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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Lukas führte, verbarg sich eine geräumige Küche, von der aus es möglich war, direkt in den Hof des Hauses zu treten. Mit seiner Lampe entzündete der Doktor mehrere Talglichter, und sie erhellten den Raum mit ihrem warmen Licht.
    Auch hier roch es übel nach Verwesung, und noch nach etwas anderem, etwas, das Lukas vertraut vorkam, dessen Ursprung er jedoch nicht zu ergründen vermochte.
    Ein wuchtiger Herd stand an einer Wand, Regale daneben, die allesamt leer und verstaubt wirkten. In dem Schmutz, der den Fußboden bedeckte, waren unzählige winzige Pfotenabdrücke zu sehen.
    Lukas blieb inmitten des Raumes stehen und drehte sich einmal um seine eigene Achse. Neben der Hintertür wies ein Fenster auf den Hof hinaus, und die hölzernen Läden, mit denen man es verschließen konnte, hingen schief in den Angeln.
    Auf einem Tisch, der ebenso staubig war wie der Boden, stand eine Kiste. Ihr wandte der Doktor sich jetzt zu, öffnete sie und beugte sich darüber. Als er gefunden hatte, was er suchte, drehte er sich zu Lukas um. In den Händen hielt er zwei kleine Töpfchen, die mit dicken Stopfen verschlossen waren. »Die habe ich dieser Tage liefern lassen.« Er hielt Lukas beide hin, und der nahm sie.
    Behutsam stellte er eines davon auf den Tisch und öffnete das andere. Es beinhaltete ein feines, schneeweißes Pulver, Mehl nicht unähnlich, das in die Luft stäubte, als Lukas’ Atem aus Versehen darüberstrich.
    »Was ist das?«
    »Man nennt es Cadmea, aber mein Lehrer in Antwerpen bezeichnete es als Nix alba.«
    Lukas rieb sich über die Nasenflügel, weil er befürchtete, das Pulver eingeatmet zu haben.
    Der Doktor beruhigte ihn. »Oh! Keine Sorge. Es ist nicht giftig, jedenfalls nicht in so geringen Mengen.«
    Lukas schüttelte das Töpfchen leicht, so dass das Pulver etwas zusammenrutschte. Wieder wölkte es in die Luft. Diesmal achtete Lukas darauf, dass er rechtzeitig den Kopf zur Seite drehte. »Nix alba«, murmelte er. » Weißes Nichts. Wie Nichts sieht es nicht aus. Wofür benötigt Ihr es?«
    Der Doktor zog einen etwas morsch aussehenden Schemel unter dem Küchentisch hervor und schob ihn Lukas hin. »Setz dich!«
    Lukas schaute misstrauisch auf das Möbel. Vorsichtig ließ er sich auf dessen Kante nieder. Das Holz knirschte ein wenig, hielt seinem Gewicht aber stand.
    Der Doktor setzte sich ebenfalls. »Das, was ich dir damals über Antwerpen erzählt habe: Erinnerst du dich daran?«
    Lukas dachte an die Stunden kurz vor dem Überfall der Vaganten. Während er und der Doktor durch den Wald nahe Köln geritten waren, hatte der Doktor Lukas von seinem Aufenthalt in Antwerpen erzählt.
    »Ich weiß noch, dass Ihr sagtet, Ihr hättet Euch dort mit einem gelehrten Mann getroffen, der sich neben der Medizin auch mit der Kunst der Alchemie beschäftigt.« Ein leiser Schauer hatte Lukas ergriffen, als der Doktor von der Alchemie gesprochen hatte. In seinen Augen war dies eine Kunst voller Geheimnisse, für die er eine große Faszination empfand.
    »Stimmt«, bestätigte der Doktor jetzt. »Dieser Mann, Gilbert von Hardenberg war sein Name, war mir von einem früheren Aufenthalt in Antwerpen bekannt gewesen. Eine Zeitlang habe ich mit ihm in schriftlicher Verbindung gestanden, und dadurch wusste ich Bescheid darüber, welche Studien er betrieb. Zuletzt arbeitete er an einer Versuchsreihe, die mich neugierig machte und wegen der ich mich auf den Weg nach Antwerpen begab.«
    »Bei diesen Studien von Hardenbergs: Handelte es sich da um Alchemie?«, wollte Lukas wissen.
    »Ja. Ich wollte mir zeigen lassen, zu welchen Ergebnissen vonHardenberg gekommen war. Aber leider hatte Gott andere Pläne. Von Hardenberg lag im Sterben, als ich dort eintraf. Ich konnte noch mit ihm sprechen, und er war auch klar genug, um mir seine Versuche zu erklären. Aber leider hat der Schlag des Vaganten mein Gehirn stark genug durcheinandergerüttelt, so dass ich Teile der Rezeptur wieder vergessen habe.« Der Doktor nahm Lukas das Töpfchen mit Nix alba aus der Hand und drehte es hin und her. »Dieses Zeug hier ist nötig, soviel ist sicher. Und das dort drüben.« Er wies auf einen hölzernen Eimer, der zu drei Vierteln mit irgendeiner Flüssigkeit gefüllt war. Lukas hatte ihn bisher nicht wahrgenommen, weil er etwas versteckt zwischen dem Herd und der einen Küchenwand stand.
    »Was ist das?«, fragte Lukas.
    Der Doktor bleckte die Zähne. »Menschlicher Urin.«
    Jetzt wusste Lukas auch, was er neben dem Verwesungsgeruch beim

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