Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
hinzu. Dann erzählte er in kurzen Worten und noch im Flur von einem Mord, der in der Nacht im Hinterhof dieses Hauses geschehen war.
    Der Boden unter Richards Füßen wurde noch unsicherer. »Ein Mord, sagt Ihr?«
    »Ein bizarrer Mord. Der Mörder konnte leider entkommen, bevor mein Herr ihn dingfest machen konnte, aber es gelang ihm zuvor noch, dem Opfer ein Auge auszustechen.«
    Richard wurde es eiskalt. Für einen kurzen Augenblick verweigerte ihm sein Verstand jegliche Zusammenarbeit. »Wer war das Opfer?«, hauchte er und spürte, wie sich eine Hand auf seine Schulter legte.
    Arnulf war hinter ihm ins Haus getreten. Jetzt schob er sachte die Tür ins Schloss.
    »Ein Gast meines Herrn. Ein Mann namens Raphael Krafft.« Von Minden machte eine einladende Geste und bedeutete ihnen, in ein Wohnzimmer zu treten.
    Das Mordopfer war nicht Katharina gewesen!
    Langsam ließ Richard sich auf die Kante eines Sesssels sinken.
    »Bei all deiner Sorge um sie«, sagte Arnulf ruhig. »Dir ist bewusst, was dieser junge Kerl da eben gesagt hat, oder?«
    Richard nickte. Es war ihm bewusst, doch die Erkenntnis hatte einen Augenblick auf sich warten lassen. »Der Mörder ist noch am Leben«, meinte er hohl.
    Arnulf nickte. Er stand mitten im Raum und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Maria war also doch unschuldig!«
    »Unschuldig?«, erkundigte sich von Minden.
    »Krafft war nicht das einzige Opfer.« Richard holte Luft. »Und Maria eine Verdächtige. Aber sie ist tot. Diesen Mord hier bei Euch kann sie nicht begangen haben.«
    Da nickte der junge Mann. »Das erklärt aber noch nicht das seltsame Verhalten von Frau Katharina.«
    Richard beugte sich vor. »Was für ein seltsames Verhalten?«
    »Sie fand heraus, dass der Ermordete schwarze Augen hatte, und gleich darauf rannte sie aus dem Haus, mit den Worten: ›Ich muss sie warnen!‹«
    »Wen warnen?« Diesmal stellte Arnulf die Frage.
    »Irgendeine Nonne in St. Katharina.« Von Minden hob die Schultern. »Das glaube ich jedenfalls.«
    »Und ihr Mann?«
    Richard wäre beinahe zusammengezuckt, als Arnulf Egbert Jacob so nannte.
    »Der ...« Von Minden wirkte bedrückt.
    »Was habt Ihr?«
    »Ich ...« Von Minden schluckte. »Kommt und seht selbst!« Er führte Richard und Arnulf aus dem Wohnzimmer und einen Gang entlang, der in den hinteren Teil des Hauses führte. Hier befand sich eine Küche, in der ein großer Tisch stand. Auf diesen Tisch wies von Minden.
    »Diese Bücher dort. Der Doktor hat in dem obersten gelesen, bevor er Katharina nachgelaufen ist. Seht!«
    Mit einem eisigen Gefühl im Magen beugte Richard sich über das bezeichnete Buch. Es war eng beschrieben, in einer Handschrift, die sich nur mühsam entziffern ließ. Dennoch gelang es Richard, die oberste Zeile zu lesen.
    De arte oculis medendi stand dort. Von der Kunst, die Augen zu heilen .
    Rasch überflog Richard den Rest des Textes. Und richtete sich mit einem Fluch auf den Lippen wieder auf.
    »Was?«, erkundigte sich Arnulf.
    »Hier steht genau beschrieben, wie man einen Star sticht«, flüsterte Richard.
    »Einen Star?«
    Richard schlug mit der geballten Faust auf das Buch, so dass die oberste Seite zerknitterte. »Ein Star ist eine Augenkrankheit«, erklärte er grimmig. »Man heilt sie, indem man mit einer Nadel ...« – er zitierte aus dem Buch – »... vom äußeren Querrand der Hornhaut in die Pupille sticht.«
    »Teufel!« Erschrocken wandte sich Arnulf an von Minden. »Euer Herr, der Doktor, er ist noch nicht lange wieder in Nürnberg, oder?«
    Von Minden schüttelte den Kopf. »Ich bin drei Tage vor St. Martinihier angekommen, und er kann nur wenige Tage länger hier gewesen sein. Jedenfalls nach dem, was er mir erzählt hat.«
    Heinrich wurde ein paar Tage vor Martini ermordet!«, murmelte Richard. Er bohrte den Blick in den des jungen Mannes.
    Arnulf packte von Minden am Kragen. »Wo ist Egbert Jacob?«
    »Er ...« Von Minden befreite sich aus dem harten Griff des Nachtraben. Wütend funkelte er ihn an, bevor er antwortete: »Er ist seiner Frau gefolgt.«
    »Scheiße!«, fluchte Arnulf. Er sprach Richard aus dem Herzen.
    »Los!«, rief er. »Wir müssen zum Kloster! Katharina führt den Mörder geradewegs zu seinem nächsten Opfer!«
    »Erklär mir noch mal«, keuchte Egbert, während er neben Katharina durch die Gassen der Stadt in Richtung Kloster rannte, »warum du glaubst, dass eine Nonne, deren Orden in strenger Klausur lebt, in Gefahr ist, von diesem Mörder umgebracht zu

Weitere Kostenlose Bücher