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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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hat«, sagte sie.
    »So?« Maria stand auf und kam an das Gitter.
    Für einen Augenblick standen sie sich sehr dicht gegenüber, doch als Maria gleichfalls nach den Stäben griff, wich Katharina zurück. »Richard hat es mir erzählt.«
    Maria schwieg. In ihren Augen funkelte es, und dann verzerrte sich ihr Gesichtsausdruck. Auf einmal sah sie aus wie ein völlig anderer Mensch. Katharina wurde es eiskalt. Diese Verwandlung – sie erinnerte sie auf schreckliche Weise an Egbert. Auch in ihm schienen zwei Seelen miteinander zu ringen, schien mal die eine, dann wieder die andere die Vorherrschaft zu erlangen.
    Marias Stimme war einen gut Teil tiefer, als sie jetzt wieder zu sprechen anfing: »Du hast keine Ahnung, Prinzessin, von all dem Bösen, das dort draußen vorgeht! Und wenn ich dir ein guter Vater sein will, dann versuche ich, dich so lange wie möglich davor zu beschützen . «
    Solches Entsetzen packte Katharina, dass sie beinahe aufgewimmert hätte. Sie spürte eine Hand am Arm, drehte sich um. Undeutlich schwamm Richards Gesicht vor ihren tränenblinden Augen.
    »Ich habe deine Hilfe gebraucht, Katharina.« Jetzt sprach Maria wieder mit ihrer eigenen Stimme. »Und du warst nicht da. Aber mein Papa, der war da. Er ist immer bei mir, weil Adonai mich gesegnet hat. Er ist hier. Hier drinnen!« Maria schlug sich gegen die Brust, und es gab ein dumpfes Geräusch, weil sie es mit solcher Kraft tat.
    »Hier drinnen bin ich«, sprach sie dann wieder mit tiefer Stimme weiter, »und ich werde jeden verderben, der versucht, mich von hier zu vertreiben! Und selbst, wenn die schwarzäugigen Dämonen über mich herfallen, wenn die Schlangen zahlreich werden und mir das Fleisch von den Gliedern reißen ...« Sie redete und redete, doch Katharina achtete nicht mehr auf den Inhalt ihrer Worte.
    Eines nur hämmerte in ihrem Kopf, wieder und wieder.
    ... wenn die schwarzäugigen Dämonen über mich herfallen ...
    »Hast du Dagmar und Heinrich getötet, Maria?«, hauchte Katharina.
    Da zuckte Maria zusammen, und wie eine Furie stürzte sie auf Katharina zu. Nur die Eisengitter hielten sie davon ab, gegen sie zu prallen. Mit verzerrtem Gesicht versuchte sie Katharina zu packen, doch Richard war geistesgegenwärtig genug, um sie rechtzeitig zurückzureißen.
    Ganz dicht bei ihm stand Katharina nun, und doch richtete sich ihre ganze Konzentration auf Maria.
    »Ob ich sie getötet habe?«, heulte sie. »Ja! Ja! Ja!«
    Ihre Augen verkehrten sich nach hinten, bis nur noch das Weiße zu sehen war. Sie bleckte die Zähne und schnappte nach Katharina, als sei sie ein tollwütiges Tier.
    Katharina verbarg das Gesicht an Richards Brust.
    »Komm!« Seine Stimme drang durch das Pochen ihres Herzens, das ihr schmerzhaft in den Ohren dröhnte. »Lass uns gehen.«
    Sie wollte nicht. Sie wollte noch immer Maria erklären, was sie gestern Abend von dem Treffen ferngehalten hatte, wollte den Dämon vertreiben, wollte sie wieder gesund machen, aber dann begriff sie, dass es gleichgültig war. Egal, was auch immer sie Maria sagen würde, es würde nichts ändern.
    Sie hob den Kopf von Richards Brust.
    Die Tränen lösten sich aus ihren Wimpern und begannen, ihre Wangen hinunterzurollen. »Ja«, flüsterte sie Richard zu. »Bring mich weg von hier.«
    Arnulf empfing sie am Fuße des Turmes, und er warf einen grimmigen Blick auf Katharinas tränenverschmiertes Gesicht. Zu Richards Erleichterung war er jedoch umsichtig genug, nichts zu sagen, sondern er schloss sich ihnen einfach schweigend an, als sie sich auf den Weg in Richtung Süden machten.
    »Ich bringe dich erst mal zu mir«, meinte Richard, als St. Sebald in ihrem Blickfeld auftauchte. »Thomas kann dir etwas Warmes zu trinken machen, und der Rest findet sich dann.«
    Katharina sah Arnulf an, dann Richard. »Wir müssen reden«, sagte sie leise. »Allein.«
    Doch bevor Richard etwas darauf erwidern konnte, hallte eine laute, wütend klingende Stimme die Straße entlang. »Wollen wir uns das noch länger gefallen lassen?«
    Im selben Moment erreichten sie den Platz zwischen dem Ostchor der Bürgerkirche und der hoch aufragenden Fassade des Rathauses. Hier hatte ein Mann in der Kleidung der Kaufmannschaft eine Gruppe von vielleicht fünfzig Menschen um sich versammelt und hielt eine Rede vor ihnen. Zornig schallten seine Worte durch die angrenzenden Gassen.
    »Es kann doch nicht angehen, dass diese Christusmörder in unserer geliebten Stadt ihre unheiligen Riten feiern!«
    Die Menge murmelte

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