Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
mit.
Ich danke dem Herrn, dass du sie schnell genug erreicht hast, antwortete er.
»All unsere Leben sind miteinander verwoben«, sagte Gabriel. »Vampir oder Formwandler, Mann oder Frau, unsere Herzen schlagen im Gleichklang mit dem Puls der Erde. Und unsere Herzen sind nicht die Einzigen, die mit ihr verbunden sind.« Er sah erst Ethan an, dann mich. Jemand reichte ihm einen Becher, und Gabriel hob ihn. »Wir entbieten unsere Freundschaft.«
Ethans Augen wurden schlagartig groß, aber er verbarg seine Gefühle sofort wieder und verbeugte sich demütig vor den Formwandlern, die einen Toast auf uns aussprachen.
»Aber heute Abend versammeln wir uns nicht«, sagte Gabriel. »Heute leben wir und atmen wir und erfreuen uns unserer Freunde und Familien. Heute Abend«, sagte er und zwinkerte mir zu, »essen wir.«
Es dauerte weitere zehn bis fünfzehn Minuten, bevor sich Gabriel einen Weg durch die Menge zu uns gebahnt hatte. Auf seinem Gesicht spiegelten sich viele Emotionen wider; selbst die Magie um ihn herum schien zu bezeugen, dass er sich hin- und hergerissen fühlte.
»Vielen Dank, dass du uns die Gelegenheit ermöglicht hast, hier zu sein«, sagte Ethan zu ihm. »Das zu erleben war etwas ganz Besonderes.«
Gabriel nickte. »Ihr seid ein Risiko eingegangen, das viele andere nicht eingegangen wären.«
»Das war das Mindeste, was wir tun konnten«, sagte Ethan.
Gabriel sah mich an. »Du bist zu ihr gerannt. Du hast dein eigenes Leben riskiert, um sie aus der Schusslinie zu bringen, um sie zu schützen.«
»Ich habe nur das getan, was jeder andere auch getan hätte.«
»Du hast ein Leben gerettet.« Er meinte die Worte ernst, aber sie klangen irgendwie scharf, und er wirkte auch irgendwie unglücklich.
Er scheint deswegen mit sich selbst im Streit zu liegen, teilte ich Ethan mit.
»Machst du dir … wegen etwas Gedanken?«, fragte Ethan.
Er schüttelte den Kopf. »Ich werde auch in Zukunft in Merits Schuld stehen«, sagte er. »Einen Teil meiner bisherigen Schuld habe ich bereits abbezahlt – ich habe mich um die Breckenridges und ihre unbegründete Feindseligkeit gekümmert.«
Den Teil kannten wir bereits – Gabriel hatte es eingeräumt, als er Haus Cadogan aufgesucht hatte.
Welche Schuld er noch meinte, war mir nicht klar, aber ich war mir sicher, es hatte etwas mit Familie zu tun. Ob es nun um seine oder meine ging, um das Rudel oder Vampire, wusste ich nicht. Ich kam zu dem Schluss, dass es nicht schaden konnte zu fragen. »Wieso wirst du in meiner Schuld stehen?«
»Das darf ich nicht preisgeben, Hüterin. Die Zukunft ist in ständiger Bewegung. Ich kann ihre Wellen sehen, in die Tiefen des Wassers, aber das bedeutet nicht, dass die Zukunft unveränderbar wäre, dass Ereignisse nicht verändert werden könnten.« In diesem Punkt unterschieden sich Formwandler von Hexenmeistern: Hexenmeister sprachen ihre Prophezeiungen aus, wann immer sie konnten, auch wenn die Prophezeiungen oft nur schwer zu verstehen waren.
»Kannst du mir einen Hinweis geben? Du hast etwas über Familie gesagt. Meine? Deine?«
Gabriel hob den Kopf und sah zur anderen Seite des Raums. Ich folgte seinem Blick zu einer Frau, die an der Seite stand, umgeben von Freunden und Verwandten. Ihre dunklen Haare umrahmten ihr Gesicht, das frisch und rosarot aussah, und sie stützte ihren angeschwollenen Bauch. Das waren Tonya, seine Frau, und Connor, sein Junge, ein zukünftiges Mitglied des Keene-Clans und des Zentral-Nordamerika-Rudels. Der zukünftige Anführer aller Rudel?
»Ich verrate nicht zu viel«, sagte er, »wenn ich andeute, dass das Wohlergehen meiner Familie in deinem Einflussbereich liegt.«
Wir schwiegen alle für einen Moment, als uns die Bedeutung seiner Aussage klar wurde. Ich war mir nicht sicher, ob ich mich geschmeichelt fühlen sollte, dass Gabriel mich für fähig hielt, seine Familie zu beschützen – oder ob ich mir Sorgen machen sollte, weil er mir diese Verantwortung aufbürdete.
»Andererseits sollten die Rudel die Last meiner Schuld anderen gegenüber nicht auf sich nehmen müssen.« Er schluckte schwer. »Ich kann keinerlei Bündnisse garantieren. Alles, was ich sagen kann, ist, dass ich den Gedanken nicht gänzlich beiseiteschieben werde. Das ist alles, was ich anbieten kann.«
Mit dieser schlichten Aussage – dass er sich ein Bündnis mit Vampiren vorstellen konnte – machte Gabriel Keene Geschichte.
»Bevor wir gehen«, sagte ich und brachte uns zurück zu den aktuellen Problemen, »habt ihr
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