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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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beschäftigt war, ein zweites Gedeck aufzulegen.
    Richard setzte sich, wartete, bis Arnulf es ihm gleichgetan hatte, und blickte ihn über die Tischplatte hinweg an.
    Der Nachtrabe zuckte die Achseln. »Wieso ist das wichtig?«
    Richard sah zu, wie Thomas ihm einen Becher mit heißer Milch vollgoss, erst danach antwortete er: »Ich weiß nicht, ob es wichtig ist. Die Leiche wurde zuerst im Turm gefunden, und zwar kurz nachdem der Türmer das Weite gesucht hatte.«
    Arnulf nahm sich einen Apfel aus der Schale, die Thomas jetzt auf den Esstisch stellte. »Der ist aber echt, oder?«, fragte er misstrauisch, während er die Frucht am Ärmel blank rieb.
    Thomas nickte. »Natürlich.« Fragend blickte er Richard an, doch der lächelte nur, und der Diener verließ den Raum.
    »Ich dachte, die Leiche war verwest! Soll das heißen, der Türmer hat monatelang mit ihr in einem Raum gewohnt? Wie krank im Kopf muss jemand sein, um das zu tun?«
    Richard dachte unwillkürlich an Maria, sparte es sich aber, den Freund darauf hinzuweisen, wie krank jemand sein musste, um Menschen zu töten und ihnen die Augen auszustechen. »Mich treibt etwas ganz anderes um«, sagte er nachdenklich. »Nämlich etwas, das Enzo Pömer mir damals erzählt hat, als wir den Jungen in seinem Keller seziert haben.«
    »Den Türmergesellen.« Arnulf nickte und biss in seinen Apfel. »Ich erinnere mich!«
    »Damals erzählte Pömer mir, dass der Türmer kurz vor dem Jungen gestorben war.«
    Arnulf hob eine Augenbraue, während er kaute und dann schluckte. »Kann aber nicht sein, oder? Ich meine, wenn der Rat in den letzten Jahren keinen neuen einstellen musste, heißt das doch, dass der alte seine Arbeit zur Zufriedenheit erledigt hat.«
    »Was er nicht konnte, wenn er im August gestorben ist. Irgendwas stimmt doch da nicht!« Richard nahm sein Messer und spielte damit herum.
    Arnulf deutete mit dem angebissenen Apfel auf ihn. »Vielleicht hat Pömer sich damals geirrt. Wer weiß das schon!«
    »Habe ich auch schon überlegt. Möglicherweise hat es ja auch gar nichts zu bedeuten.« Richard griff nach dem Brot und schnitt ein Stück davon ab. »Aber es beschäftigt mich seit gestern Abend.«
    »Du solltest dir lieber Gedanken über etwas ganz anderes machen«, riet Arnulf.
    »Aha!« Richard legte das Brotstück vor sich nieder. »Jetzt kommen wir zum Grund deines Besuchs, oder?«
    »Ja.« Arnulf aß den Apfel auf und legte die Überreste auf den Teller vor sich. Etwas war plötzlich an seiner Haltung, seiner Miene, das bei Richard alle Alarmglocken läuten ließ.
    »Was ist passiert?«, fragte er leise.
    Da holte Arnulf seufzend Luft. »Ich bin gestern bei Katharina gewesen.«
    »Warum das?«
    Arnulf schwieg, und Richard wusste, dass er ihm hatte helfen wollen.
    »Weiter?«, forderte er mit zunehmend mulmigem Gefühl.
    »Sie ist nicht ins Henkershaus gegangen, wie ich es vermutet hatte.«
    Wieder wartete Richard.
    »Sie ging in ein Haus an der Frauentormauer. Das Fischerhaus, du kennst es vielleicht.«
    »Und?« Die Ungeduld machte Richard unwirsch. »Vielleicht hat sie einen Patienten dort.«
    Sanft schüttelte Arnulf den Kopf. »Sie heilt nicht mehr. Jedenfalls nicht in den Patrizierhäusern, und das weißt du.«
    »Herrgott noch mal!« Richard warf die Arme in die Luft. »Macht es dir Spaß, mich so auf die Folter zu spannen, oder was?«
    Da schüttelte Arnulf sanft den Kopf. »Nein. Und das weißt du auch.«
    Und Richard begriff, wie schwer es ihm fiel, das auszusprechen, was zu sagen er gekommen war.
    »Sie ...« Arnulf räusperte sich. »Das Haus wurde kürzlich verkauft, Richard. Und der Käufer ist ein Mann namens ... Egbert Jacob!«

24. Kapitel
    Klirrend fiel Richards Messer auf seinen Teller.
    »Das ... ist unmöglich!« Er musste Luft holen, bevor er den Satz zu Ende sprechen konnte.
    Mit Bedauern im Blick schüttelte Arnulf den Kopf. »Ich fürchte, das ist es nicht. Katharina ist keine Witwe, wie du geglaubt hast, Richard! Sieht ganz so aus, als sei ihr totgeglaubter Ehemann plötzlich von den Toten auferstanden.«
    Richard stützte den Kopf in die Hände. Er hatte das Bedürfnis, ihn zu schütteln, wieder und wieder. »Das kann nicht sein!«
    »Erinnere dich daran, dass sie neulich wirkte, als wolle sie dir etwas sagen. Und warum sonst sollte sie dir plötzlich aus dem Weg gehen, wo ihr doch gerade so dicke ...«
    »Egbert? Am Leben?« Richard fühlte sich wie eine Puppe, der jemand alle Fäden abgeschnitten hatte. »Unmög...« Er brach

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