Chicagoland Vampires 02 - Verbotene Bisse
in der ich mit dem Bokken in der Hand anfing, einen tödlichen Tanz aufzuführen, schrie die Vampirin in mir ihr Verlangen heraus, befreit zu werden.
Als ich mich drehte, das Bokken vor mir, dehnte sie sich genüsslich in meinen Armen und Beinen, und meine Augenlider zuckten kurz bei dieser Empfindung – als ob Wärme durch meine Adern schösse, als sie sich in mir bewegte. Die Wärme war schon großartig genug – in einem Vampirkörper war das eher selten –, aber dann ging sie einen Schritt zu weit.
Ohne Vorwarnung drängte sie sich nach vorne und übernahm die Kontrolle über mich, als ob jemand in meinen Körper eingetreten wäre und von ihm Besitz ergriffen hätte. Ich sah, wie sich vor mir etwas abspielte, aber es war sie, die meine Arme bewegte, die für meine plötzliche Geschwindigkeit und Geschicklichkeit sorgte. Eine Geschwindigkeit und Geschicklichkeit, die noch nicht mal von einem Hexenmeister erreicht werden konnte, dessen besondere Fähigkeit, dessen magischer Daseinszweck der Umgang mit Waffen war.
Für das tolpatschige Umhergehopse eines Menschen hatte sie keine Geduld. Wo ich mich verteidigt hätte, griff sie an und schlug auf Catcher ein. Sie zwang ihn mit einer Drehung bis fast an das Ende der Matten zurück. Das Ganze lief wie ein Film vor meinen Augen ab, als ob ich in meinem Kopf in einem Kino sitzen und mir den Kampf ansehen würde.
Als mein Bokken Catchers Kopf an der Seite streifte, nur wenige Millimeter von Kopfhaut und Schädel entfernt, da zwang die Erkenntnis, dass ich ihn hätte verletzen können, und zwar schwer, mich – und das hieß Merit – wieder an die Oberfläche. Ich atmete aus, als ich mich drehend vor einem weiteren Angriff in Sicherheit brachte, und unterdrückte sie wieder.
Als ich genügend Sauerstoff in meinen Körper aufgenommen hatte und ihn wieder ansah, entdeckte ich etwas Unerwartetes in seinem Blick. Nicht Missbilligung.
Sondern Stolz.
Ich entdeckte keine Furcht, weil ich ihm fast die Kehle aufgeschlitzt hätte, keine Wut, dass ich zu weit gegangen war. Stattdessen funkelten seine Augen begeistert vor Kampflust.
Ich glaubte, dass dieser Blick schlimmer als alles andere war. Es ließ sie innerlich erbeben, dieser Stolz, dieses Verlangen in seinen Augen.
Mir jagte es Angst ein. Ich hatte sie für einen Sekundenbruchteil freigelassen, und ich hätte meinem Lehrer fast eine Gehirnerschütterung beigebracht. Die Schlussfolgerung fiel mir ziemlich leicht – meine Vampirin würde ich auf ewig unterdrücken.
Bedauerlicherweise hatte die Unterdrückung des Vampirs in mir zur Folge, dass ich kaum noch mit Catcher Schritt halten konnte. Sicher, Catcher würde nun keine wichtigen Körperteile mehr verlieren, aber wie Yeats schon vorausgesagt hatte: Alles war in Auflösung begriffen. Der Teil meines Gehirns, der sich darum gekümmert hatte, meine Verteidigung aufrechtzuerhalten und die Vampirin in mir niederzuringen, musste jetzt auch daran denken, wie knapp ich daran vorbeigeschrammt war, sein Blut zu vergießen, wie kurz ich davorgestanden hatte, den Mann, der mich auf die kommenden Kämpfe vorbereiten sollte, zusammenzuschlagen.
Ob nun Experte im zweiten Schlüssel oder nicht, Catcher wurde müde. Natürlich wusste er seine Waffen einzusetzen. Wie und wo er sein Bokken benutzen musste, um das optimale Ergebnis zu erzielen. Aber er war immer noch ein Mensch (zumindest nahm ich das an), und ich war ein Vampir. Ich besaß das größere Durchhaltevermögen. Was ich allerdings nicht besaß – vor allem, wenn ich verzweifelt versuchte, mich zusammenzureißen –, war ein Händchen für den Zweikampf. Was bedeutete, dass er zwar ermüdete, aber ich ständig schlechter wurde. Ich ertrug seine Kritik, obwohl sie demütigend war. Aber schlimmer noch waren die Schläge, die ich einstecken musste.
Zweimal griff er in einer Art halbherziger Bogenbewegung mit dem Bokken an. Zweimal bekam ich den Schlag ab. Einmal über den linken Arm – der immer noch wie Feuer vom ersten Treffer brannte – und einmal quer über die Wade, was mich vor meinen Kollegen in die Knie gehen ließ.
»Steh auf«, sagte Catcher und zeigte mit der Spitze seines Bokken auf mich. »Und könntest du diesmal wenigstens versuchen, mir auszuweichen?«
»Ich versuche es ja«, murmelte ich, stand auf und nahm wieder Haltung an.
»Weißt du«, sagte Catcher und stürmte mit einer Bewegungsabfolge auf mich zu, die mich an den anderen Rand der Matten trieb. »Celina wird dir keine Gelegenheit geben, dich
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