Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
»Vergeben?«
»Und nicht mal interessiert.«
»Autsch«, sagte er und zog das Wort in die Länge. »Auch noch frech. Das mag ich.«
Unwillkürlich musste ich lächeln. Sein Angebot reizte mich nicht – und tatsächlich schien ich vergeben zu sein –, aber es war dennoch sehr schmeichelhaft. Adam Keene war eine geradezu tödliche Mischung aus gutem Aussehen, Charme und Frechheit.
»Ich bin außerdem noch neugierig«, gab ich zu. »Und in den wenigen Minuten, die du hier stehst, bist du jeder persönlichen Frage ausgewichen, die ich dir gestellt habe.«
Er hielt seine freie Hand hoch. »Entschuldige bitte. Ich wollte nicht ausweichend wirken. Du bist ein Vampir; ich bin ein Formwandler. Mir gefällt zwar diese Romeo und Julia-Spannung zwischen uns beiden, aber wir sind doch eher vorsichtig, wenn es gilt, den Blutsaugern Antworten zu geben.«
»Das kann ich verstehen«, sagte ich und nickte zustimmend. »Lass es uns noch mal versuchen. Was macht ein Formwandler wie du in seiner Freizeit?«
»Nun«, sagte er, sah zu Boden und blinzelte kurz, während er darüber nachdachte. »Ich grille gern. Ich stemme ein paar Gewichte. Ich hau gerne in die Saiten.«
Ich hob die Augenbrauen. »Du haust in die Seiten? Meinst du etwa Boxen?«
Vor meinem geistigen Auge entstand ein Bild eines Rings, in dem zwei Formwandler sich grün und blau schlugen und dank ihrer magischen Kräfte wahre Feuerwerke auslösten. Die Zuschauer wären begeistert.
Er lachte leise. »Nein, nein. Hauen im Sinne von Gitarre spielen. Ich vertreibe mir die Zeit mit einer zwölfsaitigen. Nichts Ernstes. Einfach nur zum Entspannen, vielleicht draußen auf der Veranda mit einem Bier, und dazu schau ich mir die Sterne an.«
»Hört sich nach einer ziemlich guten Idee an, wie man den Abend verbringen kann.« Ich fragte mich, wo sich diese Veranda befand. »Woher kommst du denn?«, fragte ich erneut.
Er zögerte und spielte mit dem Rand seines Plastikbechers, bevor er mich ansah. »Du hattest mit Memphis recht«, sagte er schließlich. »Wir haben einen Bau auf der East Side – außerhalb der Stadt, damit ihre Lichter uns nicht die Sicht auf die Sterne versperren.« Er runzelte die Stirn. »Es ist seltsam, hier zu sein – große Stadt, viel zu sehen, und ich mag das Wasser, aber es gibt keine Sterne.«
»Nicht viele«, gab ich ihm recht. »Aber ich habe sie auch woanders nicht wirklich gesehen. Ich habe in New York gelebt und in Kalifornien.«
»Du scheinst Beton zu mögen.«
»Scheint so. Obwohl die Vorstellung, in diesem Augenblick auf einer Veranda mit einem Bier in der Hand zu sitzen, ziemlich verlockend ist.«
»Das ist doch genau der Punkt, oder?«
Ich neigte den Kopf zur Seite. »Was meinst du damit?«
Adam deutete in den Raum. »Das hier. All das. Wir könnten alle mit einem Bier in der Hand auf einer Veranda sitzen. Stattdessen sind wir in einem schicken Haus in Chicago und warten darauf, uns wegen unserer Zukunft zu streiten.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich werde das tun, worum mich Gabriel bittet, aber ich kann es verstehen, dass die Leute nach Hause wollen.«
»Wo wir gerade dabei sind, gibt es eigentlich was Neues von Tony? Hat er die Verantwortung für den Angriff übernommen? Hat er Gabriel herausgefordert?«
Adam schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, nicht. Aber die Frage solltest du Gabriel stellen.«
»Weißt du, ich glaube, wir haben uns gerade tatsächlich normal unterhalten. Das war doch gar nicht so schlimm, oder?«
Er hob eine Hand an den Hals. »Meine Halsschlagader scheint noch in Ordnung zu sein, also nein, so schlimm war es nicht.«
»Einige von uns haben was Besseres zu tun, als ständig die Zähne in jemanden zu schlagen, weißt du.« Außer natürlich man steckte mich in einen Raum mit Ethan Sullivan.
KAPITEL ZWÖLF
Verhüllt den Mond
Wie Adam sagte, schienen wir Gäste bei der Wiedersehensfeier einer großen Familie zu sein. Bis Gabriel in der Mitte des Wohnzimmers der Breckenridges auf die Couch stieg.
Er verschaffte sich die Aufmerksamkeit der Menge mit einem lauten Pfeifen, das mir fast das Trommelfell platzen ließ. Diesem Geräusch folgte das nervenaufreibende Klingeln von hundert Silbergabeln, die auf hundert Weingläser schlugen, und es hörte erst dann auf, als er auf der Couch hochsprang und die Hände in die Luft riss.
»Rudel!«, schrie er, und der Raum halte von hundert Stimmen wider – von Geschrei, Gejohle, Pfiffen, Gebrüll und Geheul. Der Krach wurde begleitet von einer
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