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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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schmunzelte Arnulf anzüglich.
    »Ein weggehexter Schwanz! Wie ausgefallen! Hat da jemand die Streitschrift gelesen, die neuerdings in der Stadt kursiert?«
    »Es waren Ratten«, meinte Richard sanft. »Ratten! Sie holen sich zuerst, was sie leicht transportieren können.«
    Arnulf rümpfte die Nase. »Ich stelle mir gerade vor, wie sie ihre Brut damit füttern!«
    Diesen Gedanken nun vertrieb Richard lieber rasch wieder. Statt sich das Ganze bildlich vorzustellen, erzählte er Arnulf auch noch von dem Medaillon, das er im Mund des Toten gefunden hatte.
    »Du glaubst, dass Silberschläger selbst es dort hineingelegt hat, oder?«
    Richard trank noch einen Schluck Wein. »Wie sollte es sonst dort hingekommen sein? Ich meine: Wir beide wissen, dass die armen Juden mit diesem Mord nicht das Geringste zu tun haben!«
    »Was glaubst du, warum versucht Silberschläger so eifrig, ihnen das anzuhängen?«
    Thomas hatte eine Karaffe auf einen Beistelltisch gestellt, und Arnulf griff danach, um sich neu einzuschenken. Als er damit fertig war, hob er in einer fragenden Geste das Gefäß.
    Richard beugte sich vor und hielt ihm den eigenen Becher hin. »Irgendeinen Grund wird er haben!«, sagte er, während Arnulf auch ihm eingoss.
    »Hat er.« Ein fröhliches Funkeln erschien in Arnulfs Augen. »Er hat nämlich Schulden bei einem jüdischen Geldverleiher, und zwar nicht gerade wenig, wenn mein Informant nicht übertrieben hat.«
    Richard beschloss, dass er lieber nicht so genau wissen wollte, wer Arnulfs Informant war. »Schulden!«, murmelte er. »Wie aufschlussreich.«
    »Er wäre ein ziemlich dickes Problem los, wenn der Stadtrat von Nürnberg sich entschließen würde, sämtliche Juden aus den Mauern zu verjagen.«
    »Das würde erklären, warum er so begierig darauf ist, ihnen den Mord anzuhängen – und die Grabschändung dazu.«
    »Grabschändung!« Arnulf schnaubte. »Wenn er fähig ist, einem so verwesten Toten ein Medaillon in den Mund zu stopfen, dann ist er mit Sicherheit auch fähig, die Leiche aus dem Turm in das Grab zu schaffen!«
    Der Verdacht, dass Silberschläger den Toten selbst – wenn auch nicht unbedingt eigenhändig – in das Heiligengrab geschafft hatte, war Richard auch schon gekommen. »Das können wir ihm aber nicht nachweisen«, murmelte er.
    »Dafür weisen wir ihm etwas anderes nach.« Arnulf lächelte in seinen Becher hinein. »Ich war bei einem der Goldschmiede oben an der Kaiserburg. Er hat sich ein bisschen geziert, aber mit der nötigen Überredungskunst ist es mir gelungen, ein sehr interessantes kleines Detail aus ihm herauszukitzeln.« Er beugte sich vor, als wolle er einen verschwörerischen Plan mit Richard besprechen. »Gestern Nachmittag war ein Mann bei ihm und hat ein Medaillon gekauft. Rate, was darauf abgebildet war!«
    »Ein Davidstern.« Richard lehnte sich zurück. Kribblige Erregung erfasste ihn. »War der Kerl wirklich so blöd, das Medaillon selbst zu kaufen?«
    Arnulf schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht! Der Kunde war ein Mann namens Klaus Eberlein.«
    Der Name sagte Richard nichts, doch Arnulf fuhr fort: »Nicht besonders groß, ziemlich quadratisch gebaut, rosige Wangen, wie ein süßes, kleines Kind!«
    »Der Büttel!«, entfuhr es Richard. »Er war mit im Lochgefängnis, als ich die Leiche ...«
    Arnulf grinste breit. »Er ist Silberschlägers Vertrauter. Man munkelt, der gute Bürgermeister habe in seiner großen, großen Barmherzigkeit eine teure Medizin für Eberleins Tochter bezahlt. Seitdem weicht der Trottel ihm nicht mehr von den Hacken. Ist treuer als ein räudiger Köter.«
    Richard setzte all die Einzelheiten, die er soeben erfahren hatte, zusammen. »Das alles ist schön und gut«, meinte er. »Damit könnten wir eventuell verhindern, dass Silberschläger den Mord denJuden anhängt.« Er kam sich schäbig vor, das zu sagen, aber sein eigentliches Problem war mit all diesen Informationen noch nicht gelöst.
    »Stimmt. Darum habe ich auch noch etwas für dich.« Arnulf goss sich ein zweites Mal nach. Es war gerade noch genug Wein für einen halben Becher in der Karaffe, und der Nachtrabe runzelte betrübt die Stirn. »Sibilla hat mir nämlich ein hübsches kleines Geheimnis anvertraut.«
    Richard fuhr auf. »Du hast sie ...?«
    »Ich habe sie nicht angerührt, keine Sorge, du blöder Heiliger! Es reichte, ihr ein kleines bisschen zu drohen.« Er schwieg mit vorgeschobener Unterlippe, und Richard platzte fast vor Ungeduld, endlich zu erfahren, was er zu

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