Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
Angelinas Gesicht war Lindseys eigener Kopf geklebt. »Bradsey« vielleicht?
Die Tür öffnete sich, bevor ich klopfen konnte. Lindsey stand im Türrahmen und sah auf eine Zeitschrift in ihrer Hand. Sie trug die Haare in einem langen Pferdeschwanz und hatte sich des für Cadogan üblichen Kostüms entledigt. Stattdessen stand sie in einem kurzärmeligen und eng anliegenden T-Shirt und Jeans vor mir.
»Ich habe auf dich gewartet«, sagte sie.
Ich blinzelte sie an. »Was?«
»Ich bin eine Telepathin, schon vergessen?« Sie grinste mich an und wedelte mit einer Hand durch die Luft. »Hu-huuu«, sagte sie und machte sich offensichtlich über ihre übernatürlichen Kräfte lustig. »Ich habe gespürt, dass du mich besuchen würdest, und ich weiß, dass du Hunger hast.«
»Du kannst übersinnlich wahrnehmen, dass ich Hunger habe?«
Sie schnaubte kurz. »Ich weiß das, weil du Merit bist. Wann hast du denn mal nicht Hunger?«
Sie hatte nicht ganz unrecht.
Ich konnte nur kurz einen Blick in Lindseys Zimmer werfen, bevor sie die Zeitschrift hineinwarf und die Tür zumachte. Der Schnitt und die Möbel waren genau wie in meinem Zimmer – klassisches Vampir-Studentenwohnheim-Zimmer –, aber ihres war ein wahres Farbfeuerwerk. Die Wände hatte sie karminrot gestrichen, und ein großer Teil von ihnen war mit auffälligen Postern, Bildern und Albumcovern überzogen. Direkt über ihrem Bett hing eine riesige New-York-Yankees-Fahne. Lindsey war zwar in Iowa geboren, aber sie hatte einige Zeit in New York verbracht. Offensichtlich war da was haften geblieben. Zwar mochte ich den Big Apple wie jedes andere Mädchen auch, aber ich war mit ganzem Herzen Cubs-Fan. Für die Yankees zu sein war ein Leid, von dem sie sich anscheinend nicht befreien konnte.
Als sie die Tür geschlossen hatte, sah sie mich an und klatschte in die Hände. »Okay, heißeste Hüterin aller Zeiten. Lass uns mal nach unten gehen, damit du was zu knabbern bekommst und ein wenig am Spaß teilhaben kannst, der nur durch das Zusammenleben mit deinen Brüdern und Schwestern ermöglicht wird!«
Ich kratzte mich geistesabwesend am Oberarm. »Es ist nur …«
»Sie hassen dich nicht.«
»Du musst wirklich damit aufhören.«
Lindsey hielt beide Hände hoch. »Das stand dir ins Gesicht geschrieben, Schätzchen. Ganz ehrlich, sie hassen dich nicht. So, und jetzt sei still, damit wir was essen können.«
Gehorsam hielt ich meinen Mund, folgte ihr den Flur entlang zur Haupttreppe und hinunter ins Erdgeschoss.
Um diese Uhrzeit hielten sich hier kaum Vampire auf. Ein oder zwei saßen in Gespräche vertieft herum oder lasen ein Buch. Im Haus begann es ruhiger zu werden, da sich die Vampire auf den Sonnenaufgang vorbereiteten.
Wir gingen durch den Flur zur Cafeteria, in der sich eine Handvoll Novizen mit Tabletts und in einer U-förmigen Warteschlange an dem vielschichtigen, durch Glas geschützten Essensangebot vorbeischob. Wir stellten uns hinten an, nahmen uns Tabletts und folgten der Schlange.
Das Essensangebot umfasste hauptsächlich Frühstückssachen – süßes Gebäck, Eier und Speck. Für ein Abendessen schien es ein wenig ungewöhnlich, aber andererseits war es fast fünf Uhr morgens.
Ich schnappte mir einen Karton mit Schokoladenbiomilch, ein Kirschplunderstück und einen kleinen Berg Speck. Vermutlich brauchte ich vor dem Schlafengehen kein ordentliches Frühstück, aber meiner Einschätzung nach würden mir Eiweiße sicherlich nicht schaden. Und mal unter uns gesagt: Wenn man einer Vampirin einen Teller mit Speck unter die Nase hält, wird sie da Nein sagen?
Mit vollem Tablett schlich ich hinter Lindsey her, während ich darauf wartete, dass sie und die Vampire vor uns sich für ein Essen entschieden. Sie drückte aus einem Plastikbären Honig auf ihre Haferflocken, hob ihr Tablett hoch und ging zu einem leeren Tisch. Ich folgte ihr und setzte mich ihr gegenüber.
»Will ich fragen, was unten los ist?«
Ich sah zu ihr auf. »Unten?«
Sie nahm einen Löffel voll Haferflocken und knabberte ein wenig daran. »Noch mal«, sagte sie, »ich bin Telepathin. Heute flippen in ganz Cadogan die Vampire aus. Sie sind alle sehr aufgeregt. Vorbereitungen vielleicht?«
Es bestand praktisch kein Zweifel, dass Lindsey als Wache irgendwann von Celina erfahren würde. »Celina ist freigelassen worden«, flüsterte ich und biss eine Ecke meines Kirschplunderstücks ab.
»Oh Scheiße!«, sagte sie. Sie klang überrascht und besorgt zugleich. »Das erklärt, warum
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