Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
Handgelenk, ein anderer an der Halsschlagader. Doch ihre verzückten Mienen schrien förmlich vor Begeisterung … bis ich an einer vorbeikam, die keineswegs diesen Eindruck vermittelte. Ich blieb abrupt stehen.
Sie hockte auf dem Betonboden und hatte ihren Rücken an einen der Stahlpfeiler gelehnt. Sie hatte die Beine angezogen, ihr Kopf hing schräg auf ihrer Schulter, und ihre Augen blinzelten ständig, als ob sie Schwierigkeiten hätte, die Welt um sich herum klar zu fokussieren.
Verzauberung. Und zwar in gewaltiger Dosis, wenn man vom Kribbeln in der Luft ausging.
Menschen, die gewillt waren, sich mit der Finsternis einzulassen, waren eine Sache, aber das hier war etwas gänzlich anderes. Da lag kein Einvernehmen vor.
Ethan hatte mir mal erzählt, dass die Verzauberung nur darauf abzielte, die Hemmschwellen des Menschen zu senken. Dass ein Mensch nichts tun würde, was er nicht auch sonst zu tun bereit wäre. Doch nichts ließ bei diesem Mädchen darauf schließen, dass sie Freude empfand … oder ihre Einwilligung dazu gegeben hatte.
Ich selbst hatte noch nie von einem Menschen getrunken. Natürlich war dieses Bedürfnis bei mir auch nie wirklich entstanden. Meine jüngsten Erfahrungen mit Menschen waren nicht gerade erfreulich gewesen. Und die junge Frau hier? Ich muss wohl nicht extra betonen, dass es mich überhaupt nicht verlockte, eine betäubte Frau zu beißen, die ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage war, einem solchen Vorgang zuzustimmen, ob ich nun Vampir war oder nicht. Es schien fast, als ob meine Vernunft immer noch deutlich stärker wäre als mein Blutdurst.
Ich kniete mich vor ihr hin, konnte jedoch keine Bissspuren erkennen. Sie mochte natürlich an Stellen gebissen worden sein, die ich nicht auf den ersten Blick sehen konnte, aber es lag auch kein Blutdunst in der Luft.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich sie.
Sie sah zu mir auf. Ihre Augen wirkten fast wie schwarze Kugeln, denn ihre Pupillen waren unnatürlich geweitet – das genaue Gegenteil von den Vampiren. »Ich bin völlig zufrieden.«
Ich war mir ziemlich sicher, dass sie das selbst nicht glaubte. »Das hört sich stark nach Verzauberung an. Hast du – haben sie … «
»Ob sie mein Blut getrunken haben, willst du wissen?« Sie lächelte betrübt. »Nein. Ich hoffe aber, sie tun das noch. Glaubst du, es liegt daran, dass ich nicht hübsch genug bin?« Sie streckte eine unsichere Hand aus und berührte das Ende meines Pferdeschwanzes. »Du bist sehr hübsch.«
Doch dann ließ sie die Hand fallen, ihre Augen flatterten und schlossen sich. Sie sah blass aus, zu blass. Ich war mir nicht sicher, ob eine Verzauberung so stark sein konnte, dass sie einen Menschen krank machte; wenn es nicht an der Verzauberung oder einem möglichen Blutverlust lag, hatte ihr vielleicht jemand etwas ins Getränk gemischt.
Ich musste sie auf jeden Fall hier rausbringen, egal, was nun der Grund war.
Sie versuchte ihre Augen wieder zu öffnen, schaffte es aber kaum. »Du wirst ewig leben, weißt du. Das machen alle Vampire.«
»Das trifft bedauerlicherweise nicht unbedingt auf Vampire zu, die sich wie ich andauernd in Schwierigkeiten bringen.«
Ich hätte nach diesem Satz wirklich auf Holz klopfen sollen, aber immerhin roch ich das alte Blut an dem Vampir hinter mir, noch bevor er mich angriff.
Ich fluchte leise vor mich hin, als ich rasch aufstand und mich dabei drehte, um ihm entgegentreten zu können. Er war groß gewachsen, muskulös, hatte dunkles, lockiges Haar und ein Kinn, das ein bisschen zu kräftig ausfiel. An einem Mundwinkel war Blut zu sehen, und es machte mich stolz, in diesem Moment feststellen zu können, dass ich nicht das geringste Interesse daran hatte.
Seine Augen waren vollständig silbern wie bei allen anderen Vampiren, die ich hier bisher gesehen hatte.
»Pfuschst du mir ins Handwerk, Vampirin?«
»Sie ist krank«, sagte ich ihm. »Das hier ist nicht der richtige Ort für sie. Wenn du menschliches Blut willst, such es dir woanders.«
Die Vampire in unserer Nähe sahen zu uns herüber. Ihre Blicke wanderten zwischen mir und ihm hin und her, als überlegten sie noch, auf welche Seite sie sich schlagen sollten. Er sah sich mit einem Beifall heischenden Lächeln um.
»Oooh, haben wir hier jemanden, der mit Menschen sympathisiert? Tun dir die kleinen Menschlein vielleicht leid?«
Ich bedauerte sie nicht – aber ich fühlte durchaus mit ihr. Ich wusste schließlich, was es bedeutete, ohne Einwilligung gebissen
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