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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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schnell wie möglich zu ihr kommen werde, um ihr Genaueres zu erklären.«
    Bruder Johannes hatte ihrer Rede zugehört, und jetzt blinzelte er erstaunt. »Euer Mann?« Er kannte die furchtbaren Details ihres Lebens.
    Sie nickte. »Er ist am Leben. Das habe ich gestern Abend erfahren, und das ist auch der Grund, warum ich meine Pflichten vernachlässigt habe.« Sie fühlte sich elend dabei, diese Entschuldigung auszusprechen, doch auf eine Weise tat es ihr auch gut, Verständnis in Bruder Johannes’ Gesicht aufflackern zu sehen.
    »Das freut mich«, sagte er, und er klang aufrichtig. »Das freut mich für Euch!« Er griff nach Katharinas Händen, ließ sie aber gleich wieder los. »Ich werde der Priorin von ihrem Bruder berichten. Sie wird sich dann etwas weniger ängstigen, da bin ich sicher.« Er wandte sich zu dem Novizen um. »Michael, wir werden in wenigen Augenblicken das Kloster verlassen, um in St. Katharina eine Krankenkommunion abzuhalten. Geh und bitte Prior Claudius um Ausgang für diese Aufgabe.«
    »Für Euch auch oder nur für mich?«, fragte der junge Mann.
    »Ich habe die Erlaubnis bereits eingeholt. Also nur für dich. Eile dich!« Bruder Johannes wartete, bis Michael im Inneren der Klostergebäude verschwunden war, dann wandte er sich Katharina zu. »Geht!«, sagte er milde. »Und geht mit Gott. Denkt daran: Seine Wege sind unergründlich. Ihr könnt nicht wissen, was sein großer Plan ist, aber Ihr habt darinnen einen Platz, dessen seid gewiss.«
    Katharina nickte. Gewiss war sie sich. Aber die Worte spendeten ihr dennoch kein bisschen Trost.
    Nachdem der Eisenmeister hinter Richard und Arnulf die Tür des Turmes wieder zugesperrt hatten, standen die beiden ratlos da undschauten sich an. Inzwischen war ein eisiger Wind aufgekommen, der den gesamten Burgberg hinaufwehte und Richard das Gewand gegen den Leib presste. Er fröstelte.
    »Diese schwarzen Augen«, meinte Arnulf nachdenklich. »Glaubst du, sie haben irgendetwas mit dem Mord zu tun?«
    Richard dachte an die ausgestochenen Augen von Dagmars Leiche, und dann an jene von Heinrich. Er zuckte die Achseln. »Möglich ist es, oder etwa nicht?«
    Arnulf verzog nur das Gesicht. »Arme Mirjam«, murmelte er, den neuen Namen schon selbstverständlicher nutzend. »Ich habe nie zuvor gemerkt, wie nahe sie am Abgrund entlangstolpert. Was für eine Geschichte!« Er schnaubte höhnisch. »Und uns Nachtraben nennen diese geistlichen Monster gottlos, welch Hohn!«
    Richard war versucht, ihm zuzustimmen. Ein Kind seinen Eltern zu entreißen war wirklich nicht besonders christlich.
    »Glaubst du ihr?«, fragte Arnulf und holte ihn damit aus seinen düsteren Überlegungen.
    »Dass sie nicht die Mörderin ist?« Richard schlug den Kragen seines Gewandes hoch, um sich gegen die schneidende Kälte zu schützen. »Ich bin nicht ganz sicher. Ich würde es gerne.«
    »Ich auch. Der Anblick von Dagmars Leiche hat sie irre genug gemacht, um den Opfertauben die Augen auszustechen, aber sie könnte niemals jemanden umbringen!«
    Richard dachte über die Konsequenz dieser Aussage nach. »Dir ist klar, was es bedeuten würde, wenn sie unschuldig wäre, oder?«
    »Dass der wahre Mörder noch frei herumläuft. Was hast du jetzt vor?«
    »Ich gehe zu Katharina. Sie kannte Heinrich, ich will sehen, ob auch er diese schwarzen Schatten in den Augen hatte.«
    »Meinst du, sie haben etwas mit dem Mord zu tun?«, wiederholte Arnulf seine Frage von vorhin.
    Und Richard gab ihm noch einmal die gleiche Antwort: »Möglich ist es.« Er wies den Burgberg hinab. »Finden wir es heraus!«
    Sie waren erst wenige Schritte weit gekommen, als ihnen eine bekannte Gestalt entgegenkam.
    Richard blieb stehen. »Katharina!«, rief er.

21. Kapitel
    »Richard!«
    Katharina blieb mitten auf der Burgstraße stehen. Mit aller Kraft, die ihr verblieben war, krampfte sie die Hände in ihren Rock, denn sie spürte, wie sie anfing zu zittern. Allzu gerne hätte sie sich in Richards Arme geworfen, aber selbst wenn das in aller Öffentlichkeit für zwei Unverheiratete schicklich gewesen wäre, wäre es spätestens seit dem vergangenen Abend völlig undenkbar geworden.
    Du bist eine verheiratete Frau!, hämmerte sie sich ein. Und dein Mann lebt!
    So unwirklich kam ihr diese Tatsache vor, dass sie taumelte unter der Gewissheit, plötzlich eine Ehebrecherin zu sein.
    Dann riss sie sich zusammen. Sie hatte einen einzigen Kuss mit Richard getauscht, mehr nicht! Und dies war noch dazu in dem Bewusstsein

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