Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
Haar, sah zu uns zurück und lächelte mich einige Male erstaunlich mädchenhaft an. Es wirkte irgendwie einstudiert, wie für eine Rolle. Ich war mir nicht sicher, ob sie mich akzeptierte, mögen tat sie mich eher nicht. Vermutlich hatten die Männer sie gebeten, auf meine menschlichen Seiten Rücksicht zu nehmen und mir weiterhin mit Freundlichkeit zu begegnen, obwohl man spüren konnte, dass ich ihr langsam, aber sicher missfiel.
Ihr Lächeln erwidernd versuchte ich, es positiv zu sehen. Sie half mir, hatte mir noch kein Blut abgezapft, obwohl ich schwören könnte, sie dachte manchmal daran, wenn ich ihre kleine gespaltene Zunge hervorblitzen sah – und sie war um Freundlichkeit zumindest bemüht.
Es war stockdunkel, als wir bei einer kleinen Pension ankamen. Olivia und ich gingen hinein und ließen uns die Schlüssel für das einzige freie Zimmer geben, ein Vierbettzimmer. Die anderen beiden kamen mit dem Gepäck hinterher. Olivia tänzelte wie eine Ballerina vor mir her und drehte ganz unverhofft eine Pirouette, sodass Ben in mich hineinlief, weil ich so abrupt stoppte.
»Ob man da auch tanzen kann?«, trällerte sie aufgeregt. Ihre Mandelaugen leuchteten. Man sollte meinen, dass einen Zeitwandler, der schon so einiges gesehen haben sollte, so etwas Banales wie eine Party nicht mehr in solch eine freudige Erregung versetzt. Olivia allerdings war in heller Aufregung.
»Schließ doch einfach erstmal das Zimmer auf«, seufzte Ben genervt und hielt ihr einen der schweren Koffer vorwurfsvoll entgegen.
Ich musste mir ein Kichern verkneifen. Zwei Leute kamen uns entgegen und zogen einen Koffer hinter sich her. Sie nickten uns freundlich zu, sie schienen auszuchecken. »Da geht es hin, das Abendessen«, feixte Olive mit theatralisch verdrehten Augen weiter, drehte eine weitere Pirouette und schloss anschließend unter energischen Stößen von Ben die Zimmertür auf.
»Hat sie was genommen?«, fragte Lennox mit einem ironische Zug auf den Lippen.
Die offene Tür gab den Blick in ein eher schäbiges Zimmer frei, mit alten vergilbten Vorhängen und verblasster gemusterter Tapete. Die Betten hatten auch schon bessere Zeiten gesehen, was mich im Augenblick nicht mehr weiter störte. Ich streckte mich als Erstes auf einem der tristen Betten aus, um meine Knochen nach der langen Autofahrt wieder an die richtigen Stellen zu schieben. Ben verstaute das Gepäck in einem Schrank und schaltete den Fernseher ein. Er ließ sich neben mir aufs Bett fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und musterte mich eingehend. Seine dunklen Haare fielen ihm leicht in die Stirn und verdeckten sein linkes Auge. Ich wurde unsicher unter der Intensität, mit der er mich ansah. »Bist du aufgeregt, wegen gleich?«, fragte er warm lächelnd.
»Nein … oder doch … ein bisschen.« Ich nagte unsicher auf meiner Unterlippe herum und senkte meinen Blick.
»Dir wird nichts geschehen«, sagte er weich und stand auf, um sich etwas zu trinken zu holen.
»Ich werde jetzt etwas zu essen besorgen, ihr könnt euch schon einmal umziehen.« Lennox hatte sich vor mir aufgebaut und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn.
»Mach dich hübsch«, flüsterte er mir zu und lächelte verhalten. Sein Blick streifte Ben und Olivia im Vorbeigehen.
Er verschwand und ich spürte mit einem Mal ernsthaften Hunger. Die Tatsache, dass die anderen sich anders ernährten als ich, machte das für mich nicht gerade angenehm. Ich zappte mit der Fernbedienung ungeduldig die Programme durch und versuchte, die Unruhe zu verdrängen, die der Hunger in mir verursachte. Olivia saß auf dem anderen Doppelbett und lackierte sich konzentriert die Fußnägel in einem knalligen Rot. Fasziniert beobachtete ich sie. Mir war schleierhaft, warum sich einige Frauen so gerne bunt anmalten. Ich riss meinen Blick wieder von ihr los. Ben stand an der Minibar und kramte geräuschvoll Getränke hervor, reihte sie auf dem Tisch auf und sah zu mir rüber. Hastig sah ich fort, wich ihm aus.
»Hanna, willst du was trinken?« Er lächelte mir zu, als ich zu ihm herüberguckte und schwang dabei eine der Flaschen hin und her. Durst, ich hatte Durst! Wieso hatte ich das nagende Gefühl in mir nicht gleich als Durst definiert? Hastig stand ich auf und ging auf ihn zu. Er lächelte mich freundlich an, seine warme Art bezauberte mich. Seine braunen Augen funkelten, es lag eine Tiefe in ihnen, die mich anzog. Ich stand dicht vor ihm. Sein Ausdruck veränderte sich, Verwunderung stand in seinem
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