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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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eben betrachtet hatte.
    »Sterner! Wie gut, dass Ihr Zeit finden konntet, sofort zu kommen!«
    Richards Blick streifte über die bunten, anzüglichen Wandmalereien, dann blieb er an dem Gegenstand auf dem Tisch hängen. Es war das Medaillon, das sie im Mund der Leiche gefunden hatten. Er biss die Zähne zusammen, dann richtete er den Blick auf den Bürgermeister. »Euer Bluthund«, er deutete mit einem Kopfnicken hinter sich, wo Klaus Eberlein noch stand und auf Befehle wartete, »hat mir mehr als deutlich gemacht, dass es Nachteile hätte, Eurer Einladung nicht Folge zu leisten.«
    Silberschläger deutete auf die Lehnsessel vor seinem Schreibtisch.»Setzen wir uns doch.« Er wedelte Eberlein fort, und der Mann verschwand wortlos. Erst nachdem die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, wandte Silberschläger sich wieder an Richard. »Ihr wisst, warum ich Euch habe kommen lassen?«
    Richard lehnte sich zurück und kreuzte ungezwungen die Beine an den Knöcheln. Obwohl er innerlich bis zum Äußersten angespannt war, würde er den Mistkerl dort vor sich das auf keinen Fall spüren lassen. »Ich vermute einmal, dass Ihr damit den Anschein aufrechterhaltet«, sagte er kühl.
    Silberschläger schaute ratlos.
    »Den Anschein, dass Ihr alles in Eurer Macht Stehende tun werdet, um den schändlichen Mord an dem armen Mädchen im Luginsland aufzuklären.«
    Die Ratlosigkeit auf dem Gesicht des Bürgermeisters wandelte sich in Missbilligung. »Euer Tonfall gefällt mir nicht.«
    »Das ist Euer Problem, denn einen anderen werdet Ihr von mir nicht bekommen.« Richard wartete einen Augenblick, dann setzte er nach: »Ich weiß von Euren Schulden bei dem jüdischen Geldverleiher.«
    Silberschlägers Augen weiteten sich, jedoch nur für den Bruchteil eines Herzschlags, dann hatte er sich wieder in der Gewalt. »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.«
    »Tausendeinhundert Gulden.«
    Tiefe, unangenehme Stille breitete sich im Kontor aus.
    Richard genoss sie. »Ich weiß auch von dem Medaillon mit dem Davidstern, das Ihr Eberlein habt kaufen lassen.«
    Jetzt wurde Silberschläger blass. »Was habt Ihr vor?«, fragte er tonlos. »Das dem Stadtrat zu erzählen? Ich werde es leugnen, und dann steht Euer Wort gegen das meine. Ich bin Bürgermeister, was seid Ihr?«
    Richard wusste, dass Silberschläger auf eine für ihn eher unangenehme Tatsache anspielte. Wenn es auf diese Weise zu einem Schlagabtausch kam, hätte er tatsächlich die schlechteren Karten. »Ich will, dass Ihr die Schuldigen bestraft, die Maria getötet haben!«
    »Der Eisenmeister sitzt bereits hinter Gittern.«
    »Der Eisenmeister hat nicht das Schwert geführt.«
    »Ihr wart Zeuge?« Silberschläger leckte sich über die Lippen. Seine Augen zuckten unruhig in den Höhlen hin und her, und Richard glaubte sehen zu können, wie die Gedanken hinter seiner Stirn rasten.
    Grübel du nur! , dachte er bei sich. Such einen Weg, deinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Ich werde sie dir schon wieder umlegen.
    So genau wie möglich beschrieb er den Kerl, der Maria getötet hatte. »Ich will, dass Ihr nach dem Kerl suchen lasst! Mit allen Euch zur Verfügung stehenden Mitteln.«
    Nun zuckte Silberschläger die Achseln. »Wenn Ihr meint.«
    Er widerte Richard an. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte er bei dem Aufruhr seine Finger im Spiel gehabt, und jetzt war er ohne Umschweife bereit, die Männer, die er selbst aufgestachelt hatte, über die Klinge springen zu lassen, um seine eigene Haut zu retten.
    »Und ich will, dass Ihr den wahren Mörder des armen Kerls aus der Türmerstube sucht und die Juden in Ruhe lasst.«
    Jetzt verzog sich Silberschlägers Miene zu einem spöttischen Grinsen. »Ihr habt keinerlei Handhabe, um mich dazu ...«
    »Eure Frau«, unterbrach Richard ihn kalt. »Wie ist nochmal ihr Name? Richhild?«
    War Silberschläger zuvor blass geworden, so verwandelte sich sein Gesicht jetzt in eine wächserne Maske. »Was zum Teuf...«
    »Sagen wir, nicht nur Ihr seid in der Lage, die Geheimnisse der Menschen ans Licht zu bringen. Eure arme Frau! Sie muss doch Tag und Nacht Sehnsucht nach ihrem toten Kind haben!«
    Silberschläger wollte ihm widersprechen, aber er setzte nach: »Eine Abtreibung, Bürgermeister! Was glaubt Ihr, werden Eure Ratskollegen sagen, wenn sie erfahren, dass Ihr eine Engelmacherin geholt und für ihre Dienste bezahlt habt?«
    Silberschläger öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Mit seiner bleichen Gesichtsfarbe wirkte er plötzlich wie ein

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