er ist – wie schon erwähnt – Hexenmeister und hat sich telefonisch bereit erklärt, uns zu helfen.«
»Telefonisch? Das ist nicht dein Ernst. Gibt es nicht so was wie Hexenfunk oder so?«, platzte es aus mir heraus, was mir einen ungläubigen Blick von Lennox bescherte. Ich musste lachen und biss mir auf die Zunge.
»Nein!? So was gibt es nicht.« Er zog mich an einer Locke und grinste breit .
»Du wirst irgendwann bemerken, dass wir nicht viel mit den Fantasien irgendwelcher Drehbuchautoren zu tun haben.«
»Okay…« Behutsam strich Lennox mit seinem Daumen über meine Denkfalten. Wieso sollte es so etwas nicht geben, schließlich gab es auch Monster. Und war ich nicht auch irgendwie eines von ihnen?
»Wir drei sind morgen Nacht zu einer Feierlichkeit eingeladen. In dieser Zeit wird er versuchen, deine Blockade zu lösen. Wir hoffen, dass wir mehr über die Hintergründe erfahren können, wer genau versucht, an dich heranzukommen und warum. So kann ich dich besser beschützen. Dein Vater und seine Leute sind wie vom Erdboden verschwunden, ebenso Henry. Es gibt viele Gerüchte, aber nichts Konkretes.« Der Ernst unserer Lage hatte uns wieder und Lennox’ besorgte Miene kehrte zurück. Ich atmete tief durch und nickte. »Es wird bestimmt nicht ganz leicht für dich, aber ich bin bei dir. Und Ben und Olive mögen dich auch und stehen hinter uns. Sogar Olive lässt es sich nicht nehmen, uns zu begleiten.« Lennox zog mich näher an sich heran und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Sofort war ich wieder völlig abgelenkt und konnte mich nicht mehr vor morgen fürchten.
»Wie hast du meinen Vater damals kennengelernt?« Meine Hand spielte mit seinem Hemdsärmel.
»Er hat mich nach dem Ersten Weltkrieg in die Dienste des Rates geholt, mich gefördert und unterstützt. Er war immer sehr … anständig.«
»Wie ist er so? Ich kenne ihn nur von den wenigen, eher kurzen Telefonaten jeden Monat.« Ich war begierig darauf zu erfahren, wie er meinen Vater sah und lauschte angespannt auf seine Antwort.
»Er ist … sehr charismatisch … meistens korrekt und … ich weiß nicht. Du solltest ihn selber kennenlernen. Versuche, ihn als Zeitwandler zu sehen, nicht nur als deinen Vater. Er ist vielleicht nicht der Vater, den man sich als Mensch so vorstellt.« Er sprach zögernd und wich meinem Blick aus.
»Das hab ich schon gemerkt, aber magst du ihn? Ist er nett?«
Lennox wurde ruhiger, seine Augen wurden fest. »Ich habe sehr viel Respekt vor ihm. Es ist besser, du machst dir dein eigenes Bild.« Seine Ablehnung diesem Thema gegenüber ließ mich stutzen, aber ich beschloss, es gut sein zu lassen, vorerst.
»Also
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