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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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dafür kenne ich euch viel zu gut. Tatsächlich ist euer Verhalten nur unreif. Ihr seid einerseits kritikunfähig, andererseits verabscheut ihr jede Form von Logik zutiefst. Für jemanden, der die eigentümliche Unschärfe eures Geistes so gut kennt wie ich, ist es nur folgerichtig, dass ihr nach außen hin wiederum einen besonderen Wert auf Logik und Vernunft legt. Dass euer Verhalten dem diametral widerspricht, seht ihr nicht.
    Wie dem auch sei, er wandert wieder und ich wandere mit ihm .
    Sie hat mich bemerkt. Ich weiß nicht, ob er sie testet oder nur Station macht auf dem Weg zu jemand anderem. Ich bin der Wächter im Hintergrund. Der Wächter in Menschengestalt. Ihr habt eine Aufgabe, auch wenn sie euch unbekannt ist. Zu beurteilen, ob und wann ihr bereit dafür seid, gehört zu unseren Aufgaben. Und manches andere natürlich auch.
    Eure Lebensumstände haben sich wirklich stark verändert in den letzten 300 Jahren. Die heutige Kleidung ist bequemer, obwohl ich den Degen vermisse. Na ja, die Mode ... Ihr selbst dagegen ... Signora Dragani zum Beispiel kenne ich seit uralten Zeiten. Nicht diese, natürlich. Aber ihr oszillierendes Wesen ist fast so alt oder jung wie eure Spezies. Einnehmend und vereinnahmend, herrschend und duldend, anziehend und abstoßend. Sehr menschlich, würdet ihr mit einer gewissen Zufriedenheit anmerken. Vernünftigen Kreaturen fällt es wirklich nicht leicht, sich daran zu gewöhnen, dass ihr – als letztlich doch intelligente Wesen – so viel Vergnügen daran findet, euch mit euren Unzulänglichkeiten und eurer inneren Zerrissenheit zu brüsten.
    Der lange Dünne war gut, sehr gut. Er hat ihn schneller verstanden als irgendeiner seiner Rasse zuvor. Obwohl er gleich darauf fast seine Freundin erschlagen hätte. Irgendwie typisch. Er konnte es gerade noch verhindern. Das hat mich ziemlich überrascht. Es ist sonst nicht seine Art, sich so direkt einzumischen. Sie haben es natürlich nicht bemerkt. Sind ohnehin nahe am Durchdrehen. Ist ja auch verständlich, so voll gestopft mit Gegensätzen und Widersprüchen. Ich denke, heute besuche ich eine Disco. Es macht richtig Spaß, sich so altmodisch zu bewegen.

34___
    Antonio fühlte sich herrlich. Viel besser, als er sich je zuvor gefühlt hatte. Nicht erst seit diesem wahnsinnigen Moment der vergangenen Nacht, seit dem Durchbruch. Nicht erst, seit der A-Grav in seinen Händen aktiv wurde. Er wunderte sich kurz, dass er ihn weggegeben hatte, warum? Wegen Chiara? Nein, die wusste gar nichts davon. Ob der A-Grav selbst ...?
    Jedenfalls fühlte er sich gut, sehr gut. Wenn er gewusst hätte, dass dies genau der Formulierung des Wächters entsprach ...
    Seit einiger Zeit schien er nicht mehr der Antonio zu sein, als der er zuvor durch sein labyrinthisches Leben getaumelt war. Seine Gedanken hatten sich geschärft, sie erschienen ihm klarer denn je. Mit den Gedanken die Ziele. Mit den Zielen sein Wille. Alles musste immer da gewesen sein. Aber undeutlich. Er hatte es immer gesehen. Aber durch gefärbtes Glas, durch satiniertes Glas, durch dichten Nebel. Was er getan hatte, schon von klein auf, war nichts als der Versuch gewesen, Nebel weg zu schaufeln. Nebel schaufeln ist eine mühselige Aufgabe. Dann auf einmal diese Klarheit. Wie einfach alles ist. Seit Jahren wollte er sich ernsthaft auf die Suche nach Marias Kammer machen, ohne recht zu wissen, weshalb. Oft fuhr er aufs Gut. Manchmal allein, manchmal mit Freunden. Manchmal kehrte er unterwegs um, manchmal direkt vor dem Ziel. Oder sie drangen bis in die ersten Gänge vor, spielten Verstecken wie kleine Kinder und machten eine Party daraus. Wilde Partys. Er spielte mit den Silberscheiben in seinem Jackett und machte sich auf den Weg.
    Drei Typen wollte er treffen, drei Studenten, die er seit langem kannte, drei Söhne reicher Väter, die in Florenz ein sorgloses Leben führten und es mit dem Abschluss ihres Studiums nicht eilig hatten. Drei Versager wie er selbst, hätte Antonio noch vor wenigen Tagen gedacht. Mit dem Unterschied, dass sie es sich leisten konnten, ihr ganzes Leben lang zu versagen, weil Geld ab einer bestimmten Menge kaum weniger wird, meistens nur noch mehr – es sei denn, man stellt es besonders dumm an oder hat besonderes Pech. Doch er, Antonio, war nun kein Versager mehr. Er würde es nun allen zeigen.

35___
    Drei Typen. Der Deutsche war der Ungewöhnlichste, mit ihm wollte er beginnen. Johann Greifenburg. Er hatte bereits als Embryo mit dem Geigenspiel begonnen, weil

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