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Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)

Titel: Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chloe Neill
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den Wahnsinn, dass sie diese Fähigkeit beherrschte. Niemand hatte mich davor gewarnt – im Kanon wurde es ganz sicher nicht erwähnt. Es gab eine Sirene im Michigansee, Tate verfügte über eine Art uralter Macht, und Feen konnten Gedanken lesen. Vielleicht war es die Doktorandin in mir, die sich an eine Zeile aus Hamlet erinnerte: »Es gibt mehr Ding ’ im Himmel und auf Erden, als Eure Schulweisheit sich träumt, Horatio.«
    Jonah beugte sich vor und nahm eine kleine Pflaume von dem Servierteller. Ich entschloss mich für eine Weintraube, die nicht ganz so groß war wie die Pflaume. Vermutlich dachte ich mir, dass in einem Obst mit geringerem Umfang auch weniger Verzauberung steckte. Ehre, wem Ehre gebührt – das war die beste Traube, die ich je gegessen hatte. So süß, wie sie nur sein konnte, und mit einem Geschmack, der an den Frühling und Sonnenschein und von Sonne geküsste Haut erinnerte. Wenn das Verzauberung war, dann nur zu.
    Claudias Blick wanderte von mir zu Jonah. »Ihr seid Liebende, glaube ich.«
    »Wir sind Freunde«, sagte Jonah und rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. Er schien mit diesem Eingeständnis nicht glücklich zu sein.
    »Aber du verlangst nach mehr«, entgegnete sie.
    Betretene Stille senkte sich auf den Raum, und Jonah und ich vermieden es, uns anzusehen.
    Claudia nahm einen kräftigen Schluck Wein und sah dann mich an. »Du zögerst, denn du hast deinen König verloren.«
    Aus den Augenwinkeln konnte ich Jonahs reuevollen Gesichtsausdruck erkennen. Die Weintraube schmeckte auf einmal sehr bitter. »Den Meister meines Hauses«, korrigierte ich sie. »Er wurde getötet.«
    »Ich kannte den wahren Meister deines Hauses. Peter von Cadogan. Er hat meinem Volk einen Dienst erwiesen und wurde nach Art meines Volks belohnt. Ihm wurde ein Edelstein geschenkt, der nicht nur Glück, sondern auch einen großen Ruf brachte. Er war im Auge eines Drachen eingebettet.«
    Diese Belohnung hatte ich in Ethans Räumen gesehen. Es handelte sich um ein Ei aus Emaille, um das sich ein schlafender Drache legte. Das Drachenauge war ein großer, schillernder Rubin. Ethan hatte diesen Schatz in einer Vitrine aufbewahrt.
    »Das Drachenauge wurde nach Peters Tod an Ethan weitergegeben. Er hat es in hohen Ehren gehalten.« Die Erinnerung war schmerzhaft, und ich zwang mich weiterzureden, um den Tränen keine Chance zu geben. »Aber mir wurde gesagt, dass das Ei ein Geschenk der russischen Königsfamilie an Peter Cadogan gewesen war.«
    Claudia lächelte schwach. »Die Welten der Feen kennen die Grenzen menschlichen Daseins nicht. Wir sind immer von königlichem Geblüt, ungeachtet unserer Umgebung, ob nun König oder Zar, Königin oder Zarin. Ich habe im Laufe meines Lebens viele gekannt.«
    »Das muss faszinierend gewesen sein«, sagte Jonah, aber Claudia achtete nicht auf ihn.
    »Politik ist uns gleich, auch die sich wandelnden Bündnisse und die wechselnden Wachen. Nichts von dem ist Langlebigkeit, Treue oder Ehre dienlich.« Sie sah zur Seite und starrte ausdruckslos in den Raum.
    Als sie das tat, verschwand das Essen wieder vom Tisch, und zurück blieben nur die verstreuten Rosenblätter. Ich streckte meine Hand aus und berührte eins der Blätter mit dem Finger – bei dem Essen war ich mir nicht sicher, aber das Blütenblatt war auf jeden Fall echt.
    »Die Leben der Menschen sind vergänglich«, sagte sie. »Wer sich mit ihnen verbündet, der kann vom eigenen Leben nur dasselbe erwarten.«
    »Deswegen sind wir hier«, ermahnte sie Jonah. »Ich nehme an, Ihr wisst über den Himmel Bescheid?« Ich merkte, dass er unbeschwert zu klingen und nicht darauf hinzuweisen versuchte, dass unser faktischer Meister uns hierher geschickt hatte, um Claudia die Veränderungen der letzten Tage vorzuwerfen.
    »Der Himmel ist für euch nicht von Belang.«
    »Er ist es, wenn er brennt und die Menschen glauben, dass die Vampire dafür verantwortlich sind. Und nun hat sich das Wasser zum zweiten Mal verdunkelt.«
    Sie hob eine zarte Augenbraue. »Die Probleme der Menschen haben weder mit dem Himmel zu tun, noch zeigen sie sich in ihm.«
    Jonah und ich tauschten einen Blick. Wusste sie nichts davon? Hatte sie nicht nach draußen gesehen? Doch jetzt, wo ich daran dachte, fiel mir auf, dass ich den Donner hier im Turm nicht hören konnte. Das war seltsam.
    Ich warf einen kurzen Blick hinüber zu den Wachen und betrachtete ihre Gesichtsausdrücke. Ein wenig schuldbewusst, dachte ich, und vielleicht ein wenig

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