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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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machen«, vermutete er.
    »Also reden sie sich ein, die Juden seien an allem schuld?«
    »Man braucht eben einen Sündenbock! Aber jetzt sprich schon: Warum bist du hergekommen?«
    Jetzt erst trank Arnulf auch einen Schluck. »Ein guter Tropfen!«, sagte er anerkennend. »Woher hast du ihn?«
    Es war deutlich, dass er den Grund ihres Gespräches gern noch ein wenig hinausgezögert hätte. Richard seufzte leise. »Aus der Toskana. Behauptet jedenfalls der Händler, der ihn mir verkauft hat.«
    Arnulf nahm noch einen Schluck und bewegte den Wein im Mund hin und her. »Wein aus der Toskana! In meinem nächsten Leben werde ich auch ein reicher Mann!«
    Das ließ Richard dahingestellt. Abwartend sah er den Freund an, und der besann sich endlich auf die Frage, die im Raum stand.
    »Der Mord«, begann er und blies sich gegen die Haare. »Ich bin mir nicht sicher, aber irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl, was Maria angeht.«
    Richard runzelte die Stirn.
    »Maria ist die Hure, die mich geohrfeigt hat«, erklärte Arnulf. »Sie war Dagmars beste Freundin, und ich habe erst jetzt gemerkt, dass sie offenbar in mich verliebt ist.«
    »Und?«
    »Ich kenne Maria nicht über das, hm, Berufliche hinaus, aber ich weiß, dass sie geistig, sagen wir, nicht ganz stabil ist. Sie hat zum Beispiel immer eine Puppe im Strumpfband, und sie redet mit ihr auch.«
    »Manche Menschen reden mit ihrem Hund«, warf Richard ein und dachte, dass Arnulf mit dem Beruflichen, von dem er eben gesprochen hatte, die Tatsache meinte, dass er Marias Zuhälter war. »Und die sind auch nicht alle ... verrückt.« Er zögerte, bevor er das Wort aussprach, denn es kam ihm zu groß vor, um Maria zu beschreiben. Zwar war er ihr nur kurz begegnet, aber Verrückte sahen in seinen Augen gänzlich anders aus. Eine Meinung, die Katharina wahrscheinlich nicht teilen würde, dachte er.
    Er schob den Wunsch an eine Disputation mit Katharina über genau dieses Thema zur Seite und sah Arnulf an.
    Der leerte den Becher in zwei langen Zügen. »Stimmt«, meinte er etwas atemlos, als er abgesetzt hatte. »Aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass Maria eifersüchtig auf Dagmar ist.«
    »Dagmar ist tot!« Der Satz war als sanfte Erinnerung gemeint, aber dann begriff Richard, worauf Arnulf hinauswollte. »Du meinst, Maria könnte etwas mit dem Mord an Dagmar zu tun haben?«
    Arnulf antwortete nicht, und eine Weile war es sehr still in dem Kontor. Durch das Fenster, das Richard wieder geschlossen hatte, bevor er Arnulf eingelassen hatte, zeigte der ferne Klang einer Glocke die Nachtstunde an. Richard achtete nicht auf die Anzahl der Schläge.
    »Denk an die ausgestochenen Augen«, riet er. »Eine solche Grausamkeit besitzen Frauen nicht.«
    Arnulf zog die Augenbrauen zusammen. »Du hast keine Ahnung, wozu Frauen alles fähig sind!«, brummte er.
    »Mag sein. Aber ich kenne keine, die genügend anatomische Kenntnisse besitzt, um den Mord an Heinrich auf die Weise zu begehen,wie es geschehen ist.« Nicht mal Katharina tat das, fügte er in Gedanken hinzu.
    Arnulf blickte überrascht auf. »Wieso Heinrich?«
    Richard wunderte sich ein wenig über seine Verblüffung, bis ihm klar wurde, dass Arnulf bisher noch nicht die gleichen Schlüsse gezogen hatte wie er selbst und Katharina. »Weil die beiden von ein und demselben Mörder getötet worden sind. Jedenfalls vermuten wir das.«
    »Wir?«
    Richard wand sich. »Katharina und ich«, gestand er dann.
    »Ihr habt darüber gesprochen.« Arnulf nickte. Dann wurde der Blick aus seinen Augen so eindringlich, dass Richard nun endgültig unbehaglich wurde. »Und was habt ihr noch gemacht?«
    Wie einem kleinen Schuljungen stieg Richard das Blut in die Wangen, und er ärgerte sich über sich selbst, zumal er dessen, was Arnulf hier so anzüglich andeutete, nicht schuldig war. Er hatte Katharina gegenüber jede Regel des Anstands gewahrt.
    Bis auf den Kuss vielleicht ...
    »Das geht dich gar nichts an!«, sagte er heftiger, als er es vorgehabt hatte.
    Über Arnulfs Gesicht glitt ein Feixen. »Klar. Ihr seid beide erwachsen. Und ich freue mich, dass du endlich kapiert hast, dass sie gut für dich wäre.«
    »Was du natürlich schon seit langem weißt!«
    Arnulf lachte leise. »Von eurer ersten Begegnung an! Und jetzt komm mir bloß nicht wieder mit diesem ganzen Gewäsch darüber, dass du gefährlich für sie bist, und diesem Unsinn mit deinem Seelenheil und dem ihren!« Es war eine ungewöhnlich heftige Rede für den Nachtraben, und Richard

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